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Medizin

Brille hilft Blinden wieder sehen

Umfunktioniertes Nachtsichtgerät trainiert die Sehnerven

Wenn Patienten durch eine Kopfverletzung, einen Schlaganfall oder einen Hirntumor erblinden, obwohl die Augen völlig intakt sind, dann kann eine Sehtherapie helfen. Nachdem das Verfahren am Computerbildschirm erfolgreich war, gehen jetzt die ersten „Curavishmd“-Trainingsbrillen in Betrieb: Umfunktionierte Nachtsichtgeräte, die eigentlich für militärische Zwecke gedacht sind, zeigen dem Träger die stimulierenden Muster.

Patienten, die von der kortikalen Blindheit betroffen sind, können höchstens noch Umrisse oder Bewegungen erkennen, obwohl ihre Augen unversehrt sind. Schuld an der Blindheit ist eine Verletzung der Nervenzellen im Sehzentrum des Gehirns, die den optischen Reiz zu einem Seheindruck verarbeiten. Meistens sind diese Nervenzellen jedoch nicht in ihrer Gesamtheit zerstört: Durch ein maßgeschneidertes Training können die verbliebenen gesunden Nervenzellen lernen, die Aufgaben ihrer beschädigten Nachbarn mit zu übernehmen.

Online von zu Hause aus trainieren

Tägliches Training über mehrere Monate ist dafür unerlässlich. Dank der jetzt entwickelten Online-Therapie kortikaler Blindheit (OTCB), die vom Kompetenz- und Servicezentrum für Telemedizin und Traumatologie TELTRA der Ruhr-Universität Bochum entwickelt wurde, kann der Patient zu Hause üben. Nach einer mehrtägigen Untersuchung des genauen Ausmaßes seiner Hirnschädigung in der Neurologischen Klinik der Ruhr-Universität bekommt der Patient die Zugangsberechtigung zu seiner persönlichen Trainingsumgebung auf der TELTRA-Homepage. Ist er eingeloggt, zeigt ihm der Computer zunächst einige Minuten lang Flacker-Weißlicht zur so genannten Basisstimulation, das seine Aufmerksamkeit steigert und sein Gehirn für die Trainingseinheit empfänglich stimmt. Dann beginnt das Training, zunächst mit geometrischen Figuren, später mit komplexeren Bildern, die der Patient erkennen und per Tastendruck bestätigen muss.

Der Computer registriert Treffer und Fehler und startet das nächste, schwierigere Trainingslevel erst dann, wenn eine Lektion erfolgreich absolviert ist. Die begleitenden Spezialisten Prof. Dr. Martin Tegenthoff und Dr. Walter Widdig können von ihren Computern aus den Lernfortschritt der Patienten überwachen und die Lektionen jederzeit individuell anpassen.

Brille schafft mehr Bewegungsfreiheit

Bislang trainierten die Patienten am Computermonitor in einem abgedunkelten Raum. Eine Kinnstütze sorgte dafür, dass der Abstand zum Monitor stets gleich war. „Gerade für Patienten, die durch ihre Hirnverletzung zusätzlich unter Spastik litten, war das allerdings sehr anstrengend“, so Nicole Steffen, die die Patienten betreut. „Mit der Trainingsbrille können die Patienten entspannt im Sessel sitzen und sich auf die Lichtreize konzentrieren. In der Brille ist es nämlich perfekt dunkel.“ Die Brille „Curavishmd“ – hmd steht für head- mounted display – ist über ein Kabel mit einer Steuereinheit verbunden, über die der Patient bestätigt, was er erkannt hat. Brille, Rechner und Steuereinheit bekommen die Patienten leihweise von TELTRA.

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Nachdem TELTRA seit etwa einem Jahr erfolgreiche Trainingssysteme gegen die kortikale Blindheit und gegen halbseitige Gesichtsfeldausfälle anbietet, haben die Forscher als nächstes diffuse Gesichtsfeldausfälle, sog. Skotome, im Visier. Erste Tests mit einer entsprechend weiterentwickelten Software starten jetzt.

(Ruhr-Universität Bochum, 12.11.2004 – NPO)

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