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Medizin

Diabetes-Mittel wirkt gegen Alzheimer

Wirkstoff macht Gedächtnisverlust bei Mäusen rückgängig

Bisher gibt es gegen Alzheimer kein Heilmittel - aber immer mehr vielversprechende Wirkstoff-Kandidaten. © Lancaster University

Hoffnung für Alzheimer-Patienten: Ein ursprünglich gegen Diabetes entwickeltes Arzneimittel könnte auch gegen die Alzheimer-Demenz helfen. Bei Mäusen macht das Mittel den Gedächtnisverlust rückgängig, bremst den weiteren Abbau von Hirnzellen und verringert die Menge der Amyloid-Ablagerungen im Gehirn, wie eine Studie belegt. Nach Ansicht der Forscher könnte dieser an gleich drei Rezeptoren ansetzende Wirkstoff auch beim Menschen die Alzheimer-Therapie substanziell verbessern.

Die Alzheimer-Krankheit ist heute eine der häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen weltweit. Bisher gibt es jedoch keinen Wirkstoff, der den fortschreitenden Verlust von Hirnzellen effektiv stoppen oder den damit verbundenen Gedächtnisverlust rückgängig machen kann. Es gibt aber Hoffnung: Immerhin 35 vielversprechende Wirkstoff-Kandidaten werden in nächster Zeit in klinischen Studien getestet.

Diabetes-Mittel mit Dreifachwirkung

Einen überraschenden weiteren Kandidaten haben nun Christian Hölscher von Lancaster University und seine chinesischen Kollegen entdeckt. Es handelt sich dabei nicht um einen komplett neuen Wirkstoff, sondern um ein Mittel, das bereits für die Behandlung einer anderen Krankheit entwickelt und getestet wurde – gegen Diabetes Typ 2.

Das Mittel setzt an drei Rezeptoren gleichzeitig an, die für die Produktion und Freisetzung von drei Wachstumsfaktoren zuständig sind. Die beiden mit dem Insulin- und Glucose-Stoffwechsel verknüpften Hormone GLP-1 und GIP, sowie das Hormon Glucagon stehen bereits länger in Verdacht, nicht nur dem Diabetes entgegenzuwirken, sondern auch das Gehirn zu schützen.

Gedächtnisverlust rückgängig gemacht

Für ihre Studie verabreichten die Forscher Mäusen mit einer angeborenen Form von Alzheimer zwei Monate lang täglich eine Dosis des Wirkstoffs. Vor und nach der Behandlung absolvierten alle Mäuse Gedächtnistests in einem Labyrinth. Außerdem untersuchten die Wissenschaftler ihren Hirnstoffwechsel, die Menge der Amyloid-Ablagerungen im Gehirn sowie Abbau und Wachstum von Neuronen.

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Das Ergebnis: Die Therapie mit dem Diabetes-Mittel verbesserten den Zustand der betagten Alzheimer-Mäuse beträchtlich. Sie schnitten im Labyrinth-Test deutlich besser ab als vor der Behandlung und zeigten weniger Gedächtnisausfälle. „Die Behandlung machte die Gedächtnisdefizite bei diesen Mäusen rückgängig“, berichten die Forscher

Ablagerungen aus Beta-Amyloid-Proteinen gelten einer Theorie nach als Ursache für den Tod von Gehirnzellen bei Alzheimer. © NIA/NOH

Schützende Wirkung im Gehirn

Im Gehirn der Mäuse hatten zudem sowohl die Zahl der Amyloid-Plaques als auch der Abbau der Hirnsubstanz signifikant abgenommen. Gleichzeitig war die Menge der neuroprotektiven Wachstumsfaktoren signifikant erhöht, wie Hölscher und seine Kollegen berichten. Auch die Anzeichen für Entzündung und oxidativen Stress in Hirnrinde und Hippocampus wurden durch die Therapie reduziert.

„Diese sehr vielversprechenden Ergebnisse demonstrieren, dass solche neuen, an multiplen Rezeptoren ansetzenden Diabetes-Wirkstoffe auch gegen Alzheimer helfen könnten“, sagt Hölscher. „Das bestätigt frühere Studien, die bei älteren Versionen solcher Mittel ebenfalls bereits vielversprechende Resultate bei Alzheimer und psychischen Erkrankungen gefunden haben.“

Hoffnung auch für menschliche Patienten

Auch wenn die jetzigen Tests nur mit Mäusen durchgeführt wurden, sind die Forscher zuversichtlich, dass dieser und ähnliche Wirkstoffe auch beim Menschen wirken und zu neuen Therapien gegen Alzheimer und andere neurodegenerative Erkrankungen führen könnten. „Wir haben gezeigt, dass diese neuen Triple-Rezeptor-Wirkstoffe vielversprechende Kandidaten für neue Alzheimer-Mittel sein könnten“, sagt Hölscher.

Noch müssen zwar weitere Tests folgen, um unter anderem die geeignete Dosis zu ermitteln. Doch weil dieses Mittel bereits gegen Diabetes Typ 2 ausgiebig getestet worden ist, sind weniger Studien nötig als bei völlig neuen Wirkstoffen – und das könnte die Zeit bis zu ersten klinischen Studien mit Patienten verkürzen. (Brain Research, 2017; doi: 10.1016/j.brainres.2017.10.012)

(Lancaster University, 02.01.2018 – NPO)

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