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Sonnensystem

Rosetta-Mission findet „meistgesuchtes“ Molekül

Molekularer Stickstoff in der Gashülle von 67P/Churyumov-Gerasimenko

Gas und Staub steigen von "Churys" Oberfläche auf, während sich der Komet dem sonnennächsten Punkt auf seiner Umlaufbahn nähert. © ESA/Rosetta/NAVCAM

Ein fehlendes Puzzleteil: Mit der Kometensonde Rosetta haben Forscher den lange gesuchten molekularen Stickstoff in der Gashülle von 67P/Churyumov-Gerasimenko nachgewiesen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse liefern wichtige Hinweise zur Entstehung unseres Sonnensystems: Kometen wie „Chury“ sind demnach nicht für den Stickstoff auf der Erde verantwortlich, schreiben die Wissenschaftler im Journal „Science“.

In der Erdatmoshäre stellt Stickstoff mit rund 80 Prozent den Hauptbestandteil. Das Gas liegt vor allem als molekularer Stickstoff (N2) vor. Stickstoff in dieser Form kommt aber nicht nur auf der Erde vor, sondern auch in anderen Regionen des Sonnensystems: Die Oberfläche des Zwergplaneten Pluto und des Neptunmondes Triton enthalten ebenfalls N2. Wissenschaftler nehmen an, dass dieses stabile Molekül die häufigste Form des Stickstoffs war, während das Sonnensystem entstand.

Blick in die Frühzeit des Sonnensystems

Anhand des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko (Chury) wollen Astronomen mit Hilfe der Sonde Rosetta einen Blick in diese Frühzeit des Sonnensystems werfen. Kometen gelten als Überbleibsel aus dieser Phase, und sie könnten auch bei Einschlägen Stickstoff auf die junge Erde gebracht haben.

Das Eis des Kometen kann jedoch nur sehr wenig N2 einfangen und speichern. „Obwohl man annimmt, dass Kometen wie 67P/Churyumov-Gerasimenko in derselben Region wie Triton und Pluto entstanden sind, war es bisher nicht möglich, den molekularen Stickstoff in ihnen nachzuweisen“, sagt Martin Rubin von der Universität Bern. Die Forscher bezeichnen N2 darum auch als das „meistgesuchte Molekül“ in der Kometenhülle.

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Genau dieser Nachweis ist Rubin und seinem Team aber nun in der Gashülle von Chury gelungen. Das Massenspektrometer ROSINA an Bord von Rosetta hat ein so hohes Auflösungsvermögen, dass es auch noch Moleküle mit beinahe gleicher Masse unterscheiden kann – so wie etwa Kohlenmonoxid und N2. Bisherige Instrumente waren dazu noch nicht in der Lage. „Es ist eine große Genugtuung, dass ein Instrument, das vor mehr als 20 Jahren geplant und gebaut wurde, endlich genau die Daten liefert, auf die man so lange gewartet hat“, sagt Rubin.

Irdischer Stickstoff nicht von Kometen

Die Messungen des molekularen Stickstoffs im von Chury ausgestoßenen Gas deuten darauf hin, dass der Komet in einer sehr kalten Region unseres Sonnensystems entstand. Als Quelle für den Stickstoff auf der Erde sind solche Kometen unwahrscheinlich: „Die Menge an molekularem Stickstoff, den Kometen wie Chury zur Erde gebracht haben können, ist viel geringer als die anderer stickstoffhaltiger Moleküle wie Ammoniak“, sagt Kathrin Altweggvon der Universität Bern.

Ihrer Meinung nach ist dies ein weiteres Indiz dafür, dass Kometen aus der Jupiter-Familie, der auch Chury angehört, weder für das irdische Wasser noch für Gase wie N2 die Hauptquelle sein dürften. „Wie die Herkunft des Wassers, war der fehlende molekulare Stickstoff in Kometen eine der offenen Fragen der Giotto Mission zum Kometen 1P/Halley vor fast 30 Jahren“, erklärt Altwegg.

„Das Puzzle ist noch nicht komplett“

Rosetta-Forscher Matt Taylor von der ESA nennt die Entdeckung des molekularen Stickstoffs „ein weiteres Puzzle-Teilchen“ bei der Untersuchung darüber, welche Rolle Kometen der Jupiter-Familie bei der Entwicklung unseres Sonnensystems spielten. „Aber das Puzzle ist damit bei weitem noch nicht komplett“, fügt er hinzu.

Bis Chury und seine Begleiterin Rosetta den sonnennächsten Punkt in der Umlaufbahn des Kometen erreichen, dauert es noch etwa fünf Monate. Die Zusammensetzung der dabei austretenden Gase könnte sich ändern und den Wissenschaftlern noch weitere Hinweise auf die Vergangenheit des Kometen liefern. (Science, 2015; doi: 10.1126/science.aaa6100)

(Universität Bern, 20.03.2015 – AKR)

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