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Sonnensystem

Polarlichter auf allen vier großen Jupitermonden

Auroren auf Io, Europa, Ganymed und Callisto verraten Atmosphärenzusammensetzung

Ios Auroren
Polarlichter auf Jupitermond Io während seiner Passage durch den Jupiterschatten. Die gelblich-rötlichen Töne der Aurora stammen von Natrium, Kalium und Sauerstoff (Illustration). © Chris Faust

Leuchterscheinungen im Jupiterschatten: Astronomen haben auf allen vier großen inneren Monden des Jupiter Polarlichter nachgewiesen – Licht, das von angeregten Sauerstoffvarianten ausgeht. Die Auroren sind als rötliches Leuchten zu sehen, wenn die Monde im Schatten des Jupiter stehen. Sie verraten, dass die Monde eine vorwiegend aus molekularem Sauerstoff bestehende Atmosphäre besitzen. Beim Vulkanmond Io tragen auch Natrium und Kaliumsalze aus vulkanischen Gasen zu den Emissionen bei.

Der Jupiter und seine vier galileischen Monde Io, Europa, Ganymed und Callisto bilden ein ganz eigenes, exotisches System. Die enorme Schwerkraft des Gasriesen erzeugt starke Gezeitenkräfte, die das Innere der vier Monde aufheizen. Dies macht den innersten Mond Io zum vulkanisch aktivsten Himmelskörper im Sonnensystem und verleiht den andern drei Monden flüssige Wasserschichten unter ihren Eiskrusten. Astronomen haben zudem ultraviolette Polarlichter auf dem Jupitermond Ganymed beobachtet, verursacht vom starken Magnetfeld des Planeten.

Alle vier Monde zeigen Polarlichter

Jetzt zeigt sich, dass es auf allen vier großen Monden des Jupiter Polarlichter auch im optischen Bereich gibt. Nachgewiesen haben sie zwei Astronomenteams unter Leitung von Michael Brown vom California Institute of Technology mithilfe der Teleskope des Keck Observatoriums auf Hawaii, des Large Binocular Telescope in Arizona und des Apache Point Observatory in New Mexico. Mit ihnen visierten sie die vier Monde an, während diese im Schatten des Jupiter standen.

„Diese Beobachtungen sind schwierig, weil die Monde im Jupiterschatten kaum sichtbar sind“, berichtet Browns Kollegin Katherine de Kleer. „Das schwache Licht ihrer Polarlichter war meist die einzige Bestätigung, dass wir unser Teleskop überhaupt auf die richtige Stelle gerichtet hatten.“ Mithilfe von Spektrografen konnte die Astronomen genauer analysieren, in welchen Wellenlängen die Auroren leuchteten, was wiederum verriet, welche angeregten Atome oder Moleküle dieses Licht abgaben.

Molekularer Sauerstoff auf Europa, Ganymed und Callisto

Die Aufnahmen enthüllten: Auf allen vier Jupitermonden gibt es Polarlichter, die in mehreren Wellenlängen des sichtbaren und infraroten Lichts leuchten. „Dies repräsentiert die ersten Nachweise einer optischen Aurora auf Ganymed und Callisto und den Nachweis neuer optischer Aurora-Spektrallinien auf Europa“, berichten die Astronomen. Beim Vulkanmond Io konnten sie zudem erstmals beobachten, wie sich die Polarlichter mit dem Ein- und Austritt des Mondes aus dem Jupiterschatten verändern.

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Allen Monden gemeinsam ist, dass ihre oberen Atmosphären Sauerstoff enthalten. Bei Europa, Ganymed und Callisto wiesen Brown und seine Kollegen mehrere vorwiegend im rötlichen Bereich liegenden Spektralsignaturen von molekularem Sauerstoff (O2) nach. Alle drei Jupitermonde müssen demnach eine, wenn auch sehr dünne Sauerstoffatmosphäre besitzen. Die auf der Erde dominierenden grünlichen Polarlichtemissionen des Sauerstoffs sind auf den Monden auch präsent, aber deutlich schwächer.

