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Medizintechnik

Herz-Bypässe aus dem Biodrucker

Forscher drucken 3D-Blutgefäße für Ader-Implantate

3D-Druck
Forscher arbeiten daran, Blutgefäße mittels 3D-Druck zu produzieren. © Universitätsklinikum Schleswig-Holstein

Fortschritt für die Herzchirurgie: Stark geschädigte Herzkranzgefäße müssen oft mit einem Bypass behandelt werden – implantierten Ersatzadern. Künftig könnten solche Ersatz-Blutgefäße auch mit einem 3D-Biodrucker künstlich hergestellt werden. Einen Prototypen für einen solchen Gefäß-Drucker haben Forscher jetzt entwickelt und getestet. Die Anwendung am Menschen muss aber noch erprobt werden.

Bestimmte Veranlagungen, Rauchen und eine ungesunde Lebensweisen können das Risiko erhöhen, dass die Herzkrankgefäße durch fetthaltige, verkalkte Ablagerungen verengt oder verstopft sind. Unbehandelt kann diese koronare Herzkrankheit zu einem Herzinfarkt führen. Hat der Patient Engstellen in ein oder zwei Herzkranzarterien, können sie in der Regel behandelt werden, indem die Arterien mit einem Ballon oder einem Stent aufgedehnt werden.

Sind aber mehr Gefäße oder die linke Koronararterie im Herzen betroffen, müssen die Engstellen hingegen meist operativ mit einem Bypass überbrückt werden. In einer solchen Bypass-Operation ersetzen Chirurgen die verstopften Gefäße mit Adern aus dem Körper. Sie nähen gesunde Gefäße aus Arm, Bein oder etwa der Brustwand als „Umgehungsstraßen“ vor die Engstellen auf die Herzkranzgefäße, sodass das Blut ungehindert zum Herzen fließen kann.

Ersatzgefäße oft Mangelware

Solche Bypass-Operationen sind zwar mittlerweile Routineeingriffe und werden jährlich zehntausendfach durchgeführt. Jedoch sind bei circa 20 Prozent der Betroffenen, die eine Bypass-Operation benötigen, keine geeigneten körpereigenen Gefäße vorhanden. „Viele Patienten bringen Venenerkrankungen wie zum Beispiel Krampfadern mit, so dass wir gar nicht genügend Material haben, um alle Engstellen zu behandeln“, erklärt Rouven Berndt vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel.

„Besonders schwerwiegend ist dieses Problem bei Patienten, die sich einem erneuten Eingriff unterziehen müssen“, so der Chirurg. Denn nahezu die Hälfte der Venenbypässe sei nach etwa zehn Jahren erneut verengt oder verschlossen.

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Mehrschichtige Blutgefäße gedruckt

Deshalb haben Berndt und seine Kollegen nach einer Lösung gesucht, künstliche Blutgefäße herzustellen. Dazu entwickelten sie einen Prototypen eines 3D-Biodruckers und testeten, ob damit die benötigten feinen Blutgefäße gedruckt werden können. Schon länger ist es möglich, lebende Gewebe und sogar Vorstufen von Haut, Eierstöcken und Herzkammern mithilfe solcher Drucker zu erzeugen.

Tatsächlich gelang es dem Team erstmals Blutgefäße zu erzeugen, die den gewünschten Voraussetzungen entsprachen. „Der von uns entworfene Druckkopf kann einen Schlauch aus körpereigenen lebenden Endothel- und Muskelzellen drucken“, berichtet Berndt. Die hauchdünnen flachen Endothelzellen dienen dazu, die künstlichen Gefäße von innen auszukleiden und die darüber liegenden Muskelzellen sorgen dafür, dass sich die gedruckten Gefäße zusammenziehen und weiten können.

Die Kombination beider Zelltypen ermöglicht es, dass die gedruckten Bypässe ihre Aufgabe erfüllen und lange offenbleiben, so die Wissenschaftler. „Der erzeugte Schlauch hat die erforderliche dünne Gefäßwand und einen Durchmesser von vier bis sechs Millimeter“, ergänzt Berndt. Für solche vergleichsweise kleinen künstlichen Bypässe waren bisher die meisten Materialien nicht geeignet und es konnte zu frühzeitigen Verschlüssen kommen.

Noch weitere Forschung nötig

Nach Ansicht der Forscher eröffnen solche Ersatzgefäße aus dem Drucker neue Chance der Therapie. „Insbesondere bei Herzpatienten, die keine geeigneten körpereigenen Venen für die Gewinnung eines Bypass-Gefäßes aufweisen, könnte dieses neue Verfahren ein enormer Fortschritt für die Herz-Bypass-Chirurgie bedeuten, besonders in punkto Patientensicherheit“, resümiert Armin Welz von der Deutschen Herzstiftung.

Der Prototyp des Biodruckers soll nun so weiterentwickelt werden, dass er industriell hergestellt werden kann. Denn bisher verfügbare Biodrucker können noch keine Gefäß-Transplantate in der für Bypässe häufig erforderlichen Gesamtlänge von 30 bis 40 Zentimetern erzeugen. Bevor der Biodrucker dann für Patienten eingesetzt werden kann, müssen die Wissenschaftler aber noch untersuchen, ob die gedruckten Blutgefäße langfristig in das bestehende Gefäßsystem biologisch integriert werden.

Sollten sich die künstlichen Gefäße für den Menschen eignen, könnten möglicherweise auch Blutgefäße gedruckt werden, die sowohl für eine Bypass-Operation des Zellspenders als auch für andere Patienten empfänglich sind. „Verschiedene Zelllinien kann man genetisch so verändern, dass sie bestimmte Merkmale und Eigenschaften nicht entwickeln und so nicht als körperfremd erkannt werden“, erklärt Berndt abschließend.

Quelle: Deutsche Herzstiftung e.V./ Deutsche Stiftung für Herzforschung

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