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Astronomie

Riesiger UV-Bogen um den Großen Wagen

Kreisbogen aus ultravioletter Strahlung ist eine der größten Strukturen des Nordhimmels

Bogen um Ursa Major
Der neuentdeckte Bogen umfasst 30 Grad am Himmel und scheint Teil eines Rings um das Sternbild Großer Wagen zu sein. © Stellarium.org

Unerkannter Riese: Astronomen haben eine der bislang größten Strukturen des Nordhimmels entdeckt – einen riesigen Bogen aus ultravioletter Strahlung. Dieser dünne, aber rund 30 Grad lange Streifen scheint Teil einer ringförmigen Schockwelle zu sein, die das Sternbild Großer Wagen umgibt. Die Forscher vermuten, dass diese Struktur auf eine Explosion noch unbekannter Natur in rund 600 Lichtjahren Entfernung zurückgeht.

Wer glaubt, unsere kosmische Nachbarschaft sei längst vollständig erkundet und berge keine Überraschungen mehr, der irrt. Denn gerade in den letzten Jahren haben Astronomen am Nachthimmel gleich mehrere zuvor unbekannte Strukturen entdeckt, die teilweise gigantische Ausmaße erreichen. Unter ihnen ist ein 30 Grad des Himmels umfassender Ring aus Gammastrahlenquellen, ein ähnlich großer Ring aus polarisierter Mikrowellenstrahlung und eine gewaltige Welle, die die Milchstraßenebene durchzieht.

„Ich konnte es kaum glauben“

Eine weitere dieser rätselhaften Großstrukturen haben Forscher um Andrea Bracco vom Rudjer Boskovic Institut in Zagreb entdeckt – quasi in unserem galaktischen Hinterhof. Denn es handelt sich um einen dünnen, aber großen Bogen aus ultravioletter Strahlung, der sich um das Sternbild Großer Wagen zieht. Aufgespürt haben sie diesen Ursa-Major-Bogen in Daten des NASA-Weltraumteleskops Galaxy Evolution Explorer (GALEX).

Der im UV-Licht sichtbare Teil dieses Bogens erstreckt sich über 30 Grad des Nordhimmels. Wenn man ihn zu einem Ring vervollständigt, würde er den Großen Wagen komplett umschließen und rund 60 Grad am Himmel umfassen, wie die Astronomen berichten. „Ich konnte kaum glauben, dass eine so riesige Struktur am Himmel noch nicht vorher entdeckt worden ist“, sagt Bracco. „Der Ursa-Major-Bogen ist eine der größten diffusen Strukturen am nördlichen Himmel.“

Ring aus komprimierten Gasen

Tatsächlich hatten Astronomen im Jahr 2001 schon einen kleinen Teil dieses UV-Bogens anhand seiner Emissionslinie im Wasserstoffspektrum beobachtet. Sie berichteten von einem ungewöhnlich geraden und schmalen Filament aus ionisiertem Wasserstoff, das sich 2,5 Grad in Richtung des Sternbilds Großer Wagen erstreckt. „Doch in der Astronomie sieht man fast nie perfekt gerade Linien am Himmel“, erklärt Koautor Robert Benjamin von der University of Wisconsin-Whitewater.

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Deshalb entschloss sich das Team, dieser rätselhaften Beobachtung nachzugehen. Die GALEX-Daten enthüllten nun nicht nur, dass diese Linie Teil eines viel größeren Bogens ist. Ergänzende Beobachtungen mit optischen Teleskopen ergaben auch, dass dieser Ring offenbar aus komprimierten interstellaren Gasen besteht. Sie erzeugen innerhalb der Bogenlinie feine Unterstrukturen.

Schockwelle einer Explosion?

Doch wie ist dieser riesige Bogen entstanden? Eine Möglichkeit wäre, dass die UV-Strahlung durch die Streuung von Strahlung an interstellarem Staub erzeugt wird. Doch wie die Astronomen feststellten, liegt der neuentdeckte Bogen in einer Himmelsregion, die sogar ungewöhnlich wenig Staub und Gas enthält. Das spreche gegen diese Hypothese, so die Forscher.

Stattdessen scheint es sich bei dem Riesenring um den Überrest einer kosmischen Schockwelle zu handeln. Vergleiche mit mehreren alten Supernova-Relikten ergaben, dass die Strahlung solcher Explosionen das Gas in ihrer Umgebung wegblasen und es weit außen zu ringförmigen Strukturen verdichten können. „Die Geometrie der Bögen, die Emission im UV-Bereich und die Wasserstoffemission passen zur Hypothese, dass es sich hier um die Schockfront einer Explosion handelt“, so Bracco und sein Team.

Ereignis in unserer kosmischen Nachbarschaft

Nach Schätzungen der Astronomen könnte sich diese Explosion nur rund 600 Lichtjahre von der Erde entfernt ereignet haben – quasi in unserem Hinterhof. Sie könnte auch erklären, warum das interstellare Medium in dieser Region ungewöhnlich stark ausgedünnt ist – die Explosion hat diesen Bereich leergefegt. „Die Region innerhalb des Ursa-Major-Rings ist dafür bekannt, dass sie die niedrigsten Dichten neutralen Wasserstoffs im Himmel hat“, erklären die Forscher.

Welche Art von Explosion diesem Phänomen zugrunde liegt, ist jedoch noch unklar. Nach Schätzungen von Bracco und seinen Kollegen fand das Ereignis vor mehr als 100.000 Jahren statt. Dennoch rast die Schockwelle noch immer mit rund 100 Kilometern pro Sekunde nach außen. Die Astronomen planen nun, den neuentdeckten Bogen auch in anderen Wellenlängen weiter zu beobachten, um mehr über seine volle Größe, sein Alter, seine Entfernung und seinen Ursprung zu erfahren. (Astronomy & Astrophysics Letters, 2020; doi: 10.1051/0004-6361/202037975)

Quelle: University of Wisconsin Whitewater

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