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Medizin

Kann Aspirin dem Herzen schaden?

Studie findet ein um 26 Prozent erhöhtes Risiko für Herzversagen bei Patienten mit Risikofaktoren

Herz
Die Einnahme von Aspirin kann das Risiko für eine Herzinsuffizienz erhöhen – vor allem bei Patienten mit Risikofaktoren. © Mohammed Haneefa Nizamudeen/ Getty images

Zweifel an Allerwelts-Arznei: Aspirin soll eigentlich Thrombosen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen. Doch das Mittel kann das Risiko für chronisches Herzversagen sogar erhöhen, wie nun eine Meta-Studie nahelegt. Demnach steigt das Risiko für Herzprobleme bei längerer Aspirin-Einnahme um 26 Prozent – und das ausgerechnet bei den Patienten, die wegen hoher Cholesterinwerte, Diabetes, Übergewicht und anderer Risikofaktoren als besonders gefährdet gelten.

Aspirin gehört zu den weltweit am häufigsten eingenommenen Medikamenten. Die Acetylsalicylsäure (ASS) wirkt schmerzstillend, fiebersenkend, blutverdünnend, hilft bei erhöhten Cholesterinwerten und soll sogar manchen Krebsarten vorbeugen können. Viele Menschen nehmen Aspirin daher über längere Zeit regelmäßig ein – vor allem als Vorbeugung gegen Thrombosen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Doch die positiven Effekte von Aspirin gerade gegen Herz-Kreislauf-Leiden sind umstritten. Während einige Studien durchaus eine vorbeugende Wirkung und verringerte Mortalität zeigen, konnten andere keinerlei positiven Zusammenhang zur ASS-Einnahme feststellen. Es gab sogar erste Hinweise darauf, dass das Risiko für Herzversagen bei manchen Patienten durch Aspirin sogar erhöht wird. Mediziner verstehen unter einem Herzversagen oder einer Herzinsuffizienz eine Leistungsabnahme des Herzens – sei es durch Verengung der Herzkranzgefäße, Fettablagerungen oder andere Faktoren.

Risiko für Herzversagen im Blick

Um diesem Verdacht nachzugehen, haben Blerim Mujaj von der Katholischen Universität Leuven und seine Kollegen Studiendaten von 30.827 Teilnehmern aus zwölf Ländern ausgewertet. Alle Männer und Frauen im Alter von 40 Jahren aufwärts wiesen mindestens einen Risikofaktor auf, darunter Übergewicht, Rauchen, Bluthochdruck, hohe Cholesterinwerte, Diabetes oder Arteriosklerose. Etwa ein Viertel der Teilnehmenden hatte zudem in der Vergangenheit schon einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder Herzrhythmusstörungen durchlebt. Ihr Herz galt aber zu Studienbeginn als gesund.

„Dies ist die erste Studie, die den Zusammenhang von Aspirin-Einnahme und Herzversagen bei Menschen mit und ohne eine Vorgeschichte von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und mit mindestens einem Risikofaktor untersucht“, sagt Mujaj. Rund ein Viertel der Testpersonen nahm während der Studienperiode regelmäßig Aspirin.

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Risiko um 26 Prozent erhöht

Die Auswertungen ergaben: Insgesamt erlitten im Laufe der rund fünf Jahre der Nachverfolgung 1.330 Teilnehmer Herzerkrankungen, die eine Herzinsuffizienz und damit ein Herzversagen nach sich zogen. Unter diesen waren Patienten, die regelmäßig Aspirin einnahmen, überproportional stark vertreten. Insgesamt lag das Risiko für sie um 26 Prozent höher, wie Mujaj und sein Team ermittelten.

Dieses erhöhte Risiko für ein Herzversagen blieb auch dann erhalten, als die Forscher gezielt nur Patienten gleichen Alters und vergleichbarer Risikofaktoren miteinander verglichen. „Unabhängig davon, welche Datensätze wir nutzten und wie stark wir mögliche Einflussfaktoren berücksichtigten, war das Risiko für Herzversagen stets positiv mit der Aspirin-Einnahme verknüpft“, schreiben die Wissenschaftler.

Dies blieb auch so, als sie alle Patienten mit einer Vorgeschichte von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ausschlossen. Dann lag das Risiko sogar um 27 Prozent höher als bei den Teilnehmern, die kein Aspirin einnahmen.

Aspirin mit Vorsicht verschreiben

„Dies ist die erste Studie, die für die Einnahme von Aspirin ein klar erhöhtes Risiko für Herzversagen bei Personen mit mindestens einem Risikofaktor nachweist“, konstatieren Mujaj und seine Kollegen. Ihrer Ansicht nach demonstrieren die Ergebnisse, dass die Vorteile einer vorbeugenden Einnahme von ASS angesichts der möglichen Risiken zumindest noch einmal genauer überprüft werden sollten. „Wir benötigen nun große, randomisierte klinische Studien mit Risikopatienten, um die Resultate zu verifizieren“, so Mujaj.

Angesichts der häufigen Verschreibung und Einnahme von Aspirin als Blutverdünner plädieren die Forscher zudem dafür, Acetylsalicylsäure vorsichtig anzuwenden. „Unsere Beobachtungen sprechen dafür, dass Aspirin vor allem bei Patienten mit Herzversagen oder Risikofaktoren mit Vorsicht verschrieben werden sollte“, sagt Mujaj. (ESC Heart Failure, 2021; doi: 10.1002/ehf2.13688)

Quelle: European Society of Cardiology (ESC)

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