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Neurobiologie

Gehirn: Schalter für unseren Schlaf entdeckt

Schaltkreis steuert das Aufwachen und bietet Ansätze für Schlaf-Therapien

Anhaltender Schlafmangel ist ein großes Gesundheitsrisiko, doch mit einem neu entdeckten Schalter im Gehirn könnte sich das frühzeitige Aufwachen verhindern lassen. © iStock.com / OcusFocus

Forscher haben einen Schalter im Gehirn entdeckt, der uns zu besserem Tiefschlaf verhelfen könnte. Aktivierten sie diesen Schaltkreis bei Mäusen, wachten sie sofort auf, blockierten sie ihn, versanken sie tieferem Schlaf als zuvor. Der neuentdeckte Aufwach-Schalter bietet damit einen vielversprechenden Ansatzpunkt für Therapien gegen Schlafstörungen, er könnte aber auch das Aufwecken aus der Narkose vereinfachen, so die Forscher im Fachmagazin „Nature Neuroscience“.

Sich nachts im Bett hin und her drehen und trotz Müdigkeit einfach nicht einschlafen können – das hat sicher jeder schon einmal durchgemacht. Manchmal dauert das Einschlafen unerträglich lange, und wenn es schließlich soweit ist, geht das Aufwachen viel zu schnell. Wenn aus solchen Einschlafproblemen chronischer Schlafmangel entsteht, kann das schwere Folgen für die Gesundheit haben: Fehlt unserem Gehirn die wichtige Ruhepause zum Entgiften, so leiden sowohl unser Gedächtnis als auch unsere Laune.

Aufwach-Schalter im Mäusegehirn

Im Extremfall nimmt das Gehirn sogar bleibenden Schaden, und zu den eingeschränkten kognitiven Leistungen kommen hormonelles Ungleichgewicht und eine höhere Anfälligkeit für Herz-Kreislauf- und Stoffwechselstörungen. Ausreichend Schlaf und auch an guter Schlafqualität gilt mittlerweile als ein frühes Anzeichen von zahlreichen neurologischen Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson und Schizophrenie.

Medikamente und ein bewusster Lebensstil können dem nur begrenzt entgegenwirken, wie frühere Studien gezeigt haben. „Es fehlt an personalisierter Medizin, um entweder die ungenügende Menge oder unzureichende Qualität des Schlafes zu behandeln“, sagt Antoine Adamantidis von der Universität Bern. Der Schlafwissenschaftler und sein Team haben nun jedoch einen möglichen Ansatzpunkt für Therapien gegen Schlafstörungen entdeckt: Im Gehirn von Mäusen fanden sie einen Schalter für das Aufwachen.

EEG-Aufzeichnungen des Gehirns einer Maus beim Aufwachen aus der Narkose. © Departement Klinische Forschung, Universität Bern

Hyperaktiver Schaltkreis führt zu Schlaflosigkeit

Dieser neuronale Schaltkreis befindet sich im Zwischenhirn, zwischen dem Thalamus und dem Hypothalamus. Mit Hilfe von optogenetischen Methoden konnten die Forscher dieses Zentrum mit kurzen Lichtpulsen gezielt aktivieren. Dies führte dazu, dass die Mäuse aus einem leichten Schlaf augenblicklich erwachten. Längere Stimulation bewirkte eine ausgedehntere Wachphase.

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Blockierten die Forschenden hingegen diesen Schaltkreis, wurde der leichte Schlaf tiefer. „Analog dazu vermuten wir, dass eine Hyperaktivität dieses Schaltkreises zu Schlaflosigkeit führt, während dessen Unterbrechung verantwortlich sein könnte für Schlafsucht“, sagt Adamantidis. Damit ist dieser Schaltkreis von Nervenzellen ein potenzielles Ziel für pharmazeutische Therapien gegen Schlafstörungen.

Aufwachen selbst aus der Narkose

Die Weck-Kraft des gefundenen Schaltkreises ist auch aus einem anderen Grund interessant für die Wissenschaftler: Sie ist so stark, dass bei einer Aktivierung sogar das Aufwachen aus einer Narkose und das Wiedererlangen des Bewusstseins ausgelöst werden. „Eine spannende Entdeckung, denn es gibt kaum therapeutische Ansätze, um aus einem bewusstlosen Zustand aufzuwachen“, sagt Adamantidis.

Sowohl zur Behandlung von Schlafstörungen als auch zum Aufwecken von Bewusstlosen bietet der Aufwach-Mechanismus im Gehirn demnach vielversprechende Ansätze zur Therapie. Doch bis tatsächlich spezifische Medikamente diesen Teil des Gehirns ansteuern können, ist noch einige Forschungsarbeit nötig, betont Adamantidis: „Obwohl wir einen wichtigen Schritt vorwärts gemacht haben, wird es einige Zeit dauern, bis aus unseren Erkenntnissen neue Therapien entwickelt werden.“ (Nature Neuroscience, 2015; doi: 10.1038/nn.4209)

(Universität Bern, 22.12.2015 – AKR)

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