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Medizin

Grippeimpfung: Bald Pflaster statt Spritze?

Erster erfolgreicher Test einer Schutzimpfung mittels Mikronadel-Pflaster

Ein Pflaster statt schmerzhafter Spritze: So könnte die Grippeimpfung künftig ablaufen. © Rob Felt/ Georgia Tech

Impfung ohne Pieks: Künftig könnte die Grippeimpfung ganz ohne lästige Spritze ablaufen. Denn Forscher haben ein Pflaster mit Mikronadeln entwickelt, dass den Impfstoff schnell und schmerzlos durch die Haut appliziert. In einer ersten klinischen Studie rief dieses Impfpflaster eine genauso gute Immunisierung hervor wie die herkömmliche Spritze, wie die Forscher im Fachmagazin „The Lancet“ berichten. Gleichzeitig ist die Handhabung so simpel, dass jeder Laie sich damit selbst impfen könnte.

Alle Jahre wieder schwappt eine neue Welle von Grippe-Erregern über die Welt. Zwar verläuft die Influenza bei den meisten Infizierten glimpflich, aber gerade bei älteren Menschen und chronisch Kranken kann sie im Extremfall sogar zum Tode führen. Deshalb empfehlen Mediziner für diese Bevölkerungsgruppen alljährlich im Herbst eine Grippeimpfung. Doch viele Menschen scheuen davor zurück – auch weil sie die Spritze und den lästigen Besuch beim Arzt vermeiden wollen.

Pflaster statt Spritze

Dieses Problem könnten Nadine Rouphael von der Emory University und ihre Kollegen nun gelöst haben. Sie haben eine Impftechnik entwickelt, die keine Spritze benötigt und die so unkompliziert ist, dass sie sich jeder Laie selbst verabreichen kann. Denn: Geimpft wird mit einem Pflaster. In diesem sind jeweils hundert winzige Mikronadeln integriert, die in die Hautoberfläche eindringen und den Impfstoff so applizieren.

Die Mikronadeln sind dabei so fein, dass man ihr Eindringen kaum bemerkt. Trotzdem reichen sie aus, um die Vakzine unter die Haut zu bringen. „Die Haut ist unsere Schnittstelle zur Außenwelt, daher ist sie gut dafür ausgerüstet, Erreger zu entdecken und eine Immunreaktion gegen sie auszulösen“, erklärt Koautor Mark Prausnitz vom Georgia Institute of Technology.

Die winzigen Nadeln des Pflasters dringen kaum spürbar in die Haut ein - und lösen sich anschließend selbst auf. © Georgia Tech

Immunisierung erfolgreich

Ob eine solche Impfung per Pflaster funktioniert, haben die Forscher in einer klinischen Studie der Phase I untersucht. Dabei verabreichten sie 100 gesunden Probanden entweder die Pflasterimpfung, eine klassische Spritze oder ein Placebo. Anschließen kontrollierten sie anhand von Blutproben, ob das Immunsystem der Teilnehmer Antikörper gegen die jeweiligen Grippeviren entwickelte.

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Das Ergebnis: 28 Tage nach der Impfung zeigten alle Probanden, die tatsächlich einen Impfstoff erhalten hatte, eine robuste Immunreaktion – unabhängig davon, ob dieser intramuskulär gespritzt oder mittels Pflaster verabreicht worden war: Ihr Körper entwickelte spezifische Antikörper gegen die Grippeviren, wie die Forscher berichten. Damit erfolgte genau die Reaktion, die für einen Impfschutz nötig ist.

Impfung zum Selbermachen

„Diese Ergebnisse zeigen zum ersten Mal in einer Studie am Menschen, dass die Influenza-Impfung mit einem Mikronadel-Pflaster verträglich und immunologisch wirksam ist“, konstatieren Rouphael und ihre Kollegen. „Dies könnte das Impfen künftig völlig verändern.“ Denn die Schutzimpfung gegen Grippe, aber auch andere Krankheiten, könnte dadurch sehr viel einfacher und schmerzfreier werden.

Die Vorteile des Impfpflasters reichen aber noch weiter: Das Ganze ist auch so simpel, dass es jeder selbst durchführen kann: „Man könnte das Mikronadel-Pflaster im Laden oder der Apotheke kaufen, es ein paar Minuten auf die Haut kleben und dann einfach wieder abziehen“, sagt Prausnitz. Der Clou dabei: Die Mikronadeln lösen sich schon nach kurzer Zeit in der Haut von alleine auf. Zurück bleibt nur das Klebepflaster, dass im Müll entsorgt werden kann.

Die Forscher erklären, wie die Pflaster-Impfung funktioniert© Georgia Tech

„Idealer Kandidat für Impfprogramme“

Ein weiteres Plus: Die Impfpflaster müssen im Gegensatz zu herkömmlichen Vakzinen nicht gekühlt werden. „Ärzte könnten sie daher sogar per Post an ihre Patienten schicken“, sagt Prausnitz. Damit entfällt sogar der lästige Besuch beim Arzt. Zudem eignet sich die Impfung per Pflaster damit besonders in den Regionen, in denen die medizinische Infrastruktur mangelhaft ist – beispielsweise in vielen Entwicklungsländern.

„Die Mikronadel-Pflaster haben dadurch das Potenzial, zu idealen Kandidaten für Impfprogramme zu werden“, kommentieren Katja Höschler und Maria Zambon vom britischen National Infections Service. Die Forscher planen bereits eine Folgestudie der Phase II mit einer größeren Teilnehmerzahl, außerdem arbeiten sie daran, auch andere Impfstoffe in diese Pflaster zu integrieren und zu testen. (The Lancet, 2017; doi: 10.1016/S0140-6736(17)30575-5)

(Emory Health Sciences/ Georgia Tech/ NIH, 28.06.2017 – NPO)

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