Bei Infektion mit einem Virus setzt die Zelle gezielte Abwehrmechanismen ein, die sie im Lauf einer langen Evolution entwickelt hat. So kann sie Enzyme aktivieren, die die Vermehrung der Erreger innerhalb der Zelle stören oder unterbinden. Doch auch Viren haben Verteidigungsstrategien gegen die Abwehrtruppen der Wirtszelle zur Verfügung. Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums haben jetzt diese Interaktion zwischen Zelle und Virus untersucht, um Viren beim Kampf gegen Krebs einsetzen zu können.
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„Viren sind nicht nur als krank machende Erreger, sondern auch als Therapeutika von besonderem Interesse für die Onkologie“, sagt Professor Martin Löchelt vom Deutschen Krebsforschungszentrum. Die Forscher um Löchelt und Dr. Carsten Münk vom Paul-Ehrlich-Institut in Langen sowie weitere Kollegen aus Leipzig und Paris haben am Modell eines Katzenvirus aus der Familie der Spumaretroviren untersucht, wie die Viren die Abwehr der Wirtszelle gezielt unterlaufen.
Die Katzenspumaviren bilden ein Protein namens Bet, das eine wichtige Waffe der Wirtszelle gegen retrovirale Einzelstrang-DNA, das Enzym APOBEC3, neutralisiert. Als Folge der Bet-Expression kann sich das Virus in der Zelle ungehindert replizieren und die Infektion nimmt ihren Lauf. Wird dagegen das Virusprotein Bet durch einen Kunstgriff inaktiviert, kann die Zelle das Virus wirksam an der Replikation hindern und so die Infektion abwehren.
Interaktion zwischen Enzym und Virusprotein artspezifisch
Mit analogen Strategien wie dem Bet-Protein setzen übrigens auch andere Viren wie beispielsweise HI-Viren die zelleigene Abwehr außer Gefecht. Die Interaktion zwischen Enzym und Virusprotein ist artspezifisch und erklärt unter anderem, warum Infektionen nicht ohne weiteres von einer Spezies auf die andere übertragen werden.
Die Wissenschaftler hoffen, damit neue Angriffspunkte zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten beispielsweise durch gezielte Aktivierung und Verstärkung der zelleigenen Abwehrenzyme gefunden zu haben. Darüber hinaus lassen sich die Ergebnisse nach Meinung der Forscher auch zur Optimierung viraler Vektoren nutzen.
Solche retroviralen Vektoren werden beispielsweise in der Onkologie als trojanische Pferde eingesetzt, um Krebszellen gezielt anzugreifen. Derselbe Mechanismus, mit dem das Virus sich der Zellabwehr entzieht, kann auch den zu therapeutischen Zwecken eingesetzten Virusvektor vor einer Zerstörung durch die Zielzelle, in diesem Fall eine Krebszelle, bewahren. Diesen Ansatz will Martin Löchelt mit seiner Arbeitsgruppe nun weiter verfolgen.
(Deutsches Krebsforschungszentrum, 02.06.2005 – DLO)