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Astronomie

Wie Quasare ihr Licht erzeugen

Röntgenpolarisation deckt Mechanismus hinter der stärksten Strahlenquelle des Kosmos auf

Blazar
Quasare sind die hellsten Objekte im Kosmos. Doch wie sie die enorme Strahlungsintensität in ihren Jets erzeugen, war bisher unklar. © NASA/JPL

Kosmische Leuchtfeuer: Astronomen haben herausgefunden, wie Quasare ihre intensive, über Milliarden Lichtjahre reichende Strahlung erzeugen. Demnach entsteht der energiereichste Anteil dieser Strahlung, wenn die von diesen Schwarzen Löchern beschleunigten Teilchen auf eine Schockfront treffen und abrupt abgebremst werden. Dies setzt Synchrotronstrahlung vor allem im Röntgenbereich frei. Erst im weiteren Verlauf entstehen dann auch andere, langwelligere Strahlenanteile, wie die Forschenden in „Nature“ berichten.

Quasare sind die hellsten Objekte im Kosmos. Die intensiven Strahlenkegel dieser aktiven Galaxienkerne können so hell leuchten wie hunderte Billionen Sonnen und reichen Milliarden Lichtjahre weit ins All hinaus. Urheber dieser enormen Strahlkraft ist das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum dieser fernen Galaxien: Es saugt große Mengen an Material ein und gibt dabei Energie in Form beschleunigter Teilchen und Strahlung ab. Quasare, deren Strahlen- und Teilchen-Jets direkt auf die Erde zeigen, werde auch als Blazare bezeichnet.

Schockfront oder Turbulenzen?

Doch wie die Strahlung der Quasare im Detail entsteht, war bisher weitgehend ungeklärt. Zwar legen Beobachtungen und Modelle nahe, dass die enormen Jets aus stark beschleunigten Teilchen die Quelle der energiereichen Emissionen sind. Ähnlich wie in Teilchenbeschleunigern oder den Synchrotronanlagen von Röntgenlasern können solche Teilchen überschüssige Energie als Strahlung freisetzen, wenn sie abgebremst oder umgelenkt werden.

Unklar blieb jedoch, durch welchen Mechanismus die schnellen Teilchen im Jet der Quasare abgebremst werden – ob abrupt an einer Schockfront oder aber über den Jet verteilt in Turbulenzen. Unterscheiden lässt sich dies unter anderem an der Polarisation der Strahlung: Je gerichteter die Strahlung des Quasars ist, desto konzentrierter und einheitlicher muss auch die Quelle im Jet sein.

Das Problem jedoch: Bisher ließ sich die Polarisation der Quasarstrahlung nur im Bereich der Radiowellen und des optischen Lichts messen – und dies schien auf eher verteilte, turbulente Ursprungszonen hinzudeuten. Für die energiereiche Röntgenstrahlung fehlten solche Messungen.

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Erste Röntgen-Polarimetrie bei einem Blazar

Das hat sich nun geändert: Im Dezember 2021 ist ein neues Weltraumteleskop ins All gestartet, das erstmals die Polarisation von kosmischer Röntgenstrahlung messen kann. „Der Imaging X-ray Polarimetry Explorer (IXPE7) kann dadurch ein vollständigeres Bild der Emissionsregion von Quasaren liefern als zuvor möglich“, erklären Ioannis Liodakis vom finnischen Zentrum für Astronomie in Turku und seine Kollegen.

Für ihre Studie haben die Astronomen den IXPE7-Satelliten genutzt, um die Strahlung des Blazars Markarian 501 zu analysieren. Dieser aktive Galaxienkern liegt „nur“ rund 450 Millionen Lichtjahre von uns entfernt, so dass seine Strahlung besonders intensiv erscheint und gut zu messen ist. Er ist daher nun der erste Blazar, der im März 2022 mit einem Röntgen-Polarimeter untersucht wurde. Parallel dazu fingen zahlreiche andere Observatorien die Strahlung der restlichen Wellenlängen dieses Quasars ein.

Blazarstrahlung
Wenn die beschleunigten Teilchen im Quasar-Jet eine Schockfront treffen, werden sie abrupt abgebremst und setzen energiereiche Röntgenstrahlung frei. Beim Weiterflug erzeugen sie dann weitere, energieärmere Strahlung. © Pablo Garcia/ NASA/MSFC

Quelle bei Röntgen- und anderer Strahlung verschieden

Die Messungen ergaben: In den energieärmeren Bereichen des Spektrums ist die Strahlung des Quasars wenig und uneinheitlich polarisiert. Anders ist dies hingegen im energiereichen Röntgenbereich: Dort registrierte das Polarimeter einen Polarisationsgrad von mehr als zehn Prozent und einen Winkel, der mit der Ausrichtung des Quasarjets übereinstimmt, wie Liodakis und sein Team berichten.

Damit liefern diese Daten entscheidende Informationen über den Ursprung dieser Röntgenstrahlung. „Dies deutet auf eine Schockfront als Quelle der Teilchenbeschleunigung hin“, erklären die Forschenden. Demnach wird diese energiereiche Strahlung frei, weil die von Magnetfeldern des Schwarzen Lochs beschleunigten Teilchen im Jet mit einer Zone langsamerer Teilchen kollidieren. In dieser Schockfront werden sie abrupt abgebremst und die Röntgenstrahlung wird frei.

Hinter der Schockfront des Quasar-Jets rasen die Teilchen weiter, haben aber an Energie verloren. „Dadurch geben sie nun Strahlung von immer größeren Wellenlängen ab, während sie sich von dieser Zone wegbewegen“, so Liodakis und seine Kollegen. Aus der uneinheitlichen Polarisierung dieser energieärmeren Strahlung schließen sie, dass der Jet in diesem Bereich zunehmen turbulenter wird.

„Wendepunkt im Verständnis von Blazaren“

Erstmals haben Astronomen damit Einblick in die Mechanismen hinter den hellsten Strahlenquellen im Kosmos erhalten. „Unsere Ergebnisse demonstrieren, dass die Multiwellenlängen-Polarimetrie die physikalischen Bedingungen im Umfeld supermassereicher Schwarzer Löcher auf einzigartige Weise erkunden können“, konstatieren Liodakis und sein Team. Weitere Messdaten des IXPE und anderer Instrumente könnten in Zukunft noch mehr Details dieser Prozesse enthüllen.

Als wichtigen Durchbruch sieht auch die nicht an der Studie beteiligte Astrophysikerin Lea Marcotulli von der Yale University diese Ergebnisse. „Sie markieren einen Wendepunkt in unserem Verständnis von Blazaren“, schreibt sie in einem begleitenden Kommentar. „Dies ist ein großer Sprung nach vorne in unserem Versuch, diese extremen Teilchenbeschleuniger zu verstehen.“ Die Röntgen-Polarimetrie könnte nun auch klären, ob die Mechanismen bei allen Quasaren gleich sind und welche Rolle verschiedenen Teilchen – Elektronen und Protonen – im Jet für die Strahlenerzeugung spielen. (Nature, 2022; doi: 10.1038/s41586-022-05338-0)
https://www.nature.com/articles/s41586-022-05338-0

Quelle: Nature

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