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Sonnensystem

Rosetta sieht rätselhafte Staubfontäne

Kamerasystem fängt Ausbruch auf der Nachtseite des Kometen ein

Links: Am 12. März 2015 um 07:13 Uhr sind keine Staubfontänen an der verschatteten Unterseite des Kometen zu sehen. Rechts: Zwei Minuten später zeigt sich deutlich eine Fontäne. © ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA

Rosettas Komet gibt Rätsel auf: Durch einen absoluten Glücksfall hat Rosettas Kamerasystem eine neu entstandene Staubfontäne abgelichtet. Überraschend ist der Ursprung dieser Fontäne: Er liegt auf der dunklen Seite des Kometen, wo Gas und Staub normalerweise nicht so heftig austreten. Den Forschern liefern die glücklichen Schnappschüsse neue Hinweise zur Entstehung der leuchtenden Gas- und Staubhülle um den Kometen.

Die Aktivität des Rosetta-Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko hat in den vergangenen Wochen stetig zugenommen. Je wärmer der Kometenkern auf seiner Reise in Richtung Sonne wird, umso mehr gefrorenes Gas verdunstet von seiner Oberfläche und reißt Staubteilchen mit sich. Mittlerweile hüllt sich der Kern in eine dichte Koma aus Staub und Gas. Vor allem von der sonnenbeschienenen Tagseite des Kometen strömen ständig Staubfontänen ins All.

„Absoluter Zufallsfund“

Ein besonderer Glücksfall sorgte nun für eine Überraschung auf der Nachtseite des Kometen: Rosettas OSIRIS-Kamerasystem schaute zur richtigen Zeit auf den richtigen Ort und fing aus einer Entfernung von 75 Kilometern das Bild einer Staubfontäne genau im Moment ihrer Entstehung ein. „Dies war ein absoluter Zufallsfund“, freut sich Holger Sierks vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen. „Noch niemals zuvor ist jemand Zeuge davon geworden, wie eine Staubfontäne erwacht. Es ist unmöglich, eine solche Aufnahme zu planen.“

Die beiden nun veröffentlichten Bilder stammen bereits vom 12. März 2015. In der ersten Aufnahme von 07:13 Uhr umrahmen mehrere Staubfontänen strahlenartig die obere, von der Sonne beleuchtete Kometenseite. Die dunkle Unterseite zeigt keinerlei solche Strukturen. Zwei Minuten später hat sich das Bild geändert: Ein Fontäne, aufgefächert in eine deutlich erkennbare Feinstruktur, ist an der Unterseite entstanden.

Rätselhafter Auslöser

Der Ursprung der neugeborenen Staubfontäne an der verschatteten Unterseite des Kometen, nahe der Mitte der Imhotep-Region, erstaunt die Wissenschaftler. „In diesen Aufnahmen sehen wir die Imhotep Region kurz vor dem Morgengrauen“, erklärt Jean-Baptiste Vincent vom MPS. „Es ist möglich, dass die ersten Sonnenstrahlen dort bereits auf einige Klippen oder Vorsprünge treffen, die Rosetta von ihrem Blickwinkel aus nicht sehen kann.“

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Auslöser der Staubfontäne könnte aber auch eine andere, explosivere Art der Kometenaktivität sein. Eine Hitzewelle könnte gefrorene Gase erreicht haben, die unter der Oberfläche des Himmelskörpers verborgen sind. Beide Modelle der Aktivität können die Forscher nun anhand der neuen Aufnahmen testen. Auch die Geschwindigkeit der Staubteilchen konnten sie auf etwa acht Meter pro Sekunde bestimmen.

Am 30. April 2014 reichte die Koma des Kometen (heller Fleck rechts der Bildmitte) etwa 1300 Kilometer ins All. Für die Nahaufnahme auf der rechten Seite wurde eine lange Abfolge von Bildern aufgenommen (Belichtungszeit je 10 Minuten) und übereinandergelegt. Das linke Bild zeigt die Bewegung des Kometen gegen den Sternenhintergrund zwischen dem 27. März und dem 4. Mai 2014. © ESA/Rosetta/MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA

Langlebig oder kurzer Ausbruch?

Nach 07:17 Uhr konnte OSIRIS die neu entstandene Staubfontäne nicht weiter beobachten. Die Region Imhotep war schon bald voll beleuchtet. In der nun überbelichteten Koma ließen sich einzelne Staubfontänen nicht mehr ausmachen. Es ist deshalb unklar, ob Rosetta die Geburtsstunde einer kontinuierlichen Fontäne miterlebt hat oder bloß einen kurzzeitigen Ausbruch.

„Normalerweise sind die Staubfontänen von 67P recht langlebig“, sagt Vincent, der die Aktivität des Kometen in den vergangenen Monaten verfolgt und untersucht hat. „Die meisten von ihnen sind eine halbe Kometenumdrehung lang zu sehen, bis ihre Ursprungsregion die Nachtseite erreicht. In der nächsten Umdrehung tauchen sie dann wieder auf“, fügt er hinzu.

Die Wissenschaftler glauben dennoch, dass auch eruptive Ausbrüche auftreten können. Einer von ihnen könnte die ersten Anzeichen einer Kometenkoma am 30. April 2014 erzeugt haben. Zu diesem Zeitpunkt erstreckte sich die Koma über 1.800 Kilometer – und verschwand nach einigen Wochen wieder.

(Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, 21.04.2015 – AKR)

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