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Astronomie

Überschuss von „heißen Jupitern“ verblüfft Astronomen

Sternhaufen enthält mehr große Gasplaneten als es die Theorie vorhersagt

Ein heißer Jupiter, der einen der Sterne im Sternhaufen Messier 67 im Sternbild Krebs umkreist. (Illustration) © ESO/ L. Calçada

Überraschender Überschuss: In einem 2.700 Lichtjahre entfernten Sternhaufen haben Astronomen mehr sogenannte „heiße Jupiter“ gefunden als erwartet. Statt nur um ein Prozent der sonnenähnlichen Sterne, wie sonst im Weltall, sind es hier fünf Prozent. Was diese Häufung verursacht, ist nicht nicht klar, die Astronomen vermuten aber, dass die höhere Sternendichten im Haufen dafür eine Rolle spielen könnte.

Unter den bisher entdeckten Exoplaneten sind relativ viele „heiße Jupiter“ – Gasriesen wie unser Jupiter, die aber ihren Stern extrem eng umkreisen. Oft benötigen sie nur wenige Tage bis Wochen für einen Umlauf. Einige dieser heißen Gasriesen kreisen zudem „falschherum“ um ihren Sternbesitzen oder besitzen ungewöhnlich exzentrische Bahnen. Bisherigen Erhebungen nach kommen heiße Jupiter um rund ein Prozent der sonnenähnlichen Sterne vor.

Planetenfahndung im offenen Sternhaufen

Doch das scheint nicht die Regel zu sein, wie Anna Brucalassi vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching und seine Kollegen nun entdeckt haben. Für ihre Studie hatten sie 66 Sterne im 2.700 Lichtjahre entfernten offenen Sternhaufen Messier 67 nach Anzeichen für Planeten abgesucht. Mit dem HARPS-Spektrografen am La Silla-Observatorium der ESO in Chile suchten sie dafür nach dem verräterischen Taumeln, das ein schwerer Planet in enger Umlaufbahn bei seinem Stern auslöst.

Der rund 500 Sterne umfassende Haufen Messier 67 gilt als Modell für die Umgebung, in der einst auch die Sonne entstand. Denn auch sie bildete sich einst als Teil eines Haufens, deren Mitglieder dann später auseinanderwanderten. „Wir wollten einen offenen Sternhaufen als Laboratorium verwenden, um die Eigenschaften von Exoplaneten und die Theorien zur Planetenentstehung zu untersuchen“, erläutert Saglia.

„Ein wirklich verblüffendes Resultat!“

Und tatsächlich wurden die Forscher fündig – und das sogar weitaus häufiger als gedacht. Denn sie entdeckten gleich drei heiße Jupiter in ihrer Sternenprobe. „Dies ist wirklich ein verblüffendes Resultat“, sagt Brucalassi. „Die neuen Ergebnisse bedeuten, dass es um ungefähr fünf Prozent der untersuchten Sterne in Messier 67 einen heißen Jupiter gibt – das ist deutlich mehr als um Sterne außerhalb solcher Haufen.“

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Der offene Sternhaufen Messier 67 enthält Sterne von etwa der gleichen Masse und dem gleichen Alter wie die Sonne. © ESO/Digitized Sky Survey 2

Wie die Astronomen erklären, steht dies im völligen Gegensatz zu früheren Ergebnissen: „Noch vor wenigen Jahren war kein einziger heißer Jupiter in offenen Sternhaufen bekannt“, sagt Koautor Luca Pasquini von der ESO. „In drei Jahren hat sich das Denkmuster stark verändert – von einem vollständigen Nichtvorhandensein hin zu einem Überschuss solcher Planeten!“

Liegt es an den Sternen?

Was aber ist der Grund für diesen Überschuss? Eine Erklärung wäre, dass es im Sternhaufen besonders viele massereiche Sterne gibt. Denn ihre Anziehungskraft könnte dann ausreichen, um dichte Gas- und Staubwolken um sich zu ballen. In diesen wiederum gäbe es dann genügend Materie für die Bildung großer Gasplaneten.

Doch das ist bei Messier 67 und vor allem bei den Zentralsternen der drei heißen Jupiter nicht der Fall: „Diese Sterne haben alle etwa die Masse der Sonne, was ziemlich gut zu den Zentralsternen der bisher außerhalb solcher Haufen entdeckten hießen Jupiter passt“, berichten Brucalassi und ihre Kollegen. Auch Zusammensetzung und Alter der Sterne liefert keine Erklärung für den Überschuss, denn auch darin ähneln sie der Sonne.

Im Gedränge aus der Bahn geworfen

Was aber ist dann die Erklärung? Die Astronomen vermuten, dass die interstellare Umgebung der Grund für den Überschuss der heißen Jupiter sein könnte. Denn der gängigen Theorie nach können jupitergroße Gasriesen nicht in ihren engen Orbits entstanden sein. Stattdessen müssen sie sich weiter entfernt von ihren Sternen gebildet haben.

In ihre heutigen Orbits gelangten die Gasriesen dann erst durch nachträgliche Störungen, wie beispielsweise Schwerkrafteinflüsse vorbeiziehender Sterne oder durch Fast-Kollisionen mit anderen Protoplaneten. Und genau solche Störungen, so die Vermutung der Forscher, könnte es in den dicht bevölkerten Sternhaufen häufiger geben als sonst.

„Simulationen zeigen, dass ein Planetensystem in einer beengten Geburtsumgebung durch stellare Begegnungen und Schwerkraft-Wechselwirkungen stark destabilisiert werden kann“, so berichten Brucalassi und ihre Kollegen. Das wiederum würde die Bildung heißer Jupiter begünstigen.“ Möglicherweise spiele auch der relativ hohe Anteil von Doppelsternen in Messier 67 eine Rolle – den auch ihr Einfluss könnte die jungen Jupiter aus ihrer Bahn geworfen haben. (Astronomy & Astrophysics, in press)

(ESO, 20.06.2016 – NPO)

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