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Medizin

Coronavirus: Riechstörung kann Infektion anzeigen

SARS-CoV-2 löst bei auffallend vielen Infizierten eine Anosmie aus

Coronaviren und Nase
Das Coronavirus scheint bei vielen Covid-Patienten den Geruchssinn zu blockieren – und dies sogar dann, wenn sonst keine Symptome auftreten.© NIAID, annelven/iSTock

Nebeneffekt der Infektion: Wenn Sie plötzlich keine Gerüche mehr wahrnehmen, könnte dies am Coronavirus liegen. Denn weltweit häufen sich die Hinweise darauf, dass sich eine Infektion mit SARS-CoV-2 auch in Störungen des Geruchssinns äußert – und dies selbst bei ansonsten symptomfreien Patienten. Einige Mediziner fordern deshalb bereits, diese sogenannte Anosmie als Anzeichen für eine Ansteckung zu werten – und Betroffene in Quarantäne zu schicken.

Es gibt viele Gründe, warum Menschen vorübergehend ihren Geruchssinn verlieren oder unter Riechstörungen leiden. Der häufigste ist jedoch eine Vireninfektion: Viele der normalen Erkältungsviren sind dafür bekannt, dass sie eine solche sogenannte Anosmie verursachen können. Und auch die vier Coronaviren-Arten, die schon länger in der menschlichen Bevölkerung kursieren und milde Erkältungen hervorrufen, sind Schätzungen zufolge für zehn bis 15 Prozent solcher viralen Anosmien verantwortlich.

Zwei von drei Covid-Patienten in Deutschland betroffen

„Insofern ist es vielleicht nicht überraschend, dass auch der Erreger von Covid-19 eine solche Anosmie auslöst“, erklären Claire Hopkins vom King’s College London und Nirmal Kumar von ENT UK, dem Verband der britischen Hals-, Nasen-Ohrenärzte. Denn inzwischen häufen sich die Hinweise darauf, dass auch das neue Coronavirus SARS-CoV-2 offenbar häufiger Störungen des Geruchs- und Geschmackssinns verursacht.

„In Deutschland leiden Berichten zufolge zwei von drei Covid-19-Patienten unter einer Anosmie“, berichten die Mediziner. „In Südkorea, das mehr Coronavirus-Tests durchgeführt hat, haben 30 Prozent der positiv auf das Virus getesteten Patienten mit sonst milden Symptomen eine Anosmie als eines ihrer Hauptsymptome.“ Auch aus China und Italien gibt es Berichte über auffallende Häufungen von Riechstörungen bei Menschen, die mit dem Coronavirus infiziert sind.

Auch bei sonst symptomlosen Infizierten

Das Besondere daran: Diese virusbedingten Riechstörungen scheinen selbst dann aufzutreten, wenn andere typische Symptome wie Husten oder Fieber fehlen. „Es gibt eine schnell wachsende Zahl von Berichten über einen signifikanten Anstieg von Patienten mit Anosmie, aber ohne andere Symptome“, berichten Hopkins und Kumar. Diese Patienten könnten daher zu den bisher unerkannten Trägern des Coronavirus gehören, die die Ausbreitung von Covid-19 begünstigen.

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Epidemiologen gehen schon länger davon aus, dass nur ein Bruchteil der mit dem Coronavirus infizierten Personen erkannt werden – es gibt eine hohe Dunkelziffer. Weil diese infizierten Personen selbst nicht wissen, dass sie das Virus tragen, können sie andere anstecken – auch weil sie weder die Kriterien für einen Virentest noch für eine Quarantäne erfüllen. Diese symptomlose Übertragung gilt als eine der Triebkräfte für die Pandemie.

Bei Riechstörung in Quarantäne?

Deshalb plädieren sowohl der britische als auch der US-Verband der Hals-, Nasen-Ohrenärzte nun dafür, auch Personen mit einer neu aufgetretenen Anosmie künftig als Covid-Verdachtsfälle zu behandeln. „Dieses Symptom könnte dabei helfen, ansonsten symptomlose Patienten zu identifizieren“, so die Mediziner. „Wenn wir Erwachsene mit einer Anosmie aber ohne andere Symptome bitten, sich sieben Tage lang selbst zu isolieren, dann könnte dies die Zahl der potenziellen Überträger verringern, die noch unerkannt sind.“

Als Alarmzeichen sehen die Experten eine Riechstörung, die plötzlich neu auftritt und die nicht von einer Allergie oder einem normalen Schnupfen oder einer chronischen Nasenentzündung begleitet wird. Wer eine solche Störung des Geruchssinns bei sich wahrnehme, der solle ernsthaft darüber nachdenken, sich von selbst in häusliche Quarantäne zu begeben.

Alle Informationen rund um die Coronavirus-Pandemie haben wir für Sie in unserem Themenspecial zusammengefasst.

Quelle: American Academy of Otolaryngology, Head and Neck Surgery, ENT UK, British Rhinological Society

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