Auf Europa und Ganymed senden die angeregten Sauerstoffmoleküle zusätzlich Licht in den energieärmeren infraroten Wellenlängen 777 und 844 Nanometer aus. „Dies ist die erste Detektion solcher Infrarot-Auroren auf einem anderen Himmelskörper als der Erde“, berichten die Astronomen.

Weniger Wasserdampf als erwartet

Interessant auch: Anders als bisher angenommen scheint die dünne Gashülle der Eismonde nur wenig Wasserdampf zu enthalten – obwohl vor allem auf Europa und Ganymed schon mehrfach große Wasserdampffontänen beobachtet wurden. Trotzdem konnten die Forschenden bei diesen Monden die für angeregte Wassermoleküle typischen Spektrallinien nur in sehr schwacher Form nachweisen. Wasserdampf kann ihren Messungen nach auf Europa nur ein Viertel so häufig vorkommen wie molekularer Sauerstoff, auf Ganymed liegt das Verhältnis von H2O zu O2 sogar nur bei 0,6 Prozent.

Als mögliche Ursache für diese Diskrepanzen sehen Brown und seine Kollegen die Tatsache, dass sie ihre Messungen bei der Passage der beiden Monde im Jupiterschatten durchgeführt haben. Schon länger vermuten Astronomen, dass die dünnen Gashüllen der Monde durch die Kälte bei diesen Schattenpassagen ausfrieren, um dann beim Wiedereintritt in das wärmende Sonnenlicht wieder auszugasen. Die aktuellen Polarlichtdaten legen nun nahe, dass dies wahrscheinlich für den Wasserdampf gilt, nicht aber für den molekularen Sauerstoff.

Polarlichter Io
Veränderungen der spektralen Signaturen von Ios Gashülle nach dem Eintritt in den Jupiterschatten. © Schmidt et al. / The Planetary Science Journal, CC-by 4.0

Ios Gase im Wechselspiel von Licht und Schatten

Ebenfalls Neues zur Atmosphäre enthüllten die Auroren auch beim Vulkanmond Io. Dieser ist nicht durch Eis, sondern primär durch seine schwefelreichen Eruptionen geprägt. Die Spektraldaten der Auroren belegen nun, dass diese Ausbrüche auch Salze wie Natriumchlorid und Kaliumchlorid zutage fördern. Die angeregten Natrium-Ionen des Kochsalzes verrieten sich durch Spektrallinien im gelb-orangefarbenen Bereich des Lichtspektrums, das Kalium durch infrarote Aurora-Emissionen.

Die Polarlichtdaten zeigen zudem, dass es auch auf Io Sauerstoff in der Gashülle gibt, allerdings stammt die Spektralsignatur dort primär von atomarem Sauerstoff, wie die Astronomen berichten. Dieser entsteht, wenn das von den Vulkanen emittierte Schwefeldioxid durch das Sonnenlicht und die geladenen Plasmateilchen in Jupiters Magnetfeld zerfällt. Im kalten Schatten des Jupiters friert das Schwefeldioxid hingegen größtenteils aus. Anders als gedacht bleibt aber ein Großteil des freigesetzten atomaren Sauerstoffs während der Schattenpassage erhalten, wie das Team feststellte.

Natrium und Kalium in der Io-Atmosphäre reagieren dagegen stark auf den Wechsel von Sonnenlicht und Schatten: „Das Natriumsignal wird innerhalb von 15 Minuten nach Eintritt in den Jupiterschatten sehr schwach und benötigt dann nach Rückkehr ins Licht mehrere Stunden zur Erholung“, berichtet Carl Schmidt von der Boston University. „Diese Beobachtungen geben uns wertvolle Einblicke in die atmosphärische Chemie von Io.“ (The Planetary Science Journal, 2023; doi: 10.3847/PSJ/acb53c; doi: 10.3847/PSJ/ac85b0)

Quelle: W. M. Keck Observatory

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