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Medizin

AstraZeneca-Impfstoff: Längeres Intervall wirkt besser

Höhere Schutzwirkung bei einem zwölf-Wochen-Abstand zur zweiten Impfstoff-Dosis

Corona-Impfstoff
In welchem Abstand sollte man die zweite Impfstoffdosis geben? Zumindest beim AstraZeneca-Vakzin könnte ein Abwarten medizinische Vorteile bringen. © MicroStockHub/ iStock.com

Hilfreiche Verzögerung: Die Schutzwirkung des Corona-Impfstoffs von AstraZeneca lässt sich verbessern, wenn man das Intervall zwischen den beiden Impf-Dosen verlängert. Das legen neue Auswertungen der Studiendaten nahe. Demnach steigt die Wirksamkeit auf 81 Prozent, wenn die beiden Impf-Dosen mit zwölf Wochen Abstand verabreicht werden. Bei weniger als sechs Wochen Abstand sind es nur gut 55 Prozent, wie Forscher im Fachmagazin „The Lancet“ berichten.

Der Corona-Impfstoff von AstraZeneca und der University of Oxford ist hierzulande umstritten. So bescheinigtem ihm Studiendaten nur eine Wirksamkeit von 60 bis 70 Prozent gegen Covid-19 – deutlich weniger als bei den mRNA-Impfstoffen oder dem russischen Sputnik-V-Vakzin. Zudem sorgen Berichte über Nebenwirkungen und eine ungenügende Wirksamkeit gegenüber einigen Mutanten von SARS-CoV-2 für Verunsicherung. Und nicht zuletzt erntete AstraZeneca heftige Kritik wegen seiner bevorzugten Lieferung des Impfstoffs an Großbritannien.

Sollte man die zweite Dosis verschieben?

Unabhängig vom Impfstofftyp herrscht aber auch Uneinigkeit darüber, ob es sinnvoll und zulässig ist, den zeitlichen Abstand zwischen den beiden Impfdosen zu verlängern. Laut Zulassung sollen zwischen den Dosen je nach Impfstoff drei bis sechs Wochen liegen. Doch aufgrund der Impfstoff-Knappheit hat sich unter anderem Großbritannien dazu entschieden, das Intervall zu verlängern. Auf diese Weise können mehr Menschen trotz knappen Nachschubs wenigstens eine erste Impfung gegen das Coronavirus erhalten.

Jetzt liefert eine neue Auswertung von Studiendaten Hinweise darauf, dass eine solche Verzögerung der zweiten Dosis auch medizinisch vorteilhaft sein könnte – zumindest für das AstraZeneca-Vakzin. Dafür haben Merryn Voysey von der University of Oxford und ihre Kollegen die Daten von 17.178 Probanden in Großbritannien, Brasilien und Südafrika verglichen, die ihre beiden Impfdosen in verschieden großen Abständen bekommen hatten oder die nur mit einer Dosis geimpft wurden. Die Hälfte hatte ein Placebo erhalten, die andere den echten Impfstoff, der fachsprachlich auch als ChAdOx1 bezeichnet wird.

Deutliche Schutzwirkung schon nach der ersten Dosis

Die Auswertungen ergaben: Schon nach der ersten Impfdosis schützt das AstraZeneca-Vakzin zu 76 Prozent vor einem symptomatischen Verlauf von Covid-19. Dieser Impfschutz bleibt offenbar für mindestens drei Monate bestehen: „Es gab in dieser Zeit keine Anzeichen für ein Abebben der Schutzwirkung“, berichten die Forscher. Auch die Zahl der Antikörper gegen SARS-CoV-2 sei bei den Probanden in den drei Monaten nur unwesentlich abgesunken.

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Nach Ansicht der Wissenschaftler spricht dies dafür, dass schon eine erste Impfung einen vertretbaren Schutz bewirkt: „Wenn es eine Impfstoff-Knappheit gibt, dann könnte es für den Schutz der Bevölkerung besser sein, zunächst möglichst vielen Menschen wenigsten eine erste Dosis zu verabreichen“, sagt Studienleiter Andrew Pollard von der University of Oxford. Die zweite Dosis sei aber nötig, um einen langanhaltenden Immunschutz zu verleihen.

Dosis-Verzögerung erhöht Wirksamkeit auf 81 Prozent

Noch interessanter ist aber ein zweites Ergebnis: Wird das Intervall zwischen den beiden Impfdosen verlängert, steigt die Schutzwirkung des Impfstoffs. Konkret lag die Effektivität des AstraZeneca-Vakzins bei einem Dosis-Intervall von sechs Wochen und weniger bei nur 55,1 Prozent. Lagen jedoch zwölf Wochen dazwischen, schützte der Impfstoff zu 81 Prozent vor Covid-19, wie die Wissenschaftler berichten.

Gestützt wird diese Beobachtung durch immunologische Tests. Probanden, die ihre Impfdosen mit zwölf und mehr Wochen Abstand erhalten hatten, hatten demnach doppelt so hohe Antikörper-Titer im Blut wie diejenigen mit dem kürzeren Impf-Intervall. Wie die Forscher erklären, passen diese Beobachtungen zu den Ergebnissen bei anderen Impfstoffen gegen Ebola, Malaria oder Influenza, bei denen ein längeres Dosis-Intervall ebenfalls die Immunreaktion und Schutzwirkung verstärkt.

Was ist die bessere Strategie?

Möglicherweise könnte dieser positive Verzögerungseffekt auch die verwirrenden Ergebnisse der klinischen Studien in Bezug auf die Höhe der Dosis klären. Denn ein Teil der Probanden hatte für die erste Dosis nur die halbe Menge Impfstoffs erhalten – und das erhöhte seltsamerweise die Wirksamkeit. „Jetzt haben wir festgestellt, dass die erhöhte Effektivität zum Teil auf die längeren Dosisabstände in dieser Probanden-Gruppe zurückgehen könnten“, sagt Voysey.

Auch wenn die klinischen Studien ursprünglich nicht darauf angelegt waren, das optimale Impfintervall zu ermitteln, liefert die aktuelle Auswertung nach Ansicht der Forscher wichtige Hinweise. „Impfprogramme, bei denen ein großer Teil der Bevölkerung zunächst eine Dosis bekommt und die zweite erst drei Monaten später, könnten eine effektive Strategie gegen die Pandemie sein“, konstatieren Voysey und ihr Team. (The Lancet, 2021; doi: 10.1016/S0140-6736(21)00432-3)

Quelle: The Lancet

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