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Astronomie

Schwarze Löcher im Todestanz entdeckt

Astronomen finden zwei supermassereiche Schwarze Löcher kurz vor der Verschmelzung

Zwei supermassereiche Schwarze Löcher im Todestanz © NASA/JPL

Astronomen haben einen extrem seltenen Fund gemacht: Im Herzen einer fernen Galaxie entdeckten sie Indizien dafür, dass dort zwei supermassereiche Schwarze Löcher vor der Verschmelzung stehen. Der Jet des einen ist bereits zickzackförmig verbogen und die Materiescheibe verklumpt. Dass Galaxienkerne verschmelzen können, wird schon lange theoretisch vorhergesagt. In flagranti ertappt haben Forscher aber bisher nur sehr wenige.

Im Herzen fast jeder größeren Galaxie sitzt ein extrem massereiches Schwarzes Loch – auch im Zentrum unserer Milchstraße. Sagittarius A* hat immerhin rund vier Millionen Sonnenmassen, andere sind sogar noch weitaus massereicher. Sind diese Schwarzen Löcher aktiv, erzeugen sie weit ins All hinaus strahlende Jets aus Strahlung und energiereichen Teilchen. Theoretisch gibt es zwei Möglichkeiten, wie ein Schwarzes Loch zu einer solchen Größe heranwachsen kann: indem es im Laufe der Zeit besonders viel Materie verschlingt oder aber, indem zwei kleinere Singularitäten miteinander verschmelzen.

Todesspirale im Galaxienkern

Dies kann beispielsweise geschehen, wenn zwei Galaxien kollidieren und ihre Schwarzen Löcher sich dabei nahe kommen. Computersimulationen zeigen, dass sich beide Schwarzen Löcher zunächst längere Zeit in wenigen tausend Lichtjahren Entfernung umkreisen. Bisher haben Astronomen einige solcher Beispiele für diese frühe Phase der Verschmelzung ausfindig gemacht. Dann kommen sich die beiden Partner allmählich näher, bis nur noch wenige Lichtjahre sie trennen.

Erst danach bewegen sie sich spiralig weiter aufeinander zu und verschmelzen dann schließlich zu einem einzigen großen Schwarzen Loch. Weil die beiden Singularitäten in der späten Phase der Vereinigung sehr nah beieinander stehen, ist es extrem schwierig, sie zu identifizieren. Vor allem wenn sie weiter entfernt sind, erscheinen sie auf den ersten Blick oft als nur ein Schwarzes Loch. Entsprechend wenige Kandidaten für diese Phase wurden bisher gefunden.

Jetzt aber ist ein glücklicher Zufall den Astronomen zu Hilfe gekommen: Chao-Wei Tsai vom Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena und seine Kollegen sahen Aufnahmen von aktiven Galaxienkernen durch, die das Weltraumteleskop WISE (Wide-field Infrared Survey Explorer) der NASA in den vergangenen Jahren gemacht hatte. Dabei fiel ihnen eine seltsame Galaxie in 3,8 Milliarden Lichtjahren Entfernung auf: „Zuerst dachten wir, dass ihre ungewöhnlichen Eigenschaften bedeuten, dass sie Sterne in besonders hohem Tempo produziert“, erklärt Tais Kollege Peter Eisenhardt.

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Zickzack-Jet und klumpige Scheibe

Doch bei näherer Betrachtung im Radiowellenbereich mit dem Australian Telescope Compact Array zeigte sich, dass der Galaxienkern einen Jet aussendet. Dieser ist allerdings nicht kerzengerade, wie bei Schwarzen Löcher üblich, sondern zickzackförmig verbogen. Nach Ansicht der Forscher könnte dies darauf hindeuten, dass sich im Herzen dieser WISE J233237.05-505643.5 getauften Galaxie zwei Schwarze Löcher kurz vor der Verschmelzung verbergen. „Wir denken, dass hier der Jet des einen Schwarzen Lochs durch das andere gestört wird – das ist wie ein Tanz mit wehenden Schleiern“, so Tsai. Um diesen Effekt zu haben, müssen die beiden Singularitäten sich schon sehr nahe sein und ihre Schwerkrafteffekte miteinander verbunden.

Weitere Beobachtungen im sichtbaren Licht mit dem Gemini South Teleskop in Chile enthüllten weitere Anomalien in diesem Galaxienkern. Unter anderem scheint die Materiescheibe, die eines der Schwarzen Löcher umgibt, ungewöhnlich stark verklumpt zu sein, wie die Forscher berichten. Das könnte ein Indiz dafür sein, dass die Materiescheiben der beiden Singularitäten sich bereits berühren und in Wechselwirkung getreten sind.

„Für uns sieht das ganz nach der Todesspirale zweier verschmelzender Schwarzer Löcher aus“, konstatiert Eisenhardt. Für einen endgültigen Beweis seien die Aufnahmen zwar noch nicht klar genug. Es sei aber die einfachste und naheliegendste Erklärung für die jetzt beobachteten Anomalien und Phänomene, so die Forscher. Beide Schwarzen Löcher müssen sich ihrer Ansicht nach schon sehr nahe sein, wie groß der Abstand aber genau ist, lässt sich aus den bisherigen Daten nicht ermitteln. Klar scheint aber, dass WISE J233237.05-505643.5 der bisher vielversprechendste Kandidat für zwei gerade verschmelzende Löcher ist. (Astrophysical Journal, in press; arXiv:1310.2257)

(NASA/JPL, 04.12.2013 – NPO)

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