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Medizin

Asiatische „Heilpflanze“ verursacht Krebs

Genstudie bestätigt: Inhaltsstoff der Pfeifenblume kann Leberkrebs auslösen

Schön, aber gefährlich: Pfeifenblumen enthalten krebserregende Aristolochiasäuren. © Hectonichus/ CC-by-sa 3.0

Von wegen sanfte Medizin: In der traditionellen chinesischen Heilkunde gilt die Pfeifenblume als Arzneipflanze. Seit einigen Jahren aber ist bekannt, dass bestimmte Inhaltsstoffe der Blume Harnwegstumore fördern – und offenbar nicht nur das. Denn jetzt zeigt sich: Die vermeintliche Arznei kann auch Leberkrebs auslösen. Wissenschaftler fordern nun vor allem in Asien noch strengere Reglementierungen für die Verwendung der Pflanze und daraus hergestellten Präparaten.

In der traditionellen chinesischen Medizin spielt die Heilkraft von Pflanzen eine besondere Rolle. Ob Gingko, Engelwurz oder Knoblauch: Viele Gewächse werden in Asien seit jeher zur Behandlung diverser Wehwehchen und Erkrankungen eingesetzt. So auch die Pfeifenblume. Die Pflanzen der Gattung Aristolochia sollen etwa Menstruationsbeschwerden lindern, gegen Rheuma und Darmleiden helfen. Zudem fördern sie angeblich die Wundheilung und haben antiparasitäre Eigenschaften.

Doch bestimmte Bestandteile der Pflanzen und daraus hergestellten Präparaten haben noch einen ganz anderen Effekt: Die sogenannten Aristolochiasäuren können die Nieren schädigen und gelten als krebserregend. Die Stoffe fördern Tumore der oberen Harnwege, also in Blase, Nierenbecken und Harnleiter. In Deutschland ist der Einsatz von Aristolochia-Produkten daher schon lange verboten, in China und Taiwan gelten seit 2003 strenge Reglementierungen. Trotzdem steht die Pfeifenblume als Arznei in vielen Regionen Asiens weiterhin hoch im Kurs.

Verräterische Gen-Signatur

Völlig unklar war bisher, ob Aristolochiasäuren neben Blasenkrebs und Co womöglich nicht auch andere Tumore verursachen können. Dies haben nun Wissenschaftler um Alvin Ng von der Duke-NUS Medical School in Singapur am Beispiel von Leberkrebs untersucht. Für ihre Studie analysierten die Forscher Leberkarzinome von Patienten aus Asien, Europa und Nordamerika.

Für Tumore, die unter der Einwirkung von Aristolochiasäure entstanden sind, ist eine spezielle Gen-Signatur typisch. Mithilfe von DNA-Analysen lässt sich daher feststellen, ob diese Inhaltsstoffe der Pfeifenblume bei der Entstehung des Krebses eine Rolle gespielt haben. Ngs Team entwickelte zu diesem Zweck eine Software, die Mutationsmuster auswerten und einordnen kann.

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Anteil der mit Aristolochiasäure assoziierten Lebertumore in Nordamerika, Europa und Asien © A. Ng et al., Science Translational Medicine

Viele Asiaten betroffen

Das Ergebnis: Das vermeintlich sanfte Heilmittel scheint auch Leberkrebs fördern zu können. Denn die Wissenschaftler stießen bei zahlreichen Analysen auf die typische Gen-Signatur – am häufigsten bei Proben aus Ländern, in denen der traditionellen chinesischen Medizin eine große Bedeutung zukommt. So enthielten beispielsweise 76 von 98 Tumoren aus Taiwan die verräterische Spur in ihrer DNA. Das entspricht 78 Prozent.

Auch in China und Vietnam gab es mit 47 Prozent und 19 Prozent vergleichsweise viele Hinweise auf einen Einfluss von Aristolochia-Produkten. In Europa und Nordamerika lag der Anteil der auffälligen Tumore dagegen im niedrigen einstelligen Bereich. Dass die Forscher dort aber auch fündig wurden, zeigt, dass die Pfeifenblume nicht nur in Asien für Krebsfälle mitverantwortlich ist.

Verschärfte Maßnahmen

Die Wissenschaftler fordern deshalb nun verschärfte Maßnahmen im Kampf gegen die Verwendung von Pfeifenblumen und deren Inhaltsstoffen. Ihrer Meinung nach greifen etwa die Verbote in Taiwan und China nicht weit genug. Denn statt konsequent sämtliche Pflanzen und Präparate mit Aristolochiasäure zu verbieten, sei lediglich der Einsatz bestimmter Arten untersagt. „Die Pfeifenblume ist nicht komplett verbannt“, betonen sie.

Hinzu kommt: Nicht nur in Asien sind Pfeifenblumen-Präparate mitunter ohne Weiteres über das Internet erhältlich. Oft sind diese Produkte zudem nicht korrekt deklariert, sodass Verbraucher unter Umständen gar nicht wissen, was sie sich einverleiben. Angesichts der breiten Verfügbarkeit von Aristolochiasäure-Produkten müsse die Öffentlichkeit dringend für die möglichen Gefahren sensibilisiert werden, schließt das Team. (Science Translational Medicine, 2017; doi: 10.1126/scitranslmed.aan6446)

(Science Translational Medicine, 19.10.2017 – DAL)

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