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Neurobiologie

Kognitive Leistungen: Ab 24 geht es bergab

Im Computerspiel ist nachlassende Reaktionszeit messbar

Hirnleistung beim Computerspielen: Bereits mit 24 Jahren nehmen die kognitiven Fähigkeiten ab. © SXC

Im besten Alter, oder doch schon darüber hinweg? Bereits mit 24 Jahren baut unser Gehirn ab: Es wird langsamer bei der Bewertung einer Situation, wie kanadische Wissenschaftler anhand des Computerspiels „Starcraft 2“ herausgefunden haben. Im Online-Fachmagazin „PLOS ONE“ erklären sie auch, wie Menschen diesen Rückgang mit zunehmendem Alter ausgleichen können.

In welchem Alter befindet sich das Gehirn auf dem Höhepunkt seiner Leistungsfähigkeit? Bereits zwischen 20 und 30 zeigen sich erste Alterserscheinungen in der kognitiven Leistung, wie Forschungsergebnisse zeigen. Ab wann genau das Hirn langsamer wird, war aber bislang weitgehend unerforscht. Erfahrung, so die gängige Ansicht, macht zudem die langsamere Geschwindigkeit wett. Hinzu kommt: Die existierenden Studien basieren häufig auf stark vereinfachten Reaktionstests.

Computerspiele als Daten-Goldgrube

Doch solche Tests allein spiegeln die Anforderungen des tatsächlichen Alltagslebens nur unzureichend wider, meinen Joe Thompson und seine Kollegen von der Simon Fraser University in Kanada. Als Datenquelle für ihre Untersuchungen entschieden sie sich daher für das komplexe Computerspiel Starcraft 2. Während das Spiel zwar für die meisten Menschen ebenfalls kein Alltag ist, so ist es doch kein bloßer Laborversuch, und bedeutend anspruchsvoller und vielseitiger als bisherige Reaktionstests.

Wichtig war für die Wissenschaftler auch ein weiterer Faktor: Weil das Spiel online gespielt wird, sind die Daten leicht zugänglich. Außerdem lassen sich Aufzeichnungen ganzer Spielverläufe ohne Schwierigkeiten speichern und abrufen. 3.305 Spieler im Alter von 16 bis 44 Jahren stellten den Wissenschaftlern solche Aufzeichnungen zur Verfügung – nach Thompsons Ansicht eine Goldgrube von Daten.

Screenshot aus dem Computerspiel "Starcraft 2". © Thompson et al. / PLOS ONE

Ältere entscheiden langsamer

Die Wissenschaftler vergleichen das Prinzip von Starcraft 2 mit einem Schachspiel: Beide Spieler kommandieren eine Armee von Einheiten oder Figuren, mit dem Ziel, die Armee des Gegners zu besiegen. Während Spieler beim Schach jedoch Zeit haben, sich ihre Züge genau zu überlegen, ist dies bei Starcraft 2 nicht der Fall. Das Spiel verläuft in Echtzeit, beide Spieler sind also gleichzeitig dauerhaft am Zug. Hinzu kommt, dass ein Spieler immer nur einen Ausschnitt des Spielfelds im Detail sehen kann. Er muss seine Aufmerksamkeit also auf das Wesentliche konzentrieren und neue Situationen schnell bewerten und darauf reagieren. Thompson und Kollegen wollten wissen, ob die für solche Entscheidungen nötige Reaktionszeit mit zunehmendem Alter nachlässt, und wenn ja, ab wann.

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„Jenseits einem Alter von etwa 24 Jahren zeigen Spieler einen Rückgang in einem Bereich der kognitiven Geschwindigkeit, der für die Leistung im Spiel wichtig ist“, berichtet Erstautor Thompson. Das zeigen statistische Auswertungen der Zeit, die bei einem Spieler zwischen dem Betrachten einer Spielsituation und der ausgeführten Reaktion vergeht. „Dieser Rückgang zeige sich selbst bei guten Spielern. Ein Spieler kann also noch so gut sein – im Alter werden alle langsamer. Das zeigt sich deutlich in den verschiedenen Starcraft 2-Ligen: Kaum Teilnehmer der Studie in den höchsten beiden Spielklassen waren über 35.

Durch Erfahrung kompensiert

Die Frage ist allerdings, ob sich dieser Abbau merkbar auswirkt. Theoretisch könnten wir diesen Rückgang durch Erfahrung wettmachen und die leichtne Defizite so wettmachen. Diese Vermutung überprüften die Forscher ebenfalls anhand des Computerspiels. Sie fanden heraus: Ältere Spieler bedienen das Spiels oft effizienter, etwa indem sie mehr Tastaturbefehle verwenden. Auf diese Weise machen sie das Spiel für sich einfacher und schneller. Sie entscheiden langsamer, handeln aber dafür schneller oder zumindest effizienter.

Allgemein ausgedrückt bedeutet das, dass ältere Menschen mit zunehmender Erfahrung Strategien entwickeln, um ihre nachlassende Denkgeschwindigkeit teilweise auszugleichen.“Unsere Leistungsfähigkeit im Alltag ist das Ergebnis eines ständigen Zusammenspiels von Veränderung und Anpassung“, fasst Thompson zusammen.

(PLOS ONE, 2014; doi: 10.1371/journal.pone.0094215)

(Simon Fraser University, 15.04.2014 – AKR)

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