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Medizin

Ist zu viel Sport schlecht fürs Herz?

Extrem aktive Männer leiden häufiger unter Arterienverkalkung

Zu viel des Guten? Extrem viel Sport kann bei Männern offenbar das Risiko für Arterienverkalkungen erhöhen. © Ridofranz/ iStock.com

Sport ist gesund – aber zu viel ist offenbar auch nicht gut. Zu diesem Ergebnis kommt nun eine US-amerikanische Langzeitstudie. Wer über Jahre deutlich mehr Sport treibt als von der WHO empfohlen, entwickelt im Alter demnach häufiger eine Arterienverkalkung. Dieser Zusammenhang gilt allerdings nur für weiße Männer. Bei Afroamerikanern und Frauen scheint sich übertrieben viel Bewegung nicht negativ auszuwirken. Die genauen Hintergründe sind den Forschern zufolge noch unklar.

150 Minuten in der Woche: Auf so viel moderates Training sollten wir es der Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO zufolge schon bringen – am besten aufgeteilt auf tägliche Bewegungseinheiten. Denn wer regelmäßig körperlich aktiv ist, kann sein Leben erheblich verlängern. Sport und Bewegung wirken vor allem Übergewicht und Stoffwechselerkrankungen entgegen, halten das Gehirn fit und helfen gegen Depressionen. Bewegungsmangel erhöht dagegen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und sogar Krebs.

Herzgesundheit im Fokus

Doch zu viel Sport kann möglicherweise auch kontraproduktiv sein. Zu diesem Ergebnis kommen nun Wissenschaftler um Deepika Laddu von der University of Illinois in Chicago. Sie haben 3.175 US-amerikanische Probanden 25 Jahre lang begleitet und dabei deren körperliche Aktivität und Herzgesundheit ins Visier genommen. Zwischen 1985 und 2011 berichteten die Teilnehmer im Verlauf der Studie mindestens dreimal, wie oft sie trainierten.

Auf Basis dieser Angaben teilten die Forscher sie in drei Gruppen ein: Bewegungsmuffel, die weniger als 150 Minuten in der Woche trainieren, Aktive, die die Empfehlungen der WHO ungefähr erfüllen und solche, die diese Empfehlungen um das Dreifache übertreffen – also wöchentlich mindestens 450 Minuten Sport treiben.

Am Ende der Studie waren die Probanden zwischen 43 und 55 Jahre alt und wurden auf sogenannte Plaques untersucht – Ablagerungen in der Arterienwand, die die Gefäße zunehmend verengen. Durch diese Arteriosklerose, umgangssprachlich Arterienverkalkung genannt, wird die Durchblutung des Herzmuskels gestört. Im Extremfall kommt es zum Herzinfarkt.

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Mehr Plaques durch zu viel Sport?

Wer würde die gesündesten Arterien haben? „Wir hatten erwartet, dass mehr Bewegung mit geringerer Verkalkung in Verbindung stehen würde“, sagt Laddu. Tatsächlich jedoch war das Gegenteil der Fall. So zeigte die Auswertung: Wer über die Jahre überdurchschnittlich viel trainiert hatte und wöchentlich mehr als 450 Minuten sportlich aktiv gewesen war, dessen Arterien waren im Schnitt häufiger verkalkt als die der Bewegungsmuffel.

Konkret ergab sich dieser Zusammenhang vor allem für weiße Männer, wie das Team berichtet: Die Sport-Freaks unter ihnen hatten ein 86 Prozent höheres Plaque-Risiko als jene, die sich unterdurchschnittlich wenig bewegt hatten. Bei afroamerikanischen Probanden schien sich übertrieben viel Sport dagegen nicht negativ auf das Plaque-Risiko auszuwirken. Und bei weißen Frauen stellten die Forscher zwar eine ähnliche Tendenz fest wie bei den Männern. Hier war der Zusammenhang statistisch jedoch nicht signifikant.

Kein Freischein zum Faulenzen

Warum die ethnische Zugehörigkeit und das Geschlecht diesen Unterschied machen, darüber lässt sich bisher nur spekulieren. Klar scheint aber: „Zu viel körperliche Aktivität über einen langen Zeitraum kann unter Umständen Stress für die Arterien bedeuten und zu einer verstärkten Verkalkung führen“, sagt Mitautor Jamal Rana von der University of California in San Francisco.

Ob damit auch ein höheres Herzinfarkt-Risiko einhergeht, haben die Forscher allerdings nicht überprüft: „Es könnte zum Beispiel sein, dass die Plaques bei den Sportlern stabiler sind und nicht so leicht aufbrechen“, sagt Rana. Erst dann würde es zum Herzinfarkt kommen.

Diese offenen Fragen wollen die Wissenschaftler in künftigen Studien klären. Und sie betonen: Zwar scheine sich ein Zuviel an Training bei manchen Menschen kontraproduktiv auswirken zu können. „Das bedeutet aber nicht, dass man nun gar keinen Sport mehr treiben soll.“ Denn insgesamt gilt immer noch: Bewegung ist gesund. (Mayo Clinic Proceedings, 2017; doi: 10.1016/j.mayocp.2017.07.016)

(University of Illinois at Chicago, 18.10.2017 – DAL)

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