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Astronomie

Rätselhafte Explosion aus dem kosmischen Nichts

Langer Gammastrahlenausbruch ohne Muttergalaxie verblüfft die Astronomen

Das Nachglühen der Explosion (links) und die Aufnahme des Keck-Teleskops auf der Suche nach einer Muttergalaxie (rechts und unten). Im Vordergrund sind zwar schwach Galaxien zu sehen, diese sind jedoch viel zu weit entfernt. © B. Cenko, et al. and the W. M. Keck Observatory

Astronomen haben eine kosmische Explosion entdeckt, die scheinbar aus dem Nichts kommt: Tausende von Lichtjahren von der nächsten Galaxie entfernt, mitten im Dunkel des Weltraums. Sonderbar ist dies vor allem deshalb, weil der Explosionstyp, ein langer Gammastrahlenausbruch, normalerweise durch den Tod eines massereichen Sterns ausgelöst wird.

Entdeckt wurde der Gammastrahlenausbruch bereits am 25. Februar 2007 durch mehrere Sonden des Interplanetarischen Netzwerks. Beobachtungen durch den Swift-Satelliten der NASA orteten anschließend die als GRB 070125 bezeichnete Explosion in der Konstellation Gemini. Sie war einer der hellsten Ausbrüche des Jahres, so dass ihr Nachglühen mit zwei der stärksten Teleskope der Erde, dem Acht-Meter Teleskop Gemini North und dem Zehn-Meter Teleskop des Keck-Observatoriums auf Hawaii untersucht werden konnte.

Keine Spur einer Muttergalaxie

Doch was dann kam, war eine totale Überraschung: Entgegen aller bisheriger Erfahrungen mit mehr als hundert anderen Gammastrahlenausbrüchen, enthüllten die Spektralanalysen dieser Explosion keinerlei Anzeichen für dichtes Gas oder Staub im Nachglühen. „Da haben wir hier diesen sehr hellen Ausbruch, und trotzdem ist er von Dunkelheit an allen Seiten umgeben”, erklärt Brad Cenko vom California Institute of Technology in Pasadena, Hauptautor einer jetzt im Adstrophysical Journal erscheinenden Studie. „Die nächste Galaxie ist mehr als 88.000 Lichtjahre entfernt und es gibt so gut wie kein Gas zwischen dem Ausbruch und der Erde.“

Um die Bedingungen näher zu analysieren, die eine so ungewöhnliche Explosion ausgelöst hatten, analysierte ein internationales Astronomenteam Aufnahmen des Keck-Teleskops, das de Ort des Ausbruchs kontinuierlich auch noch lange nach dem Ende des Nachglühens beobachtet hatte. Überraschenderweise zeigten auch diese Bilder keine Spur einer Galaxie an dieser Stelle.

„Eine Keck-Aufnahme hätte die Existenz selbst einer sehr kleinen, schwachen Galaxie in dieser Entfernung enthüllt“, erklärt Derek Fox, Astronom an der Penn State Universität und Koautor der Studie. Normalerweise ist der Todeskampf eines sehr massereichen Sterns die Ursache eines solchen Ausbruchs. Weil diese jedoch meist nur eine kurze Lebenspanne besitzen, entfernen sie sich nicht sehr weit von ihrer „Sternenwiege“ und liegen daher oft im Inneren von Galaxien, umgeben von dichten Wolken aus Staub und Gas.

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Nicht so GRB 070125. “Große Sterne leben schnell und sterben jung, ohne viel Zeit sich herumzubewegen”, erklärt Fox. „Wenn also dieser massereiche Stern weit entfernt von jeder Galaxie starb, ist die Schlüsselfrage: Wie schaffte er es, dort geboren werden?“ Die Bildung massereicher Sterne erfordert relativ dichte und große Ansammlungen von Gas und Staub, die es normalerweise nur in lichtstarken Galaxien gibt.

Der lange Schweif der Kaulquappen-Galaxie entstand nach einer Kollision. In einem solchen Schweif könnte auch der rätselhafte Gammastrahlenausbruch seinen Ursprung haben. © NASA

Entstehung in einem Gezeitenschweif?

Eine Möglichkeit ist, dass sich der Stern in den Außenbereichen einer Galaxie bildete, die in Wechselwirkung mit einer anderen stand. „In unserem lokalen Universum ereignet sich ungefähr ein Prozent der Sternenbildung in so genannten Gezeitenschweifen, den Außenbereichen zweier interagierender Galaxien“, so Cenko. „Daher könnte es durchaus möglich sein, dass sich eine von hundert Gammastrahlenausbrüchen auch in einer solchen Umgebung ereignet.“

Wenn diese Hypothese richtig ist, müsste es den Astronomen möglich sein, den Gezeitenschweif von GRB 070125 zu entdecken, wenn sie Aufnahmen mit extrem langer Belichtung von dieser Region durch das Weltraumteleskop Hubble machen. „Das ist auf jeden Fall unser nächster Schritt“, so Cenko.

„Viele bisherige Beobachtungen des Swift-Satelliten haben schon große Fragezeichen bei den Astronomen hinterlassen“, erklärt Neil Gehrels, leitender Wissenschaftler des Swift Observatoriums der NASA. „Aber diese Entdeckung eines langen Gammastrahlenausbruchs aus dem Nichts, ohne Muttergalaxie, ist eine der seltsamsten überhaupt.“

(NASA, 28.12.2007 – NPO)

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