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Medizin

Große Männer haben ein geringeres Demenzrisiko

Studie bestätigt Zusammenhang zwischen Körpergröße und späterer Demenz

Erstaunlicherweise gibt es bei Männern einen Zusammenhang zwischen der Körpergröße und dem Risiko, später an Demenz zu erkranken. © phonlamai, leremy/ iStock.com

Überraschendes Phänomen: Das Demenzrisiko lässt sich möglicherweise auch an der Körpergröße ablesen. Eine Studie hat nun bestätigt, dass große Menschen im Alter seltener an Alzheimer und anderen Demenzen erkranken. Demnach haben Männer, die im jungen Erwachsenenalter sechs Zentimeter größer sind als der Durchschnitt, ein zehn Prozent verringertes Risiko. Ob dies auch für Frauen gilt, ist noch unklar.

Unsere Körpergröße hat einen größeren Einfluss auf unser Leben, als man gemeinhin vermutet. Studien zeigen, dass große Menschen seltener an Haarausfall und Diabetes leiden. Allerdings stoßen sie sich erfahrungsgemäß öfter den Kopf, und sie erkranken häufiger an Krebs, da sie mehr Körperzellen besitzen und damit auch das Risiko einer krankmachenden Mutation steigt.

Daneben zeichnete sich in früheren Studien bereits ein weiterer Zusammenhang ab: Männer, die schon als junge Erwachsene größer als der Durchschnitt sind, erkranken offenbar seltener an Alzheimer. Dabei blieb aber unklar, ob nicht auch andere Einflussfaktoren für diese Korrelation verantwortlich sein könnten. Eine Forschergruppe um Terese Jørgensen von der Universität Kopenhagen hat deshalb diesen Zusammenhang nun unter Berücksichtigung von Genetik, Umweltfaktoren und Bildungsniveau untersucht.

Spurensuche in dänischen Krankenregistern

Dazu analysierte die Wissenschaftler die Daten von 666.333 Männern aus dänischen nationalen Krankenregistern, die zwischen 1939 und 1959 geboren wurden. Von ihnen entwickelten 10.599 im späteren Leben eine Demenz. Unter den Männern fanden sich 70.608 Brüder und 7.388 Zwillinge, die für eine Untersuchung des familiären und genetischen Einflusses besonders interessant waren.

„Wir wollten sehen, ob die Körpergröße bei jungen Männern mit der Diagnose Demenz in Verbindung steht, und gleichzeitig untersuchen, ob die Ergebnisse von Intelligenztests, das Bildungsniveau und die zugrunde liegenden Umweltbedingungen und genetischen Faktoren, die von den Brüdern geteilt werden, die Beziehung erklären“, sagt Jørgensen.

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Klarer Zusammenhang zwischen Größe und Demenz

Ergebnis der Studie: Für jede sechs Zentimeter, die ein Mann die Durchschnittsgröße seines Geburtsjahrgangs überragt, verringert sich sein Risiko, an einer Demenz zu erkranken, um zehn Prozent. Der Zusammenhang von Größe und Demenzrisiko war dabei nahezu linear, wie die Forscher berichten. Die Korrelation ließ sich zudem bei allen untersuchten Geburtsjahrgängen beobachten.

„Unsere Ergebnisse deuten damit auf einen Zusammenhang zwischen größerer Körpergröße bei jungen Männern und einem geringeren Risiko für eine spätere Diagnose von Demenz hin.“, sagt Jørgensens Kollegin Merete Osler.

Effekt bleibt auch bei Brüdern erhalten

Das Interessante: Der Zusammenhang bestand auch dann, wenn sie Zwillinge oder verschieden alte Brüder mit unterschiedlicher Körpergröße betrachteten. Auch in diesem Falle war das Demenzrisiko für den jeweils größeren Bruder geringer. Daraus schließen die Forscher, dass Genetik und Familienmerkmale nicht die maßgeblichen Einflussfaktoren für den beobachteten Effekt sein können.

Die Ursache für die Beziehung zwischen Körpergröße und Demenz liegt ihrer Ansicht nach eher in den Umweltbedingungen. „Unsere Analyse der Daten über Brüder bestätigt diese Ergebnisse und deutet darauf hin, dass der Zusammenhang möglicherweise gemeinsame Wurzeln in frühen Belastungen durch die Umwelt im Leben hat, die nicht mit familiären Faktoren zusammenhängen, die von Brüdern geteilt werden“, erklärt Osler. So könne eine geringere Körpergröße auch eine Folge von falscher Ernährung oder Krankheiten in der Kindheit seien.

Zusätzlicher Einfluss der Intelligenz

Eine wichtige Frage war auch, inwieweit Intelligenz und Bildung eine Rolle für den beobachteten Zusammenhang spielen. Denn beide gelten als wichtige Faktoren, die zur geistigen Reserve eines Menschen beitragen – den mentalen Ressourcen, die unser Gehirn dazu befähigen, Alltagsprobleme zu lösen, zu improvisieren und auch die Defizite durch einen beginnenden geistige Abbau auszugleichen.

„Eine wesentliche Stärke unserer Studie ist, dass sie die potenzielle Rolle von Bildung und Intelligenz beim Demenzrisiko junger Männer berücksichtigt hat“, erklärt Osler. Als sie und ihr Team die Ergebnisse in dieser Beziehung überprüften, schwächte sich der Zusammenhang von Größe und Demenzrisiko zwar leicht ab, blieb aber bestehen.

Unklar ist bisher allerdings, ob die beobachteten Effekte nur für Männer oder auch für Frauen gelten. Denn die ausgewerteten Daten umfassten nur männliche Teilnehmer. „Frühere Ergebnisse zu potenziellen Geschlechtsunterschieden in diesem Zusammenhang waren widersprüchlich“, sagen die Forscher. „Es ist daher fraglich, ob man unsere Ergebnisse ohne weiteres auf Frauen übertragen kann.“
(eLife, 2020, doi: 10.7554/eLife.51168)

Quelle: eLife

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