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Astronomie

Universum: Kollaps vorprogrammiert?

Die Wahrscheinlichkeit für einen Phasenübergang des Kosmos ist größer als gedacht

Wird das Universum einst kollabieren? © NASA/GSFC

Wird das Universum eines Tages kollabieren? Schon seit Jahrzehnten prognostizieren Modelle die Möglichkeit, dass der derzeitige Zustand des Universums zwar langlebig, aber nicht völlig stabil sein könnte. Diesen Theorien zufolge könnte es jederzeit kippen und die Form, in der wir es heute kennen, würde aufhören zu existieren. Jetzt haben Forscher diese Vorhersage durch neue Berechnungen bestätigt – und das Risiko für den totalen Zusammenbruch scheint sogar größer zu sein als ursprünglich gedacht.

Nur wer bereits ganz unten ist, kann nicht mehr tiefer fallen. Diese einfache Wahrheit gilt nicht nur für uns Menschen, sondern auch für das Universum selbst. Im Blickpunkt der Wissenschaftler steht dabei der sogenannte Vakuumzustand, also der Zustand des leeren Raums. Messungen an Elementarteilchen legen nahe, dass es sich dabei nur um ein scheinbares Minimum an Energie handeln könnte. Zwar ist es bisher offensichtlich stabil, das Universum existiert immerhin schon seit vielen Milliarden Jahren, trotzdem könnte es parallel einen „wahren“ Vakuumzustand mit noch niedrigerer Energie geben.

Droht ein Phasenübergang des Kosmos?

Nun ist es ein Grundprinzip der Quantenmechanik, dass Zustände hoher Energie dazu neigen, in Zustände niedriger Energie überzugehen. Sollte unser derzeitiger Vakuumzustand also nicht das absolute Minimum an Energie darstellen, muss man damit rechnen, dass irgendwann, irgendwo im Universum das Vakuum in seinen wahren Grundzustand kippt. Es würde lokal eine kleine Blase mit diesem neuartigen Vakuum entstehen, die sich mit Lichtgeschwindigkeit in alle Richtungen ausbreiten und letztendlich das gesamte Universum verschlingen würde.

„Phasenübergang“ lautet die nüchterne wissenschaftliche Bezeichnung für diesen Vorgang, bei dem sich die fundamentalen Eigenschaften von allem, was wir kennen, angefangen von subatomaren Teilchen bis hin zu gesamten Galaxien, von Grund auf ändern würden. So würden etwa Elementarteilchen, die ins Innere der Blase geraten, dramatisch an Masse zunehmen und sich aufgrund ihrer Gravitation zu supermassiven Zentren zusammenziehen. „Viele Theorien und Berechnungen sagen einen solchen Phasenübergang voraus, aber es gab immer gewisse Unsicherheiten“, sagt Jens Krog vom Zentrum für Kosmologie Teilchenphysik-Phänomenologie der Universität Süd-Dänemark in Odense.

Interaktion von Elementarteilchen entscheidend

Krog und seine Kollegen haben drei der Hauptgleichungen näher analysiert, die einen solchen Phasenübergang physikalisch beschreiben. Diese sogenannten Beta-Funktionen bestimmen unter anderem, wie stark Elementarteilchen wie beispielsweise Elektronen oder auch Higgs-Bosonen miteinander wechselwirken. Wenn diese bisher meist einzeln betrachteten Gleichungen kombiniert werden, ergeben sich zwei Dinge: „Zum einen hat sich bestätigt, dass das Universum wahrscheinlich zusammenbrechen wird“, so Krog. „Und zum anderen scheint der Zusammenbruch noch wahrscheinlicher zu sein, als es die früheren Berechnungen vorhergesagt haben.“

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Wie der Forscher erklärt, wird dieser Phasenübergang irgendwo im Universum beginnen und sich von dort ausbreiten. Vielleicht hat der Zusammenbruch sogar schon irgendwo begonnen und breitet sich gerade auf den Rest des Universums aus. „Vielleicht beginnt er auch genau jetzt, genau hier. Oder vielleicht erst in einer Milliarde Jahre, weit entfernt von hier. Wir wissen es nicht“, so der Physiker.

Auch wenn die neuen Berechnungen ein recht düsteres Bild zeichnen, ist es keineswegs sicher, dass der große Zusammenbruch tatsächlich kommen wird. Denn eine Voraussetzung für den Phasenübergang ist, dass das Universum wirklich nur aus jenen Elementarteilchen besteht, die wir heute kennen. Sollte jedoch die Suche nach neuen Teilchen, wie sie etwa am Europäischen Kernforschungszentrum CERN betrieben wird, erfolgreich sein, könnte sich die Grundlage für die Vorhersage mit einem Mal in Luft auflösen. Oder wie Jens Krog es ausdrückt: „Dann wird der Zusammenbruch des Universums abgesagt.“ (Journal of High Energy Physics, 2013)

(University of Southern Denmark, 10.01.2014 – Thomas Brandstetter)

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