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Medizin

Lehrer ohne Stimme

Studie: 40 Prozent der Lehramtsanwärter haben Stimmauffälligkeiten

Mehr als ein Drittel aller zukünftigen Lehrer zeigt Stimmauffälligkeiten, die häufig sogar behandelt werden müssen. Dies ist das Ergebnis einer neuen Untersuchung, die Forscher der Universität Leipzig unter Lehramtsanwärtern aus zehn Bundesländern durchgeführt haben. Die Forscher fordern deshalb die Einführung von Stimmtests für angehende Pädagogen.

Wie der Maurer seine Kelle, braucht der Lehrer seine Stimme. Sie ist sein wichtigstes Werkzeug, um den Lehrstoff an den Mann, sprich die Schüler, zu bringen. Da ist es schon erschreckend, wenn von 5.357 untersuchten Lehramtsanwärtern aus zehn Bundesländern fast 40 Prozent stimmlich deutlich auffällig waren. Immerhin 17 Prozent fielen so aus dem Rahmen, dass sie zu einem Stimmarzt (Phoniater) geschickt werden mussten. Nur zwei Prozent konnten direkt wieder nach Hause, 15 Prozent mussten sich einer Behandlung unterziehen. 16 Prozent der Probanden lispelten, einige stotterten, näselten oder polterten, selbst eine Lese-Rechtschreibschwäche trat auf.

Siegrun Lemke, Leiterin des Bereiches Sprechwissenschaft/Sprecherziehung der Universität Leipzig, hat ausgehend von ihren alltäglichen Erfahrungen diese Studie initiiert und durchgeführt. Zudem arbeitet ihr Bereich seit Jahren mit der Abteilung für Stimm-, Sprach- und Hörstörungen der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde am Universitätsklinikum Leipzig zusammen, um für die stimmlich auffälligen Lehrerstudenten eine angemessene medizinische und therapeutische Versorgung zu gewährleisten.

Der Phoniater Dr. Michael Fuchs sagt dazu: "Nicht immer muss ja auf den Lehrerberuf verzichtet werden. Manchmal liegen einfach funktionelle Stimmstörungen vor, die bedingt sind durch ungünstige Stimmtechniken besonders dann, wenn die Stimme viel gefordert wird. Unbehandelt kann es aber auch zu sekundär organischen Veränderungen kommen. Manchmal allerdings liegt eine organische Fehlbildung vor, die man durch die beste Behandlung nicht ausgleichen kann."

Stimm-Tauglichkeitsuntersuchung bald Pflicht?

Beide plädieren nun für eine stimmlich-sprecherische Überprüfung derjenigen, die Lehrer werden wollen, und halten weitergehende Beratung und Schulung für dringend geboten.

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Die Wissenschaftler verglichen die Ergebnisse ihrer Studie mit Untersuchungen an Probanden, die 1975-1990 vor dem Lehrer-Studium eine Stimm-Tauglichkeitsuntersuchung und Sprecherziehung hatten. Hier traten deutlich weniger Sprechstörungen auf, nämlich nur bei 2,5 Prozent der Studienteilnehmer.

"Auffälligkeiten in Atmung, Stimme und Aussprache traten nicht so ausgeprägt auf, so dass der Sprecherziehungsunterricht ausreichend war, sie abzubauen bzw. deutlich zu mindern.", resümierte Lemke. Eine jüngst gegründete Arbeitsgruppe "Projekt Lehrerstimme" von Sprechwissenschaftlern und Medizinern will sich nun verstärkt dem Problem der belasteten Lehrerstimme widmen und sich für eine obligatorische sprecherzieherische Ausbildung der Lehrerstudenten und für eine Überprüfung der stimmlich sprecherischen Eignung aller Lehramtsanwärter einsetzen.

(idw – Universität Leipzig, 19.07.2006 – DLO)

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