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Astronomie

Quelle kosmischer Radioblitze entdeckt?

Fast Radioburst mit begleitenden Röntgenblitz spricht für einen Magnetar als Urheber

CHIME
Das kanadische Radioteleskop CHIME hat den Radioblitz am 28. April 2020 eingefangen. © Andre Renard, Dunlap Institute for Astronomy and Astrophysics/ University of Toronto

Kosmischer Glücksfall: Astronomen haben erstmals einen Fast Radioburst eingefangen, der aus unserer eignen Galaxie stammt – und der zeitgleich auch Röntgenblitze erzeugte. Dadurch konnten sie zum ersten Mal die Quelle eines solchen ultrakurzen, aber starken Radioblitzes ermitteln. Er stammt demnach von einem Magnetar, einem Neutronenstern mit extremem Magnetfeld. Diese Objekte galten schon zuvor als mögliche Urheber der Fast Radiobursts, jetzt hat sich der Verdacht erhärtet.

Sie dauern nur wenige Millisekunden, entladen in dieser Zeit aber so viel Energie wie unsere Sonne in einem ganzen Tag: Fast Radiobursts (FRB) gehören zu den rätselhaftesten Phänomen des Kosmos. Denn bisher ist unklar, was diese ultrakurzen Radioblitze verursacht. So gibt es zwar Hinweise darauf, dass sie aus einem stark magnetisierten Umfeld stammen müssen und dass sie extragalaktischen Ursprungs sind. Unerklärlich ist aber, warum einige dieser Radioblitze in Serie auftreten, während andere einmalige Ereignisse sind.

Radiospektrum
Spektrum des vom CHIME-Teleskop am 28. April 2020 detektierten Radiobursts © Scholz et al/ CHIME FRB Collaboration

Erster Radioblitz aus unserer Heimatgalaxie

Jetzt haben Astronomen einen Radioburst entdeckt, der ebenso ungewöhnlich wie aufschlussreich ist. Als erste meldeten Paul Scholz von der University of Toronto und sein Team vom CHIME-Radioteleskop in Kanada das neue Signal im Astronomers Telegram. Demnach fing ihr Teleskop am 28. April 2020 um 16:34 Uhr quasi aus dem Augenwinkel einen starken, zweigipfeligen Radioblitz ein. Um die gleiche Zeit registrierten auch drei Radioteleskope in den USA ein wenige Millisekunden anhaltendes Radiosignal.

Das Ungewöhnliche daran: Dieser Fast Radioburst stammte nicht aus einer anderen Galaxie, sondern hat seinen Ursprung offenbar in unserer Milchstraße, wie die Forscher berichten. Ihren Berechnungen zufolge liegt die Quelle dieser ultrakurzen Radiopulse rund 30.000 Lichtjahre von uns entfernt. Sollte sich dies bestätigen, wäre dies der erste Fast Radioburst, der aus unserer eigenen Galaxie stammt.

Röntgenblitze aus der gleichen Quelle

Nachdem Scholz und sein Team Zeitpunkt und Ort dieses Radiobursts veröffentlicht hatten, meldeten andere Astronomen auch Röntgen- und Gammastrahlensignale von dieser Quelle. So detektierte das chinesische Röntgenteleskop Insight-HXMT exakt zur gleichen Zeit ein starkes, ebenfalls zweigipfeliges Röntgensignal von diesen Koordinaten. „Wir schließen daraus, dass dieser helle starke Blitz das erste bestätigte Röntgen-Pendant zum Fast Radioburst vom 28. April ist“, konstatiert das Insight-HXMT-Team.

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Röntgenpulse
Vom Röntgenteleskop Insight-HXMT registrierter Röntgenpuls © Zhang et al.et al/ Insight-HXMT

Der Clou daran: Die Röntgen- und Gammastrahlen kommen von einem bereits bekannten Objekt im All, dem Magnetar SGR 1935+2154. Dabei handelt es sich um einen Neutronenstern, der ein extrem starkes Magnetfeld besitzt und schnell rotiert. Dabei entstehen manchmal heftige Strahlenausbrüche, durch die der Magnetar wiederholte Pulse von Röntgen- und Gammastrahlen abgibt. Dass SGR 1935+2154 am 28. April gerade aktiv war, belegt auch eine Serie von Gammastrahlenblitzen, die das Swift-Teleskop der NASA schon am Vortag einfing.

Magnetare als FRB-Urheber?

Nach Ansicht der Astronomen spricht all dies dafür, dass der Fast Radioburst vom 28. April von diesem aktiven Magnetar kam. „Wenn sich dies bestätigt, dann wäre dies der erste Nachweis eines Radiopulses von SGR 1935+2154“, sagen Scholz und seine Kollegen. Und es wäre möglicherweise ein erster Hinweis darauf, dass solche auch als Soft-Gamma-Repeater bezeichneten Magnetare die Quelle auch anderer Fast Radiobursts sein könnten.

Diese hochmagnetisierten Neutronensterne gelten schon länger als heißer Kandidat für die Urheber der ultrakurzen Radioblitze. Bereits 2019 hatten Astronomen von einem solchen Magnetar im Milchstraßenzentrum Radiopulse eingefangen, die zwar schwächer waren, deren sonstige Merkmale aber den Fast Radiobursts verblüffend ähnelten. Die aktuellen Entdeckungen rund um SGR 1935+2154 erhärten nun den Verdacht, dass zumindest einige der kosmischen Radioblitze von extremen Varianten solcher Magnetare ausgehen könnten. (Astronomers Telegram 13681, 13687, 13688)

Quelle: Astronomers Telegram

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