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Medizin

Coronavirus: Sind auch Menschenaffen gefährdet?

SARS-CoV-2 könnte auch Schimpansen, Gorillas und Co infizieren

Schimpanse
Auch Menschenaffen könnten durch das Coronavirus gefährdet sein, hier ein Schimpanse im Gombe-Nationalpark. © Roland /CC-by-sa 2.0

Gefahr für Schimpansen, Gorillas und Co? Die Corona-Pandemie könnte auch unsere nächsten Verwandten treffen, warnen nun Zoologen. Denn es ist bekannt, dass sich Menschenaffen mit menschlichen Erregern anstecken können – darunter auch Coronaviren, die bei uns Erkältungen hervorrufen. Die Wissenschaftler appellieren daher an alle Nationalparks, Reservate und Safariparks, strenge Schutzmaßnahmen einzuhalten und den Tourismus auszusetzen.

Schimpansen, Gorillas und andere Menschenaffen sind unsere nächsten Verwandten im Tierreich und uns daher auch genetisch und zellbiologisch sehr ähnlich. Das hat zur Folge, dass auch Krankheitserreger die Artbarriere zwischen Menschenaffen und Mensch leicht überwinden können. In der Vergangenheit ist dies schon häufiger vorgekommen – in beide Richtungen.

Übertragung zwischen Menschenaffen und Mensch

Für mehrere Erreger tödlicher Epidemien ist bekannt, dass sie von Menschenaffen auf den Menschen übergesprungen sind. Das vielleicht bekannteste Beispiel dafür ist das HI-Virus, das die Aids-Pandemie auslöste. Durch den Verzehr von „Bushmeat“ in Afrika könnte dieses Virus mindestens 13-Mal den Artsprung zum Menschen vollzogen haben – lange bevor es sich dann weltweit ausbreitete. Der Malaria-Erreger Plasmodium falciparum stammt ursprünglich von Gorillas, wie Genanalysen vor einigen Jahren enthüllten.

Doch auch die umgekehrte Übertragung findet statt – mit meist fatalen Folgen für die Menschenaffen. So erkrankten im Jahr 2011 mehrere Berggorillas in Ruanda an einer zunächst rätselhaften Lungenentzündung, andere zeigten klassische Symptome einer Atemwegserkrankung. Nähere Analysen enthüllten, dass die Tiere sich mit einem normalerweise nur beim Menschen zirkulierenden Virus angesteckt hatten, dem humanen Metapneumovirus (HMPV). Zuvor waren auch schon Schimpansengruppen im Tai-Nationalpark in der Elfenbeinküste an diesem Virus sowie am Respiratory Syncytial Virus (RSV) erkrankt – ebenfalls ein humanes Erkältungsvirus.

Auch Coronaviren können überspringen

Jetzt rückt das Coronavirus SARS-CoV-2 in den Fokus von Biologen. „Noch ist nicht bekannt, ob Menschenaffen anfällig gegenüber SARS-CoV-2 sind“, erklären die Wissenschaftler. „Aber es gibt reichlich wissenschaftliche Belege dafür, dass Menschenaffen sich mit menschlichen Atemwegs-Erregern infizieren können. Es ist daher durchaus gerechtfertigt anzunehmen, dass die Menschenaffen sich auch mit SARS-CoV-2 infizieren können.“

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Dass menschliche Coronaviren auf Menschenaffen überspringen können, belegte im Jahr 2016 ein Krankheitsausbruch bei Schimpansen im Tai-Nationalpark. Damals hatten sich die Tiere mit dem Coronavirus OC43 angesteckt, einem beim Menschen mit milden Erkältungssymptomen verbundenen Erreger. Als Folge begannen auch die Affen zu husten und zu niesen.

EM-Aufnahme des Coronavirus SARS-CoV-2. © NIAID-RML

„Unseres Wissens nach ist dies der erste Bericht über ein humanes Coronavirus bei wildlebenden Menschenaffen“, berichtete das Forscherteam um Fabian Leendertz vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie und Livia Patrono vom Robert-Koch-Institut. Sie gehen davon aus, dass das Virus durch menschliche Besucher auf die Schimpansen übertragen wurde.

Kontaktsperre auch bei Menschenaffen

Angesichts der weltweiten Corona-Pandemie befürchten Biologen und Vertreter mehrerer Artenschutzorganisationen nun, dass SARS-CoV-2 die ohnehin gefährdeten Menschenaffen ebenfalls krankmachen könnte. Zwar sei nicht bekannt, wie schwer sich die Infektion bei Schimpansen, Gorillas und Co manifestiert, dennoch sei äußerste Vorsicht geboten, so die Wissenschaftler.

„Wir appellieren an Regierungen, Artenschutz-Praktiker, Forscher, Tourismus-Experten und Fördereinrichtungen, das Risiko einer Einschleppung dieses Virus in die Gebiete der gefährdeten Menschenaffen zu reduzieren“, schreiben die Vertreter unter anderem der Internationalen Naturschutzunion (IUCN). Dafür sollte der Tourismus in diesen Gebieten ausgesetzt werden und jeder Kontakt mit den Affen auf ein Minimum reduziert werden.

Abstand halten, Tourismus aussetzen

Alle Wildhüter und unverzichtbaren Betreuer sollten mindestens sieben Meter Abstand zu den Menschenaffen halten, noch besser seien zehn Meter. Auch regelmäßiges Desinfizieren der Schuhe und das Tragen von Atemschutzmasken seien zu empfehlen, so die Wissenschaftler. Wer Krankheitssymptome zeige oder Kontakt mit einem Covid-Kranken hatte, sollte zudem 14 Tage Quarantäne auch gegenüber den Tieren einhalten.

Noch gibt es zwar in Afrika weit weniger Covid-Fälle als in Europa oder den USA. Doch Experten befürchten, dass sich das sehr schnell ändern könnte. Unter den Opfern der Pandemie könnten dann nicht nur zahlreiche Menschen sein, sondern auch die letzten verbleibenden Vertreter der großen Menschenaffen, warnen die Biologen.

Quelle: Nature, IUCN SSC Wildlife Health Specialist Group

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