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Medizin

„Auftragsmord“: Eiweiß löst Tod von Krebszellen aus

Neue Möglichkeiten für die Chemotherapie?

Das Ziel einer Chemotherapie ist der sichere Tod von Krebszellen. Die verabreichten „Zellstopper“ (Zytostatika) sollen dabei die Zelle in den Selbstmord treiben. Doch oftmals erweisen sich die Tumorzellen als resistent. Wissenschaftler der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg und des Deutschen Krebsforschungszentrums haben nun das zelleigene Protein TAp63α identifiziert, das ein Todessignal vermittelt.

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Die Forscher entschlüsselten in ihrer Studie die molekularen Mechanismen, über die TAp63α den programmierten Zelltod (Apoptose) auslöst. Das Protein, das zur p53-Familie gehört, macht dabei die Zelle für eine Chemotherapie empfänglicher und eröffnet den Forschern neue Möglichkeiten, die Resistenz gegenüber einer medikamentösen Behandlung zu überwinden.

Zeit zu sterben?

Zum Erhalt des Organismus werden alte oder geschädigte Zellen zum Tode verurteilt. Zelluläre Kontrollmoleküle, von denen p53 zu den prominentesten gehört, leiten den programmierten Zelltod ein und stellen sicher, dass die Zelle sich nicht weiter vermehren kann. Versagt dieser Mechanismus, kann dies zu einer ungehinderten Zellteilung und damit im schlimmsten Falle zur Krebsentstehung führen.

Die Chemotherapie nutzt den Selbstmordmechanismus der Zelle aus, indem sie ihr von außen signalisiert, dass es an der Zeit ist zu sterben. In Krebszellen sind die am Todesprogramm beteiligten Kontrollmoleküle oftmals derartig verändert, dass sie ihre Funktion nicht mehr ordnungsgemäß ausführen können. Wenn den Zytostatika der „Komplize“ im Innern der Zelle fehlt, ist die Chemotherapie meist zum Scheitern verurteilt – es kommt zur Chemoresistenz.

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TAp63α entscheidet über Leben und Tod

Wie die Privatdozentin Dr. Martina Müller-Schilling von der Medizinischen Universitätsklinik in Heidelberg in der aktuellen Online-Ausgabe des EMBO Journals berichtet, tritt in Krebszellen, die mit verschiedenen Zytostatika behandelt wurden, das Kontrollmolekül TAp63α vermehrt auf. Wie p53 ist auch TAp63α ein Molekül, das über Leben und Tod entscheidet: In Kooperation mit Professor Peter H. Krammer vom Deutschen Krebsforschungszentrum und Wissenschaftlern aus Israel, Italien und Großbritannien fand Martina Müller-Schilling heraus, dass TAp63α sowohl in Leber- als auch in Knochenkrebszellen in der Lage ist, die Produktion verschiedener so genannter „Todesrezeptoren“ wie CD95, TNF-R und TRAIL-R zu verstärken.

Es handelt sich um Sensoren auf der Zelloberfläche, deren Aufgabe darin besteht, Todessignale aus der Umgebung ins Zellinnere zu vermitteln. Darüber hinaus aktiviert TAp63α zelluläre Proteine, z.B. Mitglieder der Bcl-2-Familie, die über die Energielieferanten der Zelle, die Mitochondrien, ebenfalls das Selbstzerstörungsprogramm starten. Die Zelle wird auf diese Weise für eine Chemotherapie empfänglich gemacht. Im Umkehrversuch entwickelten Zellen, bei denen das TAp63α-Gen ausgeschaltet wurde, eine Resistenz gegenüber den verabreichten Medikamenten.

Die Wissenschaftler erhoffen sich durch die Suche nach weiteren Molekülen, die zum Tod der Zelle führen, neue Erkenntnisse und Ansatzpunkte, um in zukünftigen Therapien Krebserkrankungen gezielter bekämpfen zu können.

(Deutsches Krebsforschungszentrum (DKRZ), 17.06.2005 – DLO)

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