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Astronomie

Steht Beteigeuze vor der Explosion?

Ein ungewöhnlich starkes Abdimmen des Roten Überriesen gibt Astronomen Rätsel auf

Beteigeuze (Ilustration)
Der Rote Überriese Beteigeuze hat sich in den letzten Woichen ungewöhnlich schnell und stark verdunkelt – dies ist sogar mit bloßem Auge erkennbar. © ESO/L. Calcada

Mysteriöse Abdunklung: In den letzten Wochen hat Beteigeuze, der linke Schulterstern des Sternbilds Orion, drastisch an Helligkeit verloren – dies ist sogar mit bloßem Auge sichtbar. Dieses Abdimmen könnte ein Vorzeichen für eine baldige Supernova dieses Sterns sein – dies wäre ein einzigartiges Himmelsschauspiel. Möglich wäre aber auch, dass Beteigeuze im Moment enorme Staubwolken ausschleudert.

Beteigeuze ist einer der hellsten Sterne an unserem Nachthimmel – kein Wunder: Der nur 650 Lichtjahre entfernte Rote Überriese hat den rund 700-fachen Durchmesser der Sonne und eine im sichtbaren Licht zehntausendmal größere Leuchtkraft. Als Roter Überriese nähert sich Beteigeuze zudem dem Ende seines Lebenszyklus. Er könnte irgendwann in den nächsten 100.000 Jahren in einer Supernova explodieren – möglicherweise sogar mit einer zweifachen Explosion.

Beteigeuze
Aufnahme von Beteigeuze mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA). © ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)/ E. O'Gorman/ P. Kervella

Abdunkeln sogar mit bloßem Auge sichtbar

Doch jetzt haben Astronomen ein ungewöhnliches Verhalten des Überriesen beobachtet. Seit Oktober 2019 hat Beteigeuze drastisch an Helligkeit verloren: „Bei seiner durchschnittlichen Maximal-Leuchtkraft ist Beteigeuze der sechst- bis siebthellste Stern am Himmel“, berichtet Edward Guinan von der Villanova University in Pennsylvania. „Aber seit Mitte Dezember 2019 ist der Stern auf den 21. Helligkeitsrang abgerutscht.“

Zwar sind periodische Helligkeitsschwankungen für Beteigeuze durchaus normal. Im aktuellen Fall aber dunkelt sich der Stern weit schneller und stärker ab als üblich. Von 0,3 bis 0,4 Magnituden dimmte der Überreise bis auf 1,289 Magnituden ab, gleichzeitig sank seine Temperatur um gut 100 Grad. „Er wird immer dunkler und dies über das bekannte Maß hinaus“, berichtet Guinan. „Wir haben Beteigeuze noch nie so leuchtschwach gesehen.“

Diese Veränderung ist sogar mit bloßem Auge am Himmel sichtbar: Normalerweise ist Beteigeuze einer der hellsten Sterne im Orion, jetzt ist er dunkler als der normalerweise weit lichtschwächere Kniestern des Orion, Rigel.

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Vorzeichen für eine Supernova?

Was aber ist der Grund? Eine Möglichkeit wäre, dass Beteigeuze auf eine Supernova zusteuert. Denn diese kann sich durch starkes Ausdehnen, verbunden mit einer Helligkeitsabnahme ankündigen. Wie kurz vor der Explosion dieses Abdunkeln aber auftritt, ist bislang unklar. „Es gab bisher keine wirklich genauen Beobachtungen von Supernovae vor ihrer Explosion“, erklärt Guinan. Ob dieses Abdunkeln daher Jahre oder Stunden vorher auftritt und ob es überhaupt beobachtbar wäre, ist strittig.

Sollte Beteigeuze jedoch in naher Zukunft explodieren, wäre dies ein nicht zu übersehenes Himmelsschauspiel. Denn der Rote Riesenstern würde wochenlang so hell strahlen als der Vollmond, wie die Astronomen erklären. „Er wäre so hell, dass man kaum noch andere Sterne in seiner Nähe erkennen könnte“, sagt Guinan. Es wäre die der Erde nächste und hellste Supernova, die jemals beobachtet wurde.

Oder doch nicht?

Doch kündigt das Abdunkeln tatsächlich die baldige Supernova an? Viele Astronomen, darunter auch Guinan, sind eher skeptisch. „Ich glaube nicht, dass Beteigeuze explodieren wird“, so Guinan. Zwar sei ein starkes Abdunkeln durchaus ein mögliches Vorzeichen für eine Explosion, aber es gebe auch andere Prozesse, die die ungewöhnliche Helligkeitsabnahme erklären könnten. „Ich hoffe zwar, dass Beteigeuze explodiert, würde aber nicht darauf wetten“, sagt Guinan.

So könnte Beteigeuze ungewöhnliche große Mengen an Staub ausgeschleudert haben, die nun sein Licht abdimmen. Möglich wäre auch, dass die zunehmende Instabilität des Überriesen zu starken Dichteschwankungen in seinem Inneren führt. Dadurch könnte sich die normale Lichtschwankung des Sterns verstärken, so eine weitere Vermutung der Astronomen.

„Natürlich könnten wir damit auch völlig falsch liegen“, kommentierte Sarafina Nance von der University of California in Berkeley gegenüber Space.com. „Wenn Beteigeuze doch explodiert und wir Unrecht hatten, dann wäre das wunderbar – ich wäre begeistert, dieses Schauspiel zu sehen.“

Verstärkt unter Beobachtung

In jedem Falle steht Beteigeuze nun unter verstärkter Beobachtung der Astronomen. Denn als uns naheliegendster Supernova-Kandidat kann jedes ungewöhnliche Verhalten dieses Sterns wertvolle Einblicke in die stellaren Prozesse kurz vor einer solchen Explosion liefern – eine Phase, über die bislang kaum etwas bekannt ist. „Unsere Modelle sind hier unvollständig“, erklärt Nance. „Wir wissen nicht, was passieren wird.“

Neben vielen erdbasierten Teleskopen werden die Astronomen in den nächsten Wochen auch das Weltraumteleskop Hubble einsetzen, um Beteigeuze näher überwachen. Möglicherweise geben seine scharfen Optiken mehr Aufschluss darüber, was auf dem nahen Überriesen vor sich geht. „Die ersten Ergebnisse sollte wir bald bekommen“, sagt Guinan.

Quellen: Astronomers Telegram, Livescience, MIT, NPR

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