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Medizin

Bakteriengift soll Krebszellen zerstören

Erreger von Lebensmittelvergiftungen könnte im Kampf gegen Bauchspeicheldrüsenkrebs helfen

Clostridium perfringens: Mikroskopische Aufnahme einer Kultur des Erregers. Die Bakterien vermehren sich auf verdorbenem Fleisch und können Lebensmittelvergiftungen hervorrufen. © CDC / gemeinfrei

Vom Erreger zur Krebstherapie: Das Bakterium Clostridium perfringens sondert einen Giftstoff ab, welcher die Hüllen von Zellen durchlöchert. Statt gegen Zellen der Darmschleimhaut wollen deutsche Mediziner dieses Gift gegen Tumorzellen in der Bauchspeicheldrüse richten. Gegen diese äußerst aggressive Krebsart gibt es bislang keine wirksame Therapie.

Bakterien der Art Clostridium perfringens sind normalerweise ziemlich unangenehme Zeitgenossen: Sie wachsen bevorzugt in Fleischwaren von Rind bis Geflügel und auch in Fisch und lassen diese Nahrungsmittel verderben. Isst man derart befallenes Fleisch trotzdem und gelangen die Bakterien in den Magen-Darm-Trakt, drohen Bauchschmerzen, Durchfall und Erbrechen. Ursache für diese Symptome ist ein Giftstoff, den die Erreger absondern: das sogenannte Clostridium perfringens Enterotoxin.

Enterotoxin durchlöchert Zellhüllen

Genau dieses sonst so unangenehme Gift wollen Wissenschaftler unter der Leitung von Wolfgang Walther vom Experimental and Clinical Research Center in Berlin nun im Kampf gegen Bauchspeicheldrüsenkrebs einsetzen. Möglich sein soll dies durch den Wirkmechanismus des Enterotoxins: Im Darm bindet es an zwei Moleküle namens Claudin-3 und Claudin-4, die sich auf der Oberfläche der Schleimhautzellen befinden. Das dort gebundene Gift durchlöchert dann die Hülle der Zellen, so dass diese absterben.

Genau diese beiden Zielmoleküle kommen aber auch in großer Menge auf Tumorzellen der Bauchspeicheldrüse vor. „Somit sind diese Krebszellen ein perfektes Ziel für das Enterotoxin“, erläutert Walther. „Es erkennt die Claudine auf den Tumorzellen und greift an. Genau wie Darmschleimhautzellen bei einer Lebensmittelvergiftung werden die Tumorzellen perforiert und zerstört.“

Genfähre als schlagkräftige Waffe

Per nadelloser Hochdruckinjektion wollen die Forscher eine Art Genfähre direkt in das Tumorgewebe schießen. Diese enthält den genetischen Bauplan für das Enterotoxin und ermöglicht so die Produktion des Giftstoffes. „Das Clostridium perfringens Enterotoxin wird so direkt vor Ort hergestellt“, so Walther weiter. „Für gesunde Zellen der Bauchspeicheldrüse ist das ungefährlich, da diese kein Claudin-3 oder Claudin-4 auf ihrer Oberfläche ausbilden.“

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Derzeit überprüfen die Wissenschaftler ihre Theorie noch im Labor. „Erweist sich unser Therapieansatz als erfolgreich, haben wir eine schlagkräftige Waffe gegen Bauchspeicheldrüsenkrebs an der Hand“, hofft Walther. Rund 17.400 Menschen erkranken jährlich in Deutschland am äußerst aggressiven Bauchspeicheldrüsenkrebs. Meistens wird die Erkrankung erst spät bemerkt und nur wenige Patienten überleben die Diagnose länger als ein Jahr. Der Tumor breitet sich schnell aus, verstreut Kolonien in anderen Organen und ist gegenüber gängigen Therapien weitgehend unempfindlich.

Darum betont auch Gerd Nettekoven von der Deutschen Krebshilfe die Bedeutung eines möglichen Medikaments gegen diese Art von Krebs: „Bauchspeicheldrüsenkrebs gehört zu den problematischsten Tumorerkrankungen. Die Entwicklung besserer Diagnose- und Therapiemöglichkeiten ist daher wichtig, um die Überlebenschancen der Betroffenen zu verbessern.“

(Deutsche Krebshilfe, 17.07.2014 – AKR)

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