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Medizin

Akupunktur hilft doch bei Schmerzen

Studie: Nadeln wirken besser bei Kreuz- und Knieproblemen als Standardtherapie

Sowohl die Akupunktur nach den Regeln der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) als auch die so genannte Sham-Akupunktur, bei der an Nicht-Akupunkturpunkten gestochen wird, wirken besser gegen chronischen Kreuz- und Knieschmerz als die normale Standardtherapie. Das sind die ersten Ergebnisse der weltweit größten Studien zur Wirksamkeit der Akupunktur gerac (German Acupuncture Trials).

Strenge Einschluss- und Behandlungskriterien

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Jeweils über 1.000 Patienten mit länger als sechs Monate dauernden Kreuz- bzw. Knieschmerzen haben an den beiden kontrollierten, randomisierten Studien teilgenommen. Sie wurden zufällig einer der drei Gruppen – TCM-, Sham-Akupunktur oder Standardtherapie – zugeordnet. Die akupunktierten Patienten erfuhren nicht, welche Art Akupunktur sie erhielten: Die Akupunktur nach TCM-Regeln oder die für gerac eigens entwickelte Sham-Akupunktur an vermeintlich unwirksamen Punkten. Die Teilnehmer der Akupunktur-Gruppen erhielten zehn, bei Bedarf 15, Behandlungen binnen sechs bzw. zwölf Wochen. Falls notwendig, waren Schmerzmittel bis zu einem vorher definierten Höchstmaß erlaubt. Nicht erlaubt waren Zusatztherapien wie Spritzen oder bei Kreuzschmerz Krankengymnastik.

Akupunktierte Patienten brauchen weniger Medikamente

In die Kreuzschmerz-Teilstudie wurden 1.162 Patienten eingeschlossen. Die Ergebnisse sechs Monate nach Ende der jeweiligen Therapie: Die Akupunktur nach TCM-Regeln erreichte bei 71,1 Prozent der Patienten einen Erfolg, das heißt eine Schmerzlinderung und/oder Funktionsverbesserung gemäß der zur Erfolgsmessung eingesetzten Instrumente. Die Sham-Akupunktur war in Zweidrittel der Fälle erfolgreich, die Standardtherapie jedoch nur in 57,6 Prozent.

Durch Einberechnen von nicht erlaubten Zusatztherapien wie Krankengymnastik oder Spritzen, die durch Telefoninterviews erfasst wurden, sanken die Erfolgsraten auf deutlich unter 50 Prozent sowohl für die Akupunktur nach TCM-Regeln als auch die Sham-Akupunktur. Bei der Standardtherapie waren es gar nur 27,4 Prozent. „Der über sechs Monate nachweisbare Effekt von Akupunktur führte zu einem geringeren Verbrauch an Medikamenten und weiteren Therapieformen im Nachuntersuchungszeitraum als unter Standardtherapie“, so gerac-Teilstudienleiter Dr. Michael Haake von der Universität Regensburg.

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Nadeln erringen überzeugende Erfolge – Wirkungsmechanismus weiter offen

Ähnlich sehen die Ergebnisse drei Monate nach dem Behandlungsende für die Teilstudie Kniegelenksverschleiß (Gonarthrose) aus, an der 1.039 Patienten teilnahmen: Eine Abnahme der Schmerzen und eine Verbesserung der Kniegelenkfunktion ließ sich in allen drei Gruppen nachweisen, wobei die Erfolgsraten unter den Patienten mit TCM-Akupunktur und Sham-Akupunktur deutlich höher sind als bei den Patienten mit der konventionellen Standardtherapie.

Die Zahl der Patienten, die im Untersuchungszeitraum mindestens einmal ein schmerzlinderndes und entzündungshemmendes Mittel benötigten, sind in den beiden Akupunkturgruppen erheblich niedriger als in der Standardtherapiegruppe. Auffallend ist, dass es auch hier keine signifikanten Unterschiede zwischen den Effekten der TCM- und der Sham-Akupunktur gibt. Die Auswahl der Akupunkturpunkte sowie die spezifische Stichtechnik scheint somit keinen wesentlichen Einfluss auf den Therapieeffekt zu haben.

Grundlage für die Beratungen zur Aufnahme in den Leistungskatalog

Die Ergebnisse der gerac-Studien, die von den Krankenkassen AOK, BKK, IKK, Bundesknappschaft, Landwirtschaftliche Sozialversicherung und See-Krankenkasse finanziert werden, sollen dem Gemeinsamen Bundesausschuss helfen zu entscheiden, ob die Kosten für Akupunkturbehandlungen künftig von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden oder nicht. Bundesweit führen etwa 20.000 Ärzte Akupunktur bei verschiedensten Erkrankungen durch. Die Wirksamkeit war bislang noch nie wissenschaftlich bestätigt worden.

„Die vergleichbar hohe Wirksamkeit der TCM- und der Sham-Akupunktur wirft jedoch weitere Fragen auf, ohne dass der beobachtete Effekt aus den vorhandenen Ergebnissen erklärt werden kann“, fügt Prof. Hanns-Peter Scharf von der Universität Heidelberg hinzu, „hierzu wären weitere Studien notwendig.“

Für die gerac-Studien haben Orthopäden, Schmerztherapeuten, Neurologen und Biometriker mit Vertretern der Akupunktur zusammengearbeitet.

(idw – Ruhr-Universität Bochum, 22.10.2004 – DLO)

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