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Medizin

China-Tusche gegen Krebs?

Kohlenstoffhaltige Tusche aus China eignet sich als Hilfsmittel für die Krebstherapie

Die traditionelle chinesische Hu-Kaiwen-Tusche könnte dabei helfen, Krebs zu bekämpfen und Metastasen aufzuspüren. © gemeinfrei

Überraschend wirksam: Eine seit Jahrhunderten in China gebräuchliche Tusche könnte sich als Helfer in der Krebstherapie erweisen. Denn die Tusche besteht aus winzigen Kohlenstoffpartikeln, die sich bei Bestrahlung mit Licht stark aufheizen. Dadurch können sie im Rahmen der photothermischen Therapie Krebszellen effektiv zerstören, wie Versuche mit Zellkulturen und Mäusen belegen. Gleichzeitig eignet sich die Tusche auch dazu, um verborgene Metastasen aufzuspüren.

Bei vielen Krebsfällen ist nicht der Primärtumor das Hauptproblem, sondern die aus ihm entstehenden Metastasen: Die Krebszellen breiten sich über Blut und Lymphgefäße im Körper aus und bilden an anderen Organen Sekundärtumore. Meist entfernen Chirurgen deswegen vorbeugend Lymphknoten in der Nähe des Primärtumors, um eine weitere Ausbreitung der Metastasen zu verhindern. Doch ob und welche Lymphknoten befallen sind, lässt sich nicht immer eindeutig feststellen.

Hilfsmittel für die photothermische Therapie?

Jetzt könnte eine uralte Tinktur bei diesem Problem helfen: chinesische Tusche. Diese schwarze Flüssigkeit wird in China schon seit Jahrhunderten für die Kalligrafie und Zeichnungen genutzt. Ihre schwarze, sehr haltbare Farbe erhält sie von kleinen Rußpartikeln, die aus verkohltem Pflanzenmaterial gewonnen werden.

Und genau das macht diese Tusche so interessant, wie Wuli Yang von der Fudan Universität in Schanghai und seine Kollegen erklären. Denn sie ist damit den Lösungen sehr ähnlich, die für die photothermische Krebstherapie (PTT) verwendet werden. Bei dieser Behandlung wird ein stark lichtabsorbierendes Mittel in den Krebstumor gegeben und dieser mit Nahinfrarot-Licht bestrahlt. Durch den Hilfsstoff heizt sich der Tumor dabei so stark auf, dass die Krebszellen sterben.

Bisher wird die photothermische Therapie vor allem gegen Hautkrebs und andere oberflächliche Tumore eingesetzt. Mediziner forschen aber auch nach Möglichkeiten, damit gezielt von Krebs befallene Lymphknoten zu zerstören.

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Die Hu-Tusche und ihr Einsatz als Marker für befallene Lympknoten (PAI) und zur Zerstörung der Tumore mittels PTT © Yang et al. /ACS Omega

Effektiver Wärmeproduzent

„Wir haben nun eine einfache und effektive PTT-Methode entwickelt, bei der eine der bekanntesten traditionellen China-Tuschen, die Hu-Kaiwen-Tusche, als Wärmeerzeuger dient“, berichten Yang und seine Kollegen. Für ihre Studie analysierten sie zunächst die Zusammensetzung und stellten fest: Die Hu-Tusche besteht aus Kohlenstoffpartikeln, die ihre höchste Lichtabsorption bei Wellenlängen von 650 bis 900 Nanometern haben.

Die Tuscheteilchen absorbieren damit das Licht genau in dem Bereich des Nahinfrarot, für den Blutzellen und Wasser kaum sensibel sind – und in dem die photothermische Therapie üblicherweise durchgeführt wird. Bestrahlten die Forscher die Tusche mit einem 880 Nanometer-Laser, wandelte sie 39 Prozent des Lichts in Wärme und heizte sich dadurch innerhalb von fünf Minuten auf 55 Grad auf.

Krebszellen abgetötet und markiert

Ob sich die Tusche tatsächlich als Anti-Krebsmittel eignet, testen die Forscher zunächst an einer Krebszell-Kultur. Das Ergebnis: „In der mit Hu-Tusche versetzen Zellkultur waren nach der Bestrahlung fast alle Zellen tot“, berichten Yang und seine Kollegen.

Ähnlich erfolgreich waren Versuche mit lebenden Mäusen. Die Tiere hatten einen Krebstumor an der Pfote, der bereits angefangen hatte zu streuen. Die Forscher injizierten die Tusche in den Tumor und bestrahlten ihn 24 Stunden später Nahinfrarotlicht. Innerhalb weniger Minuten heizte sich das Tumorgewebe bis auf knapp 59 Grad auf. „Das ist ausreichend, um die Tumorzellen abzutöten“, berichten Yang und seine Kollegen. Schäden an normalen Gewebe oder andere Nebenwirkungen traten dabei nicht auf.

Marker für befallene Lymphknoten

Noch spannender aber könnte eine weitere Eigenschaft der Tusche sein: Sie reichert sich in den Krebszellen an und wandert mit ihnen durch den Körper. Weil die Tusche auf Bestrahlung mit Wärme und Fluoreszenz reagiert, lassen sich diese Metastasen so markieren und aufspüren. Wurde den Mäusen die Tuschelösung in den Primärtumor gespritzt, konnten die Forscher 24 Stunden später die verräterischen Signale der Tusche in den umliegenden Lymphknoten nachweisen.

„Damit eignet sich die Hu-Tusche einerseits als Marker zum Aufspüren von befallenen Lymphknoten, andererseits aber kann man durch sie diese Lymphknoten dann auch direkt mittels PTT zerstören“, konstatieren die Forscher. „Damit hat diese traditionelle Tusche ein bemerkenswertes Potenzial für den künftigen klinischen Einsatz.“ (ACS Omega, 2017; doi: 10.1021/acsomega.7b00993)

(American Chemical Society, 29.09.2017 – NPO)

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