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Astronomie

Neutronenstern-Kollision lässt Magnetfelder „explodieren“

Simulationen liefern Hinweise zur Aufklärung von Gamma-Ray-Bursts

Simulationssequenz der ersten 11 Millisekunden einer Kollision von zwei Neutronensternen: die Farben sind ein Maßstab für die Stärke der Magnetfelder, wobei blau die geringste Stärke (10^9 Gauss) und gelb die größte Stärke (10^15 Gauss) anzeigt. © University Bremen / Daniel Price / Stephan Rosswog

Bei Kollisionen von Neutronensternen treten Magnetfelder auf, die mehr als eine Billiarde Mal stärker sind, als das Erdmagnetfeld. Dies hat jetzt ein internationales Wissenschaftler-Team mit Hilfe von Supercomputer-Simulationen gezeigt.

"Das sind unglaubliche Größenordnungen", kommentierte der Astropysiker Professor Stephan Rosswog von der International University Bremen (IUB) die Simulationsergebnisse, die er zusammen mit Daniel Price von der University of Exeter ermittelt hat. "Magnetfelder, die wir aus dem Alltag kennen, etwa ein Magnet, den man an seinem Kühlschrank hat, betragen nur etwa 100 Gauss." Die Forscher berichten über ihre Ergebnisse in der aktuellen Online-Express-Ausgabe von Science.

Neutronensternen sind kosmische Objekte, die aus Supernova-Explosionen entstehen und eine extrem hohe Dichte besitzen: In der Masse der Sonne vergleichbar haben sie einem Durchmesser um die 10 km, sind also um das 70.000-fache kleiner als die Sonne. Es gibt Doppelsternsysteme, die aus zwei solchen Neutronensternen bestehen. Diese umkreisen sich und bewegen sich dabei langsam spiralförmig aufeinander zu, bis sie miteinander kollidieren.

Astronomen vermuten, dass derartige Kollisionen Auslöser von hochenergetischen Blitzen, den so genannten Gamma-Ray-Bursts sind, den stärksten kosmischen Explosionen seit dem Urknall, welche in einer Sekunde mehr Energie frei setzen, als unsere Sonne dies in der gesamten Existenzzeit des Universums tun würde. Jüngste Beobachtungen von "Nachleuchten" solcher Explosionen untermauern diese These. Die physikalischen Prozesse in diesen Explosionen sind jedoch noch weitgehend unverstanden.

Supercomputer ermöglicht Simulationen

Die Simulationen von Rosswog und Price sind ein erster Schritt zur Aufklärung der komplexen Physik von Gamma-Ray-Bursts. Unter Berücksichtigung verschiedenster physikalischer Disziplinen, von Gravitation über Kernphysik bis zur Hydrodynamik, führten die beiden Astrophysiker Berechnungen zum zeitlichen Verlauf der vermutlichen Explosionsauslöser, den Neutronensternkollisionen, durch, die enorme Anforderungen an Rechengeschwindigkeit und Speicherplatz des verwendeten Hochleistungsrechners stellten. Sie konnten zeigen, dass die ursprünglichen Magnetfelder der Neutronensterne in der ersten Millisekunde der Kollision auf mehr als 10^15 Gauss verstärkt werden.

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Die beiden Wissenschaftler hatten ihre Simulationen auf dem Supercomputