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Astronomie

Weißer Zwerg bestätigt Einstein

Erste Beobachtung des Gravitationslinseneffekts bei einem fremden Stern

Die Masse eines Weißen Zwergs verzerrt das Licht eines Hintergrundsterns - seine Position erscheint verschoben. Diesen Linseneffekt sagte schon Einstein voraus. © NASA, ESA, and A. Feild (STScI)

Nach gut 100 Jahren endlich gelungen: Einstein sagte voraus, dass die Gravitation eines Sterns die Raumzeit krümmt – und so das Licht eines Hintergrundsterns verzerrren kann. Jetzt haben Astronomen diesen Gravitationslinseneffekt erstmals bei einem fremden Stern verfolgt – bisher war dies nur bei unserer Sonne oder ganzen Galaxien gelungen. Ein Weißer Zwerg schob sich so vor einen fernen Hintergrundstern, dass ein halb verdeckter Hintergrundstern scheinbar seine Position veränderte.

Schon vor gut 100 Jahren postulierte Albert Einstein in seiner Allgemeinen Relativitätstheorie, dass die Gravitation sogar auf das Licht wirkt. Den Beweis für diesen Effekt lieferte am 26. Mai 1919 eine Sonnenfinsternis, bei der Astronomen gezielt Sterne hinter der Sonne anvisierten, um die scheinbare Positionsverschiebung durch den Linseneffekt einzufangen. Dies gelang und Einsteins Relativitätstheorie war damit bestätigt.

Selbst Einstein zweifelte

Doch selbst Einstein hielt es für nahezu unmöglich, diesen stellaren Linseneffekt auch bei fremden Sternen zu sehen: „Es gibt keine Hoffnung, dieses Phänomen direkt zu beobachten“, konstatierte er 1936 in einem Artikel. Denn dieser Mikrolinseneffekt ist im Vergleich zum viel stärkeren Verzerrungseffekt ganzer Galaxien sehr gering und lässt sich bei entfernten Sternen kaum ausmachen.

Hinzu kommt, dass das Licht des Vordergrundsterns die verzerrten und verschobenen Abbilder des dahinterstehenden Sterns überstrahlt, was ein Aufspüren dieses Phänomens weiter erschwert. Tatsächlich ist es bisher nur wenige Male gelungen, zumindest das subtile Hellerwerden eines fernen Sterns durch einen solchen Mikrolinseneffekt zu beobachten.

Die scheinbare Verschiebung der Position jedoch, die die Gravitation und damit die Masse der stellaren Linse verrät, konnte noch nie beobachtet werden – bis jetzt.

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Ein Weißer Zwerg als Linse

Gut 100 Jahre nach Einsteins Theorie der Gravitation ist es nun Astronomen erstmals gelungen, diesen astrometrischen Linseneffekt bei einem fremden Stern zu beobachten und mit seiner Hilfe die Masse des Sterns zu berechnen. Um dies zu erreichen hatten Lailash Sahu vom Space Telescope Science Institute in Baltimore und seine Kollegen die Bahndaten von mehr als 5.000 nahen Sternen nach Passagen vor fernen Sternen durchsucht.

Mit acht Aufnahmen des Weißen Zwergs während seiner Passage verfolgten die Forscher den Linseneffekt. © NASA, ESA, and K. Sahu (STScI)

Bei einem Kandidaten wurden sie fündig: dem Weißen Zwerg Stein 2051 B. Dieser liegt rund 18 Lichtjahre von der Erde entfernt und bildet gemeinsam mit einem Roten Zwerg ein Doppelsternsystem. Im März 2014, so ergaben die Berechnungen, würde dieser Weiße Zwerg fast genau vor einem rund 6.500 Lichtjahre entfernten Hintergrundstern vorbeiziehen. Mit dem Hubble-Weltraumteleskop verfolgten die Astronomen diese Passage.

Verschobener Stern

Und tatsächlich: Obwohl der Weiße Zwerg das schwache Licht des Hintergrundsterns fast überstrahlte, konnten die Forscher dessen typische Verzerrung beobachten. In aufeinanderfolgenden Aufnahmen schien der Stern eine Ellipse um den Weißen Zwerg zu vollführen. Die Masse des Weißen Zwergs verschob die scheinbare Position des Sterns – und diese Verschiebung konnten die Astronomen messen.

„Sahu und sein Team haben damit erstmals den astrometrischen Linseneffekt bei einem anderen Stern als der Sonne beobachtet“, kommentiert der Astronom Terry Oswalt von der Embry-Riddle Aeronautical University. „Einstein wäre stolz. Denn eine seiner wichtigsten Vorhersagen hat jetzt einen strengen Beoachtungstest bestanden.“

Doch ein ganz normaler Weißer Zwerg

Und nicht nur das: Durch den astrometrischen Linseneffekt konnten die Forscher auch erstmals die Masse des Weißen Zwergs Stein 2051 B ermitteln. Bisher war von ihm nur der Durchmesser bekannt. Die Messdaten ergaben, dass der Weiße Zwerg etwa 68 Prozent der Sonnenmasse besitzt. Damit entspricht er ziemlich genau de für diese Sternerelikte typischen Masse- Größenverhältnis, wie Sahu und seine Kollegen berichten.

„Dieses Ergebnis löst ein seit langem bestehendes Rätsel über die Masse und Zusammensetzung von Stein 2951 B“, kommentiert Oswalt. Denn Jahrzehnte lang nahmen Astronomen an, dass dieser Weiße Zwerg einen exotischen Eisenkern besitzen könnte und daher vom normalen Masse- Größenverhältnis abweichen würde.

Gleichzeitig ist dies erst der 14. Weiße Zwerg, von dem sowohl Masse als auch Radius direkt gemessen werden konnten. Entsprechend dünn ist bisher das Wissen um diese Relikte früherer Sonnen. Die Astronomen hoffen daher, weitere Mikrolinsen-Ereignisse zu finden, die zur Erforschung der Weißen Zwerge beitragen. (Science, 2017; doi: 10.1126/science.aal2879)

(Science, Embry-Riddle Aeronautical University, 08.06.2017 – NPO)

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