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Astronomie

Rätsel des „zu dunklen“ Kosmos gelöst

Gleich zwei kosmische Thermostate bremsen die Sternenbildung

Die Galexie NGC 1275 zeigt, wie kühleres Gas in Filamenten auf das zentrale Schwarze Loch zuströmt - dies reguliert die Sternbildung. © NASA, Jose-Luis Olivares/MIT

Eigentlich müsste das Universum viel heller sein. Denn es enthält so viel Gas, dass daraus viel mehr Sterne entstehen müssten. Warum dies nicht geschieht, haben Astrophysiker jetzt herausgefunden. Demnach sorgen gleich zwei kosmische „Thermostate“ dafür, dass das Gas in Galaxien-Clustern entweder zu heiß bleibt oder aber abgesaugt wird, bevor zu viele Sterne entstehen, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.

In der Milchstraße werden jedes Jahr nur eine Handvoll neuer Sterne geboren – obwohl Rohmaterial für sehr viel mehr vorhanden wäre. Und auch in anderen Galaxien hätten längst Millionen mehr Sterne entstehen können, das gilt auch für weit entfernte Galaxiencluster. „Die Menge an Treibstoff für die Sternenbildung übertrifft die Mengen der Sterne um das zehnfache, diese Cluster müssten daher viel sternenreicher sein“, erklärt Michael McDonald vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge.

Die Temperatur entscheidet

Warum dies nicht so ist, haben McDonald und seine Kollegen durch vergleichende Beobachtung mehrerer Galaxiencluster und mit Hilfe von Modellen nun aufgeklärt. Demnach spielt die Temperatur in einem solchen Cluster eine entscheidende Rolle. Nur wenn das Gas genügend abkühlt um zu kondensieren, können neue Sterne entstehen. Bleibt es zu heiß, passiert dagegen nichts.

Wie die Astrophysiker feststellten, existieren im All tatsächlich zwei Hauptklassen von Galaxienclustern: eine mit einem sehr heißen Kern und eine mit schnell abkühlenden Gasen. So ist das Gas im Coma-Cluster beispielsweise 100 Millionen Grad Celsius heiß – viel zu heiß für die Sternenbildung. Im Perseus-Cluster dagegen herrschen nur wenige Millionen Grad – vergleichsweise milde Temperaturen nach astronomischen Maßstäben.

Schwarzes Loch als Thermostat

Wie die Forscher herausfanden, gibt es in solchen Clustern gleich zwei Mechanismen, die die Sternenbildung bremsen: In den heißen Clustern sorgt der Wärmeaustausch im Gas dafür, dass sich selbst lokale kühle Stellen schnell wieder aufheizen. „Dadurch bleiben diese heißen Cluster im heißen Zustand stecken und werden niemals abkühlen oder Sterne bilden“, sagt McDonald.

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Bei den kühlen Galaxien-Clustern dagegen können sich im Zentrum durchaus neue Sterne bilden. Ihre Menge wird aber dadurch begrenzt, dass ein Teil des abkühlenden Gases kondensiert und vom zentralen Schwarzen Loch eingesaugt wird, wie die Forscher erklären. Dieses gibt dabei immer wieder Strahlung und neues heißes Material ab und bremst damit die Sternenbildung. „Das Schwarze Loch heizt alles wieder auf, bevor sie zu stark wird – es wirkt wie ein Thermostat für den Galaxien-Cluster“, erklärt McDonald.

Gilt das auch für einzelne Galaxien?

Wie sich zeigte, passen alle bekannten Galaxien-Cluster sehr gut in dieses Erklärungsmodell. Ein Mittelding scheint es demnach tatsächlich nicht zu geben. „Wenn man in einem dieser beiden Modi gefangen ist, dann bleibt man sehr lange Zeit darin – bis etwas Katastrophales einen herausholt, beispielsweise eine frontale Kollision zweier Cluster“, so McDonald.

Als nächstes wollen die Forscher prüfen, ob ähnliche Kontrollmechanismen auch in den einzelnen Galaxien wirksam sind. „Wenn wir diese Information nutzen können um zu verstehen, warum sich Sterne bilden oder eben nicht, dann sind wir einen großen Schritt weiter gekommen“, so der Astrophysiker. (Nature, 2015; doi: 10.1038/nature14167)

(Massachusetts Institute of Technology (MIT), 05.03.2015 – NPO)

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