Anzeige
Raumfahrt

Russischer Satellitenabschuss gefährdet ISS

Antisatelliten-Test erzeugt neue Trümmerwolke im niedrigen Erdorbit

ISS
Die Internationale Raumstation ISS ist wegen der neuen Trümmerwolke in den Alarmzustand versetzt. Aber auch die chinesischen Raumstation sowie Satelliten sind potenziell gefährdet. © NASA

Neue Schrottwolke im Orbit: Russland hat im Rahmen eines Anti-Satellitentests einen der eigenen Satelliten abgeschossen – und eine Wolke von tausenden Schrotteile im niedrigen Erdorbit erzeugt. Wegen der Gefahr von Kollisionen musste die Internationale Raumstation ISS in Alarmzustand versetzt werden. Die Astronauten verbrachten mehrere Stunden in der für Evakuierungen gedachten Raumkapsel. Die Trümmerwolke wird noch Jahre im Orbit kreisen.

Eigentlich sind die Folgen lange klar: Wird ein Satellit oder anderes Bauteil im Orbit zerstört, zieht dies eine Trümmerwolke nach sich, die sich rund um den Globus verteilt. Dies passierte unter anderem 2007 nach dem Test einer Antisatelliten-Rakete durch China und 2015 durch die Explosion eines US-Satelliten. Beide hinterließen zehntausende Partikel von Weltraumschrott, die bis heute im Orbit kreisen. Wegen der hohen Geschwindigkeiten in der Umlaufbahn kann selbst ein wenige Zentimeter großes Trümmerteil Satelliten und Raumstationen schädigen oder sogar zerstören – ungeachtet ihrer nationalen Zugehörigkeit.

Abschuss eines alten Satelliten erzeugt Trümmerwolke

Trotzdem hat nun Russland erneut einen Antisatelliten-Test (ASAT) durchgeführt – ohne Rücksicht auf die Folgen für alle Raumfahrtnationen und ohne Ankündigung. Mit einer Rakete wurde dabei der im niedrigen Erdorbit kreisende russische Satellit Cosmos-1408 zerstört. Entdeckt wurde dies erst, als die US-Flugüberwachung am Montag eine ganze Wolke von Trümmerteilen gefährlich nahe an der Flugbahn der Station meldete.

„Dieser Test hat bisher mehr als 1.500 nachverfolgbare Trümmerteile produziert und wird wahrscheinlich noch hunderttausende kleinere Teilchen erzeugen“, erklärte das US-Außenministerium. „Der von diesem gefährlichen und unverantwortlichen Test erzeugte langlebige Weltraumschrott wird nun zu einer Bedrohung für Satelliten und andere Weltraumobjekte. Zudem erhöht er das Risiko für die Astronauten und Kosmonauten an Bord der Internationalen Raumstation und bei anderen Raumfahrtaktivitäten.“

Raumstation ISS im Alarmzustand

Weil die Schrottwolke sich nahe der Flugbahn der ISS befindet, wurde die Raumstation ISS in den Alarmzustand versetzt. Während der alle 90 Minuten erfolgenden Passage der Raumstation an der Wolke mussten sich Matthias Maurer und seine sechs Crewkollegen in die beiden an der Station angedockten Raumkapseln Dragon und Sojus zurückziehen. Im Falle einer Kollision oder eines größeren Lecks der Raumstation können sie so zur Erde zurückfliegen.

Anzeige

Zur Sicherheit wurden zudem fast alle Schotts zwischen den einzelnen Teilen der Raumstation geschlossen. Nur die Verbindung zwischen dem russischen und dem US-Modul im Kern der Station bleibt offen. Die NASA rechnet damit, dass der Alarmzustand noch eine Weile anhalten wird, auch wenn Modellierungen nahelegen, dass die unmittelbare Kollisionsgefahr vorerst abgenommen hat. „Die NASA wird die Schrottwolke in den kommenden Tagen und darüber hinaus weiter überwachen, um die Sicherheit unserer Crew im Orbit zu gewährleisten“, heißt es in einer Mitteilung.

Gefahr für alle Raumfahrtnationen

In jedem Fall ist klar, dass sich die Menge des Weltraumschrotts im Erdorbit durch diese Aktion drastisch erhöht hat. „Ich bin außer mir über diese unverantwortliche und leichtsinnige Aktion“, sagte NASA-Administrator Bill Nelson in einem Statement. „Trotz seiner langen Tradition in der bemannten Raumfahrt gefährdet Russland damit nicht nur die US-Astronauten und ihre internationalen Partner, sondern auch ihre eigenen Kosmonauten auf der ISS. Diese gefährliche Aktion bedroht zudem die chinesische Weltraumstation und die Taikonauten an Bord.“

Auch die Regierung Großbritanniens hat den russischen Antisatelliten-Test scharf kritisiert: „Diese zerstörerische Test zeigt eine vollständige Missachtung der Sicherheit und Nachhaltigkeit des Weltraums“, sagte der britische Verteidigungsminister Ben Wallace. „Der durch diesen Test erzeugte Weltraumschrott wird noch Jahre im Orbit bleiben und Satelliten und die Raumfahrt gefährden.“

Kritik äußerten auch private Raumfahrtunternehmen: „Wir hatten den chinesischen ASAT im Jahr 2007, der über lange Zeit eine echte Nemesis war. Jetzt sieht es so aus, als wenn wir nochmal so etwas erleben“, sagte Bill Gerstenmaier von SpaceX. „Das können wir wirklich nicht gebrauchen.“

Quelle: NASA, US State Department, Spacenews

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

News des Tages

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Bücher zum Thema

Das NASA-Archiv: 60 Jahre im All - von Piers Bizony, Roger Launius, Andrew Chaikin

Top-Clicks der Woche