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Medizin

Existierten Viren schon vor 290 Millionen Jahren?

Echsenfossil liefert frühestes Indiz für die Existenz viraler Erreger

Frühester Beleg für Viren?
Diese verwachsenen Wirbel legen nahe: Schon in der Permzeit könnten virale Erreger umgegangen sein. © Yara Haridy/ Museum für Naturkunde Berlin

Spannender Fund: Forscher haben den bislang frühesten Hinweis auf die Existenz von Viren entdeckt. In 289 Millionen Jahre alten Wirbeln eines eidechsenähnlichen Tiers stießen sie auf Anzeichen einer Knochenerkrankung, die stark der sogenannten Paget-Krankheit ähnelt. Dieses Leiden wird gängiger Annahme nach von viralen Erregern verursacht – der Fund ist damit der älteste indirekte Beleg für Viren in der Erdgeschichte.

Ob Aids, Pocken oder Ebola: Viele der großen Seuchen und tödlichsten Krankheiten wurden und werden von Viren verursacht. Diese winzigen Lebensformen existieren seit Menschengedenken und befielen möglicherweise sogar schon die Dinosaurier. Doch wann sich die ersten Viren genau auf unserem Planeten entwickelten, ist bis heute unklar.

Echse mit verwachsenen Wirbeln

Umso spannender ist eine Entdeckung, die nun Yara Haridy vom Naturkundemuseum in Berlin und ihre Kollegen gemacht haben: Die Paläontologen sind auf das bisher früheste Indiz für die Existenz viraler Erreger gestoßen – in einem eidechsenähnlichen Fossil. Bei dem in einer Höhle in Oklahoma ausgegrabenen Fund handelt es sich um einen Vertreter der Varanopiden, Verwandte der frühesten Vorfahren von Reptilien und Säugetieren.

Von dem 289 Millionen Jahre alten Tier sind lediglich zwei Schwanzwirbel erhalten, die sofort das Interesse der Wissenschaftler weckten. Denn die Knochen waren seltsam verwachsen. Aus diesem Grund nahmen Haridy und ihr Team die Wirbel mithilfe der Mikrocomputertomografie genauer unter die Lupe. Dabei konnten sie sowohl die äußere als auch die innere Struktur der verwachsenen Knochen untersuchen.

Diagnose: Paget-Krankheit

Die Ergebnisse offenbarten Zeichen einer Knochenkrankheit. So waren die Knochen stellenweise sehr dünn geworden, an anderen Stellen hatte dagegen exzessives Knochenwachstum zu abnormalen Verdickungen geführt. Dies resultierte schließlich in der Fusion der zwei Wirbel, wie die Forscher vermuten.

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Das Spannende daran: Dieser Befund ähnelt einer noch heute bekannten Knochenstoffwechselkrankheit, der sogenannten Paget-Krankheit. Bei diesem sowohl beim Menschen, aber auch bei anderen modernen Säugetieren und Reptilien auftretenden Leiden funktioniert die Abstimmung zwischen knochenbildenden und knochenabbauenden Zellen nicht mehr. Am Ausbruch der Paget-Krankheit sind nach heutigem Kenntnisstand neben genetischen Faktoren auch masernähnliche Viren beteiligt.

Ältester Beleg für virale Infektion?

„Die Erkrankung ist noch immer nicht vollständig verstanden. Aber ähnliche Symptome in einem urzeitlichen Tier wie diesem zu finden, legt nahe, dass sie mit einem tief in unserer Knochenbiologie verankertem Faktor verbunden ist“, konstatiert Haridy. Vor einigen Jahren hatten Forscher Zeichen der Paget-Krankheit bereits bei einem 150 Millionen Jahre alten Dinosaurier aus dem Jura-Zeitalter entdeckt.

Der neue Fund legt nun nahe, dass der Ursprung der Krankheit womöglich noch weiter in die Vergangenheit zurückreicht. Bereits unsere frühen Verwandten aus der Permzeit könnten demnach anfällig für diese Stoffwechselkrankheit gewesen sein. „Waren auch damals Viren beteiligt, haben wir es bei unserem Fund zudem mit dem mit Abstand ältesten Beleg für eine virale Infektion zu tun“, betonen die Wissenschaftler. (PLOS One, 2019; doi: 10.1371/journal.pone.0219662)

Quelle: Museum für Naturkunde Berlin/ PLOS

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