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Raumfahrt

Sojus: Flug zur ISS abgebrochen

Notlandung der Crew nach Problemen mit der zweiten Brennstufe

Die Sojus beim Start in Baikonur - noch scheint alles normal. Doch gut zwei Minnten nach dem Start wurde ein Not-Abbruch eingeleitet. © NASA

Fehlstart in Baikonur: Zwei Minuten nach dem Start musste gestern der Flug einer Sojus-Kapsel zur Raumstation ISS abgebrochen werden. Nach Abtrennung der ersten Brennstufe leitete die Kapsel die automatische Notlandung ein. Die beiden Astronauten an Bord, der US-Amerikaner Nick Hague und der Russe Alexej Owtschinin, sind wohlbehalten gelandet. Die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos hat alle Sojus-Starts abgesagt, bis die Ursache der Panne gefunden ist.

Die russischen Sojus-Raketen sind die Arbeitspferde der bemannten Raumfahrt – und seit Ende des US-amerikanischen Space-Shuttle-Programms die einzigen Raumfahrzeuge, die Astronauten zur Internationalen Raumstation ISS transportieren können. Auch Astronauten der NASA und der europäischen Raumfahrtagentur ESA fliegen mit der Sojus in den Orbit. Für sie alle ist die russische Raumfähre Transporetmittel und Rettungskapsel zugleich.

Abbruch nach zwei Minuten und 45 Sekunden

Doch am 11. Oktober, ging erstmals seit langer Zeit ein bemannter Sojus-Flug schief. Zunächst schien alles ganz normal zu laufen: Um 11:40 Uhr Moskauer Zeit hob die Trägerrakete mit der Sojus-Kapsel ab. An Bord waren der NASA-Astronaut Nick Hague und sein russischer Kollege Alexej Owtschinin. Beide sollten die zurzeit nur dreiköpfige ISS-Besatzung um den deutschen Astronauten Alexander Gerst verstärken.

Die erste Brennstufe der Trägerrakete zündete wie geplant und bis zu ihrer Abtrennung verlief der Staert der Sojus wie geplant. „Etwa zwei Minuten nach dem Start gab es jedoch eine anomale Signatur mit der Sojus“, berichtet Kenny Todd, NASA-Operationsmanager der ISS. Die zweite Brennstufe hatte offenbar ein Problem und zündete nicht ordnungsgemäß. „Problem mit Triebwerk, zwei Minuten 45 Sekunden“, meldete der Kosmonaut Owtschinin an das Kontrolzentrum.

Nach Abtrennung der ersten Brennstufe kam es zum automatischen Abbruch © NASA

Erst schwerelos, dann sechs bis acht G

Unmittelbar darauf löste der Bordcomputer der Sojus den automatischen Abbruch des Fluges ein und sprengte die Kapsel mit der Crew von der Rakete ab. „Das ist eine Standardprozedur, bei der das Crew-Modul von der Rakete getrennt wird. Dieses führt dann eine sogenannte ballistische Landung durch“, erklärt Todd. Die Sojus-Kapsel flog von der Erdschwerkraft getrieben in einem Bogen der Erdoberfläche entgegen, kurz vor dem Aufprall löste der Bremsfallschirm aus und dämpfe die Landung.

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„Für die Crew war das in dem Moment sicher ein kleiner Schock. Sie hatten eine kurzen Moment der Schwerelosigkeit, bevor die G-Kräfte sich aufbauten und dann der Fallschirm ausgelöst wurde“, beschreibt der leitenden NASA-Astronaut Reid Wiseman die Situation aus Sicht der Crew. Wie er erklärt, wird die Kapsel bei einem solchen automatischen Abbruch in langsame Rotation versetzt, um dem Modul beim Eintritt in die dichteren Atmosphärenschichten Flugstabilität zu verleihen.

Wohlbehalten gelandet

Durch die Fallbeschleunigung wirken vor dem Auslösen des Fallschirms sechs bis achtfache Erdschwerkraft auf die Astronauten ein. Das sei nicht angenehm, aber für die Crew aushaltbar. „Wir sind für einen solchen Abbruch gut trainiert. Natürlich freuen wir uns nicht über so etwas, aber wir sind darin geschult, ein solchers Ereignis jederzeit zu erwarten“, erklärt Wiseman.

Etwa 34 Minuten nachdem der Abbruch eingeleitet worden war, landeten Hague und Owtschinin wohlbehalten in der kasachischen Steppe. „Der Ort der Notlandung ist uns allen vertraut, weil dies die Landestelle ist, an der auch reguläre Missionen ankommen“, so Wiseman. Hague und Owtschinin wurden nach der Landung für medizinische Untersuchungen in ein Krankenhaus gebracht, waren aber unversehrt. Inzwischen sind sie wieder nach Baikonur zurpückgekehrt.

Lief anders als geplant: Übertragung vom Start der Sojus-M10 am 11. Oktober 2018© NASA

Wie geht es nun weiter?

Die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos hat vorerst alle Sojus-Flüge auf Eis gelegt und wird nun nach der Ursache der Fehlfunktion suchen. „Wenn so etwas passiert, berufen unsere russischen Kollegen typischerweise ein Komission ein, deren Aufgabe es ist, genau zu verstehen, was passiert ist“, erläutert ISS-Manager Todd. WIe lange dies dauern werde, sei noch unklar.

Betroffen von dem Sojus-Ausfall ist auch die aktuelle Besatzung der Raumstation ISS unter dem Kommandant Alexander Gerst. Ihre Rückkehr zur Erde ist für Mitte Dezember 2018 geplant. „Das

gibt unseren russischen Kollegen zwei bis drei Monate, in denen sie versuchen werden, das Problem zu diagnostizieren und eine Lösung zu finden“, erklärt Todd. Ob dann der Flug plangemäß stattfinden kann, ist noch offen. „Wir erwarten aber keine Probleme für die ISS-Besatzung „, so der ISS-Manager.

ISS: Keine Gefahr für die Crew, aber EVA-Ausfall möglich

In jedem Fall bleibt der ISS-Besatzung die Möglichkeit, die ständig an der ISS angedockte Sojuskapsel als „Rettungsboot“ zu nutzen. Theoretisch könnte sie daher verwendet werden, um die drei Astronauten zur Erde zurückzubringen. „Wir werden aber auf jeden Fall nach Wegen suchen, um die Station nicht ohne Mannschaft lassen zu müssen“, betont Todd. Zudem sehen die Sicherheitsvorschriften vor, dass auch die Ersatzkapsel nicht länger als sechs Monate im All bleiben darf, bevor sie ausgetauscht wird.

Fraglich ist nun allerdigns, ob die geplanten Außeneinsätze der ISS-Crew durchgeführt werden: „Wir müssen nun schauen, welche Pläne noch sinnvoll sind und ob und wie wir die EVAs durchführen“, erklärte Todd. Denn einer der beiden nun am Boden geblieben Astronauten war für diese Außeneinsätze eingeplant. Zudem stellt jeder dieser Einsätze ein erhöhtes Risiko für Station und Crew dar.

(NASA, 12.10.2018 – NPO)

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