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Evolution

Sind wir ein Einzelfall im All?

Studie beziffert Chance für die Entstehung von einfachem und intelligenten Leben

intelligentes Leben
Wie wahrscheinlich ist die Entwicklung von intelligentem Leben auf einem erdähnlichen Planeten? © Amanda Carden

Wie wahrscheinlich ist die Entstehung von intelligentem Leben unter erdähnlichen Bedingungen? Das hat jetzt ein US-Astronom mithilfe einer virtuellen Zeitreise untersucht. Sein Ergebnis: Unter erdähnlichen Bedingungen entwickeln sich einfache Organismen sehr häufig und rasch – das könnte auch für andere Planeten gelten. Für intelligente Lebensformen aber stehen die Chancen nur 3 zu 2. Die irdische Evolution hätte demnach leicht auf niedriger Stufe enden können.

Schon Winston Churchill hielt die Existenz außerirdischen Lebens für durchaus wahrscheinlich und der US-Astronom Frank Drake lieferte schon in den 1960er Jahren eine Formel, mit der man die Zahl außerirdischer Zivilisationen in unserer Galaxie ausrechnen kann. Doch trotz intensiver Suche mit Teleskopen, den Antennen des SETI-Projekts und Raumsonden haben Forscher bisher noch nirgendwo im All eindeutige Spuren extraterrestrischer Lebensformen entdeckt.

Wie wahrscheinlich ist die Entstehung von Leben?

Aber warum? Ist unser Planet nur eine seltene Ausnahme und unsere Evolution ein einmaliger Zufall? Oder führen günstige Bedingungen vielleicht doch fast zwangsläufig zu Leben und Intelligenz? Um diese Frage zu klären, hat der Astronom David Kipping von der Columbia University in New York die Uhr kurzerhand zurückgedreht. Mithilfe statistischer Verfahren testete er, wie wahrscheinlich sich die irdische Evolution unter gleichen Ausgangsbedingungen genauso wiederholt hätte.

„Das schnelle Auftauchen erster Lebensformen und die eher späte Entwicklung des Menschen scheinen auf eine Gesetzmäßigkeit hinzudeuten“, erklärt Kipping. „Aber mit dieser Studie können wir das quantifizieren.“ Mikrofossilien sprechen dafür, dass es auf der Erde schon vor 3,5 Milliarden Jahren erste Organismen gab. Einschlüsse von Kohlenstoff in Zirkonkristallen könnten sogar auf eine Lebensentstehung schon vor vier Milliarden Jahren hinweisen.

Erdgeschichte in Dauerschleife

Das Zeitfenster für die Evolution erstreckt sich demnach von der Zeit vor rund vier Milliarden Jahren bis zu dem Zeitpunkt, an dem unsere Sonne sich aufzublähen beginnt und die Erde zu heiß und trocken wird für höheres Leben. Kipping nutzte diese Eckdaten, um mithilfe der Bayesschen Statistik zu ermitteln, wann und wie häufig sich Leben und intelligentes Leben entwickelt, wenn man Erdgeschichte bei gleichen Ausgangsbedingungen wieder und wieder durchspielt.

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„Diese Methode ist vergleichbar mit den Wahrscheinlichkeiten beim Wetten“, erklärt Kipping. „Sie erlaubt ein wiederholtes Testen ausgehend von bestehenden Daten. Im Prinzip ist es wie eine positive Rückkopplungsschleife, die die Schätzung der Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses immer weiter verfeinert.“

Chance für einfaches Leben gut, für intelligentes weniger

Das Ergebnis: Die Chance, dass sich unter erdähnlichen Bedingungen sehr schnell einfaches Leben entwickelt, liegt bei mindestens 3 zu 1. Legt man den Zirkonwert von vier Milliarden Jahren für die ersten Lebensspuren zugrunde, steigt die Wahrscheinlichkeit sogar auf 9 zu 1, wie Kipping erklärt. „Unsere Wettchancen auf eine schnelle Abiogenese gegenüber einer langsamen und raren Entwicklung liegen daher besser als 3 zu 1“, so der Forscher.

Anders sieht dies allerdings für intelligentes Leben aus: Nimmt man unsere eigene Evolution als Vorbild, scheinen Kulturen und Zivilisationen erst sehr spät in der Evolution zu entstehen, wie Kipping erklärt. In unserem Fall dauerte es immerhin mehr als 3,7 Milliarden Jahre bis nach den ersten Einzellern die Vormenschen entstanden. Bis zu den ersten Hochkulturen vergingen sogar fast vier Milliarden Jahre.

Das bedeutet: Die Chancen für die Entwicklung intelligenten Lebens im bewohnbaren Zeitfenster der Erde liegen bei nur 3 zu 2. Denn auch wir sind quasi erst „kurz vor Toresschluss“ auf die Bühne getreten. „Wenn wir die Erdgeschichte nochmal ablaufen ließen, wäre die Entwicklung von Intelligenz daher keineswegs unabdingbar“, sagt Kipping.

Suche nach Außerirdischen lohnt sich trotzdem

Für unsere Suche nach außerirdischem Leben heißt das: Wenn ein Planet ähnlich lebensfreundliche Bedingungen bietet wie unsere Erde, müsste er auch relativ schnell von einfachen Organismen bevölkert sein. Denn dafür würde schon ein Zeitfenster von weit weniger als einer Milliarde Jahre nach Entstehung des Planeten reichen. „Die Wette auf ein Universum voller Leben steht daher ganz gut“, so Kipping.

Für die Suche nach extraterrestrischen Intelligenzen und Zivilisationen allerdings stehen die Chancen schlechter. Denn damit solche Außerirdischen sich entwickeln können, muss ein Planet weit länger lebensfreundlich und stabil bleiben – und selbst dann kann dieser Evolutionsschritt ausbleiben. Aber immerhin stehen die Chancen für ET und Co 3:2. „Die Suche nach intelligentem Leben anderswo im All sollte sich daher auf keinen Fall davon entmutigen lassen“, betont Kipping. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2020; doi: 10.1073/pnas.1921655117)

Quelle: Columbia University

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