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Astronomie

Ring aus Dunkler Materie entdeckt

Galaxiencluster liefert bisher stärkstes Indiz für Existenz der rätselhaften Materieform

Geisterhafter Ring aus Dunkler Materie im Galaxiencluster Cl 0024+17. © NASA, ESA, M.J. Jee and H. Ford (Johns Hopkins University)

Einen geisterhaften Ring aus Dunkler Materie haben Astronomen mithilfe des Weltraumteleskops Hubble entdeckt. Er entstand wahrscheinlich vor langer Zeit in einer titanischen Kollision zweier massereicher Galaxien. Die neue, jetzt im „Astrophysical Journal“ veröffentlichte Entdeckung gilt als das bisher stärkste Indiz für die Existenz der Dunklen Materie.

Schon seit langem vermuten Astronomen die Existenz einer unsichtbaren Substanz im Kosmos. Sie könnte unter anderem erklären, warum Galaxiencluster nicht auseinander fliegen, sondern trotz der scheinbar unzureichenden Anziehungskraft ihrer sichtbaren Sterne verbunden bleiben. Zwar ist bisher nicht bekannt, aus was die Dunkle Materie, dieser unsichtbare „Kitt“, bestehen könnte, aber Hypothesen gehen von einem bisher unbekannten Typ von Elementarteilchen aus. Nach gängiger Lehrmeinung besteht sogar der Großteil der kosmischen Materie aus diesem „dunklen“ Anteil, die sichtbaren Sternen und Planeten machen dagegen nur wenige Prozent der Gesamtmasse aus.

Nachweis über Licht-Verzerrung

Da die Dunkle Materie weder leuchtet noch Licht reflektiert, ist sie jedoch extrem schwer nachzuweisen. Mithilfe eines Tricks, den so genannten Schwerkraftlinsen, versuchen Astronomen daher, zumindest indirekt auf ihr Vorhandensein zu schließen. Dabei nutzen sie aus, dass Licht durch die Schwerkraft großer Massen abgelenkt wird. Indem sie messen, wie stark Licht entfernter Sterne beispielsweise durch einen im Vordergrund vorbeiziehenden Galaxiencluster abgelenkt wird, können sie auf den in diesem Cluster enthaltenen Anteil nicht sichtbarer, Dunkler Materie schließen.

Ein Forscherteam um M. James Jee von der Johns Hopkins Universität nutzten das Weltraumteleskop Hubble, um den rund fünf Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernten Galaxiencluster Cl 0024+17 und den durch ihn verursachten Linseneffekt zu beobachten. Während der Analysen der Dunklen Materie entdeckten die Astronomen eine unerwartete, ringförmige Struktur von rund 2,6 Lichtjahren Durchmesser.

Ring aus Dunkler Materie

„Ich war richtig verärgert, als ich den Ring sah, weil ich dachte, es handele sich um ein Artefakt, das auf einen Fehler in unserer Datenverarbeitung zurückgeht“, erklärt Jee. „Ich konnte meinem Ergebnis kaum glauben. Aber je mehr ich versuchte, den Ring zu beseitigen, desto deutlicher wurde er. Es dauerte mehr als ein Jahr bis ich mich selbst davon überzeugt hatte, dass der Ring real ist. Ich habe schon einige Cluster gesehen, aber noch niemals so etwas.“

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Zum ersten Mal haben Astronomen damit der Dunklen Materie eine eindeutige Struktur zuordnen können, die sich sowohl von der des Gases als auch der Galaxien im Cluster unterscheidet. „Obwohl man auch in anderen Galaxienclustern schon unsichtbare Materie gefunden hat, konnte man noch niemals nachweisen, dass sie so deutlich von der Struktur der sichtbaren Materie abweicht“, erklärt Jee. „Damit können wir jetzt untersuchen, wie sich ihr Verhalten von der normalen Materie unterscheidet.“

„Stau“ der Dunklen Materie erzeugte Ring

Wie aber ist dieser Ring zustand gekommen? Die Astronomen vermuten, dass eine Kollision dieses Cluster vor einer bis zwei Milliarden Jahren dafür verantwortlich sein könnte. Die bereits 2002 entdeckten Spuren einer solchen Kollision und Computersimulationen zeigen, dass bei dem Zusammenprallen zweier Galaxiencluster die Dunkle Materie zunächst in die Mitte des Clusterkomplexes strömt, dann aber wieder nach außen zurückschwappt. Während dieser Auswärtsbewegung wird die Front der Dunklen Materie durch Schwerkraftwirkungen abgebremst. Als Folge staut sie sich auf und ein Ring entsteht.

„Indem wir diese Kollision studieren, sehen wir, wie die Dunkle Materie auf Schwerkraft reagiert“, erklärt Holland Ford, Teamkollege von Jee. „Die Natur führt hier ein Experiment für uns durch, das wir im Labor niemals durchführen könnten. Und es zeigt sich, dass es mit unseren Modellen übereinstimmt.“

(Johns Hopkins University, 18.05.2007 – NPO)

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