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Astronomie

Planetenriese um extremes Sternenpaar

Astronomen entdeckten ersten Exoplaneten um massereiche Riesensterne

b Centauri
Noch nie zuvor wurde ein Exoplanet um Sterne mit mehr als drei Sonnenmassen entdeckt – der Gasriese b Centauri (AB)b ist nun der erste. © ESO/L. Calçada

Schwergewichte unter sich: Astronomen haben erstmals einen Exoplaneten um zwei extrem massereiche Sternenriesen entdeckt – den 325 Lichtjahre entfernen Doppelstern b Centauri. Ihr Planet ist knapp elfmal so schwer wie Jupiter und gehört damit zu den größten seiner Art. Der Gasriese hat zudem eine der weitesten bisher bekannten Umlaufbahnen, wie das Team in „Nature“ berichtet. Wie ein solcher Planet um zwei so heiße und schwere Sterne entstehen kann, ist noch ungeklärt.

Astronomen haben mehrere tausend extrasolare Planeten um unterschiedlichste Sterne entdeckt – von habitablen Erdzwillingen um Rote Zwerge bis zu extrem heißen Gasriesen gefährlich nahe an ihrem Stern. Typischerweise nimmt dabei die Größe der Planeten mit der Masse ihres Zentralsterns und dessen protoplanetarer Scheibe zu: Je mehr Staub und Gas um den Stern kreisen, desto mehr Baumaterial ist für größere Planeten vorhanden.

Doch der fast lineare Massen-Zusammenhang der Sterne und ihrer Planeten reicht nur bis zu rund 1,9 Sonnenmassen – bei noch größeren Sternen kippt die Kurve steil ab. Um Sterne mit mehr als drei Sonnenmassen wurden bisher noch gar keine Exoplaneten gefunden.

b Centauri (AB)b
Der Doppelstern b Centauri (links) und der neuentdeckte Exoplanet (Pfeil), aufgenommen mit dem Very Large Telescope der ESO. © ESO/Janson et al.

Verräterische Lichtpunkte

Das hat sich nun geändert: Astronomen um Markus Janson von der Universität Stockholm haben einen Exoplaneten um gleich zwei stellare Schwergewichte entdeckt – den Doppelstern b Centauri. Dieses Sternenpaar liegt rund 325 Lichtjahre entfernt und ist mit zusammen sechs bis zehn Sonnenmassen deutlich schwerer, heißer und heller als die Sonne. Beide Sterne sind zudem mit rund 15 Millionen Jahren noch sehr jung.

Bereits im Jahr 2019 hatten Astronomen in diesem Doppelsystem eine Auffälligkeit entdeckt: Teleskopaufnahmen zeigte drei schwache Lichtpunkte in der nahen Umgebung der Sterne, deren Ursprung nicht eindeutig geklärt werden konnte. Deshalb haben Janson und sein Team das Sternepaar nun mit dem auflösungsstarken SPHERE-Instrument am Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile ins Visier genommen.

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Riesen-Jupiter in weitem Orbit

Die Beobachtungen enthüllten: Zwei der Lichtpunkte stammen von Hintergrundsternen, aber der dritte ist ein Planet. Er umkreist seine beiden Zentralsterne in einem Abstand von 560 astronomischen Einheiten – rund 100-mal weiter als der Jupiter von der Sonne. Damit hat dieser Planet eine der weitesten Umlaufbahnen, die jemals beobachtet worden sind. Mit der knapp elffachen Masse des Jupiter ist der b Centauri (AB)b getaufte Planet zudem einer der größten seiner Art.

Die größte Besonderheit des Exoplaneten ist jedoch die Tatsache, dass er überhaupt existiert. Denn noch nie wurde ein Planet um ein so massereiches und heißes Sternsystem nachgewiesen – und es war fraglich, ob um solche Sterne überhaupt Planeten entstehen können. „Die Entdeckung eines Planeten um b Centauri war sehr aufregend, da sie die Vorstellung von massereichen Sternen als Heimat von Planeten völlig verändert“, erklärt Janson.

Wie konnte dieser Planet entstehen?

Der Grund: Riesensterne dieser Masse senden schon direkt nach ihrer Entstehung so viel Strahlung aus, dass sie ihre protoplanetare Scheibe schneller zerstreuen als kleinere, sonnenähnliche Sterne. Für Planeten bleibt damit weit weniger Zeit, um durch allmähliche Ansammlung von Staub und Gas heranzuwachsen. „B-Sterne gelten im Allgemeinen als ziemlich zerstörerische und gefährliche Umgebungen. Man ging bislang davon aus, dass die Entstehung großer Planeten um sie herum äußerst schwierig sein müsste“, erklärt Janson.

Nach Angaben der Astronomen ist es daher eher unwahrscheinlich, dass b Centauri (AB)b durch die klassische Akkretion gebildet wurde – dafür wäre selbst in der dichteren Scheibenregion nah am Stern zu wenig Zeit gewesen. Zudem gibt es keine Hinweise darauf, dass der Planet von dort aus in seinen extrem weiten Orbit ausgeschleudert wurde. „In einem solchen Fall würden wir einen stark exzentrischen Orbit des Planeten erwarten und die Präsenz von weiteren Trabanten, die die Turbulenzen auslösten“, so das Team, Beides sei aber nicht der Fall.

Planetenriese um ein extremes Sternenpaar.© ESO

Kollaps und verhinderte Wanderung?

Doch wie ist der Planet dann entstanden? Wie die Astronomen erklären, könnte der Gasriese direkt durch den gravitativen Kollaps eines Teils seiner Urwolke entstanden sein. „Da dies weit schneller abläuft als die für die Akkretion nötigen rund eine Million Jahre, ist dieser Mechanismus weniger sensibel gegenüber der schnellen Auflösung der Materiescheiben um so massereiche Sterne“, schreiben Janson und sein Team. Auch für Gasriesen wie den Jupiter wird ein solcher gravitativer Kollaps diskutiert.

Unklar ist auch, wie der Exoplanet in seine heutige, extrem weite Umlaufbahn kam. Zwar können Gasriesen in großer Entfernung von ihren Zentralsternen entstehen, typischerweise wandern sie dann aber mit der Auflösung der Urwolke weiter nach innen – auch beim Jupiter war dies der Fall. Doch bei b Centauri (AB)b könnte der starke Sternenwind des Doppelsterns diese Einwärtsdrift verhindert haben. „Das würde erklären, warum er so weit außen kreist“, sagen die Astronomen.

Rätsel bleiben

Noch allerdings sind diese Szenarien nur Spekulation – ob sich die Geschichte der drei Schwergewichte wirklich so abgespielt hat, bleibt ungeklärt. „Es wird eine faszinierende Aufgabe sein, zu erforschen, wie er sich gebildet haben könnte. Das ist im Moment noch ein Rätsel“, sagt Janson. Klar scheint aber, dass diese Entdeckung die gängigen Modelle der Planetenbildung herausfordert – wieder einmal. (Nature, 2021; doi: 10.1038/s41586-021-04124-8)

Quelle: European Southern Observatory (ESO), Max-Planck-Institut für Astronomie

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