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Medizin

Ebola: Schwachstelle des Virus identifiziert

Epidemie grassiert weiter, klinische Studien verschiedener Gegenmittel laufen an

Zwei antivirale Mittel sollen ab Anfang Dezember in Guinea gegen Ebola getestet werden. Oben rechts Favipiravir, links Brincidofovir. © CDC/ gemeinfrei

Der Wettlauf gegen Ebola geht weiter. Noch im Dezember sollen zwei antivirale Mittel in Guinea getestet werden, parallel dazu laufen erste klinische Studien an Impfstoff-Kandidaten bereits. Währenddessen haben US-Forscher wertvolle Einblicke in die Schwachstellen des Ebola-Virus gewonnen. Ihre Studie zeigt erstmals, wo am Virus das experimentelle Antikörper-Mittel ZMapp ansetzt. Das liefert wichtige Hinweise darauf, wie Antikörper-Mittel gegen Ebola verbessert werden können.

Noch immer ist kein Nachlassen der Ebola-Epidemie in Westafrika in Sicht. Seit Beginn des Ausbruchs hat es knapp 14.500 Fälle in acht Ländern gegeben, wie die Weltgesundheitsorganisation WHO mitteilt. 5.177 Menschen sind an Ebola gestorben. In Guinea und Liberia ist die Übertragungsrate noch immer hoch, in Sierra Leone nimmt die Zahl der Neuinfektionen weiter zu. Vor wenigen Tagen gab es zudem drei neue Ebolafälle in Mali.

Ein 70-jähriger Mann aus der Grenzregion zu Guinea wurde in einem Krankenhaus in Bamako behandelt, ohne dass seine Ebola-Erkrankung erkannt wurde. Dadurch steckte er vor seinem Tod eine Krankenschwester und ein Familienmitglied an. Weil der Tote ein muslimischer Imam war, wurde sein Leichnam einer rituellen Waschungs-Zeremonie in einer Moschee in Bamako unterzogen, bevor er bestattet wurde. Als Folge befürchten die Behörden nun weitere Infektionen und haben 251 Menschen unter Beobachtung gestellt, die vor oder nach dem Tod des Patienten mit ihm in Kontakt gekommen sein könnten.

Wirkungsprinzip von ZMapp sichtbar gemacht

In Europa und den USA laufen währenddessen die Forschungen an Mitteln gegen Ebola auf Hochtouren, Verträglichkeitstests eines potenziellen Impfstoffs an gesunden Probanden haben gerade begonnen. Parallel dazu hat eine US-Forschergruppe untersucht, ob und wie das Antikörper-Mittel ZMapp wirkt. Mit diesem experimentellen Wirkstoff sind bisher sieben Ebola-Patienten behandelt worden, fünf überlebten. Es blieb dabei allerdings unklar, ob letztere ihr Überleben tatsächlich dem Medikament verdanken.

Um dies zu klären, analysierten die Forscher mit Hilfe einer speziellen Form der Elektronenmikroskopie. Dabei werden Schnittbilder eines Moleküls oder Viruses erstellt und anschließend zu einem dreidimensionalen Strukturbild zusammengesetzt. „Diese Strukturbilder des Ebolavirus sind eine Art Feind-Erkundung“, erklären Charles Murin vom Scripps Research Institute im kalifornischen La Jolla und seine Kollegen.

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Diese Illustration zeigt, wo die drei Antikörper von ZMapp (farbig) am Ebolavirus ansetzen. © Ward lab/ The Scripps Research Institute

Schwachstelle an der Virenbasis

Die Aufnahmen zeigen, dass einer der in ZMapp enthaltenen Antikörper an der Oberseite des Virus bindet und so wie eine Warnbake wirkt, die das Immunsystem des Wirts zu Hilfe ruft. Die anderen beiden Antikörper-Sorten docken dagegen an der Basis des Virus an und hindern dieses so daran, in eine Körperzelle einzudringen. Doch dabei machen sich die beiden Antikörper wahrscheinlich gegenseitig Konkurrenz – nicht gerade günstig für eine effektive Therapie.

„Anstatt zwei verschiedene Antikörper einzusetzen, die das gleiche tun, könnte es sinnvoller sein, einfach doppelt so viel von einem der beiden einzusetzen“, so Murin. Die Forscher hoffen, mit Hilfe ihrer Erkenntnisse über die Schwachstellen von Ebola nun bessere Antikörper-Mittel zusammenzustellen. „Jetzt, wo wir wissen, wie ZMapp Ebola angreift, können wir alle neu entdeckten Anti-Ebola-Antikörper damit vergleichen und so versuchen, einen noch besseren immuntherapeutischen Cocktail zu finden“, so Murin.

Hilft ein Grippemittel gegen Ebola?

Parallel dazu laufen bereits die Vorbereitungen für klinische Tests zwei weiteren Mitteln gegen Ebola in Guinea. Die antiviralen Medikamente Brincidofovir und Favipiravir sollen ab Anfang Dezember Ebola-Patienten in Stationen der Ärzte ohne Grenzen verabreicht werden. Brincidofovir ist ein experimentelles Mittel, dass gegen verschiedenste Viren helfen soll. Favipiravir ist in Japan gegen die Influenza zugelassen, soll aber auch gegen andere RNA-Viren wirken.

Brincidofovir, Favipiravir und das Serum Überlebender werden demnächst in Guinea bei Ebola-Patienten eingesetzt. Zurzeit laufen bereits Verträglichkeitstests eines Impfstoffs in den USA, in Europa und in Gabun. © CDC

Wie die Ärzte ohne Grenzen mitteilten, werden beide Mittel bei Ebola-Kranken eingesetzt, um zu sehen, ob sie die Rate derjenigen erhöhen können, die die Krankheit mindestens zwei Wochen überleben. Mit den ersten Ergebnissen beider Studien wird Anfang 2015 gerechnet. Parallel dazu führen niederländische Forscher in Konakri in Guinea eine dritte Studie durch, in der sie das Serum von Ebola-Überlebenden auf seine Wirksamkeit hin testen.

Ist eine Kontrollgruppe bei Ebola-Tests unethisch?

Schon im Vorfeld hatten die geplanten Studien verschiedener Ebola-Mittel Diskussionen darüber ausgelöst, ob es einen bei klinische Studien üblichen Kontrollarm geben soll oder nicht. Normalerweise wird bei solchen Tests immer ein Teil der Probanden mit einem Placebo oder der bisher üblichen Therapie behandelt, um einen Vergleich zu haben. Doch bei einer so tödlichen Krankheit wie Ebola halten viele Forscher es für ethisch unvertretbar, Patienten die neue Behandlung vorzuenthalten. Denn eine Einordnung in die Kontrollgruppe käme damit im Extremfall einem Todesurteil gleich.

„Klinische Studien von experimentellen Wirkstoffen mitten in einer solchen humanitären Krise durchzuführen, ist eine neue Erfahrung für uns alle“, erklärt der Leiter der Brincidofovir-Studie Peter Horby von der University of Oxford. „Aber wir sind fest entschlossen, die Menschen in Westafrika nicht zu enttäuschen.“ Die Forscher einer dritten geplanten Studie mit dem Serum von Ebola-Überlebenden, haben bereits angekündigt, dass sie nur dann einen Patienten als Kontrolle einstufen werden, wenn es kein passendes Serum für ihn gibt.

Die WHO hat einen interaktiven Zeitstrahl zusammengestellt, der die Entwicklung der aktuellen Ebola-Epidemie nachzeichnet.

(The Scripps Research Institute/ WHO /PNAS, 18.11.2014 – NPO)

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