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Medizin

Asbest bleibt für immer in der Lunge

Selbst Jahrzehnte später sinkt die Menge der Asbestfasern im Gewebe nicht

Eine Asbestfaser in Lungengewebe. Einmal dorthin gelangt, bleibt sie für immer. © Yale Rosen/ CC-by-sa 2.0

Ist Asbest einmal in die Lunge gelangt, ist es zu spät: Die krebserregenden Fasern bleiben im Gewebe, ohne dass sie abgebaut oder ausgeschieden werden. Die Asbestbelastung des Gewebes bleibt unverändert hoch, wie eine Studie jetzt erstmals belegt. Das aber bedeutet: Selbst wenn der letzte Kontakt mit Asbest schon Jahrzehnte zurückliegt, können Asbestfasern noch krankmachen.

Asbest galt lange als „Mineral der tausend Möglichkeiten“ – und wurden entsprechend vielseitig eingesetzt. Die winzigen Fasern fanden sich in Dämmstoffen, feuerfesten Textilien und vielen Baumaterialien. Doch inzwischen ist klar, dass die Asbestfasern schwerwiegende Gesundheitsschäden verursachen: Sie sind krebserregend und dringen selbst in die Zellen von Lunge und anderen Geweben ein, wie Studien zeigen.

Das Tückische daran: Zwischen dem ersten Asbestkontakt und dem Ausbruch einer asbestbedingten Erkrankung können zehn bis 60 Jahre liegen. „Das heißt, eine asbestinduzierte Erkrankung kann noch ausbrechen, obwohl der letzte Asbestkontakt schon sehr lange zurückliegt“, erklärt Seniorautorin Andrea Tannapfel von der Ruhr-Universität Bochum.

Wie lange bleibt Asbest in der Lunge?

Unklar war dabei jedoch, ob auch die Asbestfasern so lange Zeit im Körper bleiben – oder ob sich die Lunge ähnlich wie bei den Folgen des Rauchens im Laufe der Zeit erholt. Um das zu klären, durchforsteten Tannapfel und ihr Team in den Gesundheitsdaten von mehr als 23.000 Lungenpatienten. Sie suchten nach Fällen, bei denen Patienten im Abstand von mindestens vier Jahren asbesthaltige Proben des Lungengewebes entnommen worden waren.

Nur zwölf Patienten erfüllten dieses Kriterium. Bei ihnen hatten Ärzte eine erste Biopsie mehrere Jahre nach Ende der Asbestbelastung entnommen, eine zweite fand bei der Autopsie nach dem Tod der Patienten statt. Die Forscher untersuchten diese Proben nun erneut und ermittelten und verglichen die Zahl der Asbestfasern in der ersten und zweiten Probe.

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Asbestfasern unter dem Elektronenmikroskop (Amphibolyt) © USGS

Unvergänglich – auch in unserem Körper

Das Ergebnis: Einmal in die Lunge gelangt, bleiben die Asbestfasern im Gewebe erhalten. Selbst mehr als 30 Jahre nach Ende der akuten Asbestbelastung enthielt das Lungengewebe der Patienten genauso viele Asbestfasern wie bei ihrer ersten Untersuchung. Dies galt sowohl für den als besonders schädlich geltenden Blauasbest (Riebeckit) als auch für denh äufiger verwendeten Weißasbest (Chrysotil), wie die Forscher berichten.

Der Asbest wird demnach weder ausgeschieden noch abgebaut – es hält sozusagen ewig. „Unsere Daten bestätigen damit experimentell die wohlbekannten Charakteristiken der Asbestfasern auch für das Lungengewebe: Auf griechisch bedeutet ‚asbestos‘ unvergänglich“, konstatieren Tannapfel und ihre Kollegen.

Der Grund für diese Haltbarkeit: Zum einen ist das Mineral nicht biologisch abbaubar. Zum anderen jedoch schließt das Gewebe die Fasern durch netzartige Wucherungen und Vernarbungen fest ein. Sie sind eines der Kennzeichen für eine Asbestose. Die offenbar unbegrenzte Verweildauer des Asbests in der Lunge erklärt auch, warum viele asbestbedingte Erkrankungen erst mit jahrzehntelanger Verzögerung auftreten. (European Respiratory Journal, 2017; doi: 10.1183/13993003.02534-2016)

(Ruhr-Universität Bochum, 01.08.2017 – NPO)

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