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Medizin

Fehlender Rezeptor verursacht Tumorwachstum

Regulierter Zelltod auch bei Eierstockkrebs außer Kraft gesetzt

Das Fehlen eines bestimmten Rezeptormoleküls trägt beim Menschen zum Wachstum von Tumoren des Eierstocks bei. Diesen überraschend klaren Zusammenhang hat jetzt ein Forscherteam der Medizinischen Universität Wien entdeckt. In ihrer Studie sind sie zudem auch der möglichen genetischen Ursache für das Fehlen des Rezeptormoleküls, das einen wichtigen Faktor zur Regulierung des Zellwachstums darstellt, auf die Spur gekommen.

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In gesunden Geweben wachsen und teilen sich die Zellen – in bösartigen Tumoren tun sie es genauso. Der Unterschied zwischen beiden liegt in der Regulierung. Diese funktioniert bei gesunden Geweben gut – und bei Tumoren eben nicht. Ein wichtiger Mechanismus dieser Regulierung ist der als Apoptose bezeichnete regulierte Zelltod. Dieser verursacht das kontrollierte Absterben einzelner Zellen, wenn es zum Vorteil des gesamten Organismus ist. Funktioniert dieser Selbstschutz nicht, dann können sich schädliche Zellen ungehemmt teilen.

Signal ohne Wirkung

Wissenschaftler um Professor Michael Krainer von der Medizinischen Universität Wien belegten nun, dass dieser programmierte Zelltod auch bei Zellen bestimmter Tumore der Eierstöcke nicht funktioniert. Jedoch nicht, weil das auslösende Signal fehlt, sondern weil dieses Signal von den Zellen nicht aufgenommen werden kann. Wie die Forscher im Fachjournal Molecular Cancer Research zeigen, fehlt ein als DR4 bezeichnetes Rezeptormolekül auf diesen Zellen. DR4 ist aber für das Binden des Signalmoleküls TRAIL, das in diesen Zellen die Apoptose einleitet, verantwortlich.

„Zunächst war eigentlich nicht klar, was bei der Signalübertragung fehlt. Das Signal oder das Rezeptormolekül? Zur Klärung dieser Frage wurden von uns zehn verschiedene Proben von Tumoren der Eierstöcke untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass bei 40 Prozent der Proben keine oder nur sehr wenige Rezeptormoleküle von DR4 vorhanden sind“, erläutert Krainer. In weiteren Untersuchungen konnten die Forscher dann zeigen, dass gerade diese Zellen besonders schlecht auf TRAIL reagierten. Damit war geklärt, dass das Fehlen des Rezeptors und nicht des Signals maßgeblich zum Tumorwachstum beitragen kann.

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Ruhige Gene

Weitere Experimente klärten auch, wieso der Rezeptor in so geringer Anzahl vorhanden war. Dazu Krainer: „Der Verlust eines Rezeptormoleküls wie DR4 kann vor allem zwei Gründe haben. Zum einen kann das verantwortliche Gen verloren gegangen oder beschädigt sein. Zum anderen kann es auch sein, dass dieses Gen so modifiziert wurde, dass es nicht einsatzbereit ist.“ Genau Letzteres – die Modifikation des Gens – konnte das Team von Krainer für DR4 in 75 Prozent der Proben, die eine geringe Anzahl an DR4-Rezeptoren besaßen, feststellen. Einige Bausteine des Gens waren durch Anhängen von Methyl-Gruppen verändert worden. Diese Methylierung ist zwar ein durchaus üblicher Weg, um Gene in Zellen „ruhig zu stellen“, in den betroffenen Tumorzellen muss diese aber wohl zum falschen Zeitpunkt erfolgt sein.

Eine wichtige Kontrolle führten Krainer und seine Kollegen zum Abschluss ihrer Arbeiten durch: die Bestätigung der Ergebnisse durch Tests an 36 verschiedenen Tumorgeweben, die direkt von Patientinnen stammten. Diese Zellen repräsentieren nämlich im Vergleich zu den für experimentelle Arbeiten üblicherweise verwendeten Zellkulturen die tatsächlichen Erkrankungsursachen wesentlich besser. In 20 Prozent der untersuchten Gewebe wurde auch hier eine erhöhte Methylierung des Gens und ein Fehlen von DR4 festgestellt.

Die vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützte Arbeit ebnet mit der wichtigen Erkenntnis, dass die Methylierung des Gens für DR4 zur Entstehung von Tumoren beitragen kann, den Weg für zukünftige Therapien. Diese könnten das gestörte Signaltransfer-System DR4 – TRAIL manipulieren, um die Krebszellen dem ursprünglich programmierten Zelltod zuzuführen.

(Medizinische Universität Wien, 16.06.2005 – DLO)

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