Anzeige
Medizin

Erste Ansätze gegen das tödliche Coronavirus

Forscher identifizieren Andockstelle und Enzyme, durch die das Virus in Zellen eindringt

Typisch für Coronaviren sind die strahlenförmigen Fortsätze. © CDC

Seit im Sommer 2012 der erste Patient an dem neuen Betacoronavirus gestorben ist, sind Wissenschaftler auf der ganzen Welt auf der Suche nach einem Gegenmittel. Infektionsforscher haben nun gleich zwei Ansatzstellen für eine mögliche Behandlung gefunden: Bonner Forscher fanden die Andockstelle an den menschlichen Zellen, über die das Virus in die Zelle eindringt. Göttinger Wissenschaftler identifizierten die Enzyme, die diesen Andockprozess erst ermöglichen. Die in den Fachjournalen „Nature“ und „Journal of Virology“ veröffnetlichten Erkenntnisse könnten dazu beitragen, die lebensbedrohliche Erkrankung behandelbar zu machen.

Das Coronavirus 2c EMC/2012 verursacht schwere Atemwegserkrankungen und Nierenversagen, mehr als die Hälfte aller Patienten starb bisher an der Infektion. Auf der arabischen Halbinsel wurden im vergangenen Jahr mehrere Menschen mit dem neuen Coronavirus „HCoV-EMC“ (human Coronavirus-Erasmus Medical Center) infiziert. Die Zahl der bestätigten Fälle beläuft sich mittlerweile auf insgesamt 14, darunter acht Todesfälle. In Deutschland wurde bislang nur ein importierter Erkrankungsfall dokumentiert, doch Forscher befürchten, dass sich das Virus bald auch in Europa stärker ausbreiten könnte.

„Das Humane Coronavirus EMC ist eine potenzielle Gefahr für die öffentliche Gesundheit“, sagt Seniorautor Stefan Pöhlmann vom Deutschen Primatenzentrum. Genetische Analysen ergaben eine enge Verwandtschaft zu Viren aus Fledermäusen; ob das neue Coronavirus aber von der Fledermaus auf den Menschen übertragen wurde, ist noch unklar.

Andockstelle gefunden

Jetzt haben Forscher erstmals genauer aufgeklärt, wie dem Virus der Eintritt in die Wirtszellen gelingt. Wissenschaftler der Universität Bonn stellten dafür das Oberflächenprotein des Virus künstlich her und suchten damit nach menschlichen Zellproteinen, die daran binden. Auf diese Weise kamen sie einer entscheidenden Andockstelle auf die Spur. „Dieser Rezeptor ist ein bekanntes Protein, das vielfältige Stoffwechselfunktionen erfüllt“, sagt Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Bonn. Heftet sich das Coronavirus an den DPP4-Rezeptor, wirkt dieser wie ein Türöffner: Das Virus dringt in die Zelle ein und programmiert sie um, wodurch weitere Viren gebildet und freigesetzt werden – die Infektionskette hat begonnen.

Menschliche Enzyme als Helfer

Forscher des Deutsches Primatenzentrums (DPZ)entdeckten, dass das Virus nur dann erfolgreich andocken kann, wenn zuvor ein Oberflächenprotein des Virus- das sogenannte „Spike“ – durch körpereigene Enzyme aktiviert wird. Zwei dieser aktivierenden Proteasen haben die Forscher des Primatenzentrums nun identifiziert. Sie stellen mögliche Angriffspunkte für Gegenmittel dar, da ihre Blockade vielleicht das Eindringen des Virus in die Zellen verhindern könnte.

Anzeige

Außerdem wiesen die Forscher nach, dass sich die Infektion durch ein Serum, das von einem bereits erkrankten EMC-Patienten gewonnen wurde, stoppen lässt. Das beweise, dass Menschen in der Lage sind, neutralisierende Antikörper gegen das Virus auszubilden. „Unsere Ergebnisse und die anderer Arbeitsgruppen liefern erste, potenzielle Ansatzpunkte für Therapeutika und verbessern unsere diagnostischen Möglichkeiten“, erklärt Pöhlmann. (Nature, 2013; doi: 10.1038/nature12005,

Journal of Virology, 2013 doi: 10.1128/JVI.00128-13)

(Deutsches Primatenzentrum / Universität Bonn, 15.03.2013 – NPO)

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

News des Tages

NAchglühen von GRB 221009A

Rekord-Ausbruch überrascht Astronomen

Neue fossile Riesenschlange entdeckt

Warum Chinas Großstädte absinken

Landschaft unter dem Thwaites-Gletscher kartiert

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Blutsauger - Zecken, Mücken und Co.: Kleiner Stich mit bösen Folgen

Vogelgrippe - Vom Tiervirus zur tödlichen Gefahr für den Menschen

Bücher zum Thema

Virus - Die Wiederkehr der Seuchen von Nathan Wolfe

Wächst die Seuchengefahr? - von Stefan H. E. Kaufmann und Susan Schädlich

Der Kampf zwischen Mensch und Mikrobe - 2 CDs (Audio CD) von Stefan H. E. Kaufmann (Erzähler), Klaus Sander (Produzent)

Viren. Die heimlichen Herrscher - Wie Grippe, Aids und Hepatitis unsere Welt bedrohen von Ernst-Ludwig Winnacker

Top-Clicks der Woche