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Astronomie

Neutronensterne haben Millimeter-Berge

Kompakte Sternenreste kommen einer glatten, perfekten Kugel noch näher als gedacht

Neutronenstern
Neutronensterne sind so dicht, dass ihre Schwerkraft sie zur fast perfekten Kugel macht und selbst kleinste Erhebungen einebnet. © ESO / L. Calçada

Perfekt geglättet: Neutronensterne könnten zu den perfektesten Kugeln im Kosmos gehören. Denn selbst die höchsten Erhebungen auf ihrer Oberfläche sind nur Bruchteile eines Millimeters hoch, wie ein neues Modell nahelegt. Ursache dieser extremem Glättung ist die enorme Schwerkraft der kompakten Sternenreste. Ihre Anziehung ist so stark, dass sie fast jede Unebenheit einebnet. Bisher vermutete man, dass „Berge“ auf Neutronensternen immerhin einige Zentimeter hoch werden können.

Wenn massereiche Sterne in einer Supernova explodieren, bleibt entweder ein Schwarzes Loch zurück oder ein Neutronenstern. Diese kompakten Sternenreste sind nur rund zwölf Kilometer groß, können aber doppelt so viel Masse in sich vereinen wie unsere Sonne. Dadurch ist die Materie in ihnen so stark komprimiert, dass Elektronen und Protonen im Inneren der Neutronensterne zu Neutronen verschmelzen und einen exotischen superfluiden Zustand annehmen.

Aufbau Neutronenstern
Gängiger Annahme nach besitzen Neutronensterne eine dünne feste Kruste aus Eisen. Doch wie eben ist sie? © NASA

Wie uneben kann ein Neutronenstern werden?

Neutronensterne gehören damit zu den exotischsten Objekten im Kosmos. Ihre Gravitation ist so hoch, dass schon ein wenig mehr Masse sie zu einem Schwarzen Loch kollabieren ließe. Das weckt die Frage, wie die Oberfläche dieser Sternenreste beschaffen ist. Von der Erde und anderen Planeten ist bekannt, dass die Schwerkraft eine entscheidende Rolle dabei spielt, wie hoch Berge auf einem Himmelskörper werden können. Je stärker die Gravitation, desto kleiner die höchsten Erhebungen.

Was aber heißt das für die „Berge“ auf einem Neutronenstern? „In den letzten 20 Jahren hat man verstärkt versucht herauszufinden, wie hoch die Erhebungen werden können, bevor die Kruste des Neutronensterns bricht und der Berg sich nicht länger halten kann“, erklärt Fabian Gittins von der University of Southampton. Bisherige Modelle gingen davon aus, dass Neutronensterne maximal um wenige Millionstel von einer perfekten Kugel abweichen können – ihre Berge würden demnach maximal wenige Zentimeter Höhe erreichen.

Zehntel Millimeter statt mehrere Zentimeter

Doch dem widerspricht nun ein neues Modell von Gittins und seinen Kollegen. In ihm rekonstruierten sie die physikalischen Gegebenheiten auf einem Neutronenstern und deren Effekt auf Erhebungen der Kruste. Gängiger Annahme nach besteht die Kruste des Sternenrests aus kristallinem Eisen, das mit zunehmender Tiefe in neutronenreichere Isotope umgewandelt wird. Darunter beginnt der Bereich, in dem nur noch Neutronen Bestand haben.

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Die Simulationen ergaben: Anders als bislang angenommen könnten sich selbst zentimetergroße Berge auf einem Neutronenstern nicht halten. Stattdessen duldet die enorme Schwerkraft der Neutronensterne nur Erhebungen von etwa einem Zehntel Millimeter Höhe, wie Gittins berichtet. Die höchsten Berge auf einem Neutronenstern sind daher nur ein Hundertstel so hoch wie zuvor gedacht.

Fast perfekte Kugeln

Damit sind Neutronensterne noch perfektere Kugeln als zuvor angenommen. „Diese Ergebnisse bedeuten, dass Neutronensterne bemerkenswert sphärische Objekte sind „, sagt Gittins. Das könnte auch für astronomische Beobachtungen relevant sein. „Unter anderem könnte es noch schwieriger sein, Gravitationswellen von rotierenden Neutronensternen zu beobachten als bislang gedacht“, erklärt der Forscher. Denn wenn Neutronensterne Unebenheiten auf ihrer Oberfläche besitzen, könnten sie bei ihrer Drehung solche Erschütterungen der Raumzeit produzieren.

Bisher reicht die Sensitivität von Gravitationswellen-Observatorien wie LIGO und Virgo zwar ohnehin nicht aus, um solche schwachen Raumzeit-Schwingungen zu detektieren. Aber Astrophysiker hoffen, dass künftige Detektoren bis in diese Signalbereiche vordringen können. (National Astronomy Meeting 2021)

Quelle: Royal Astronomical Society

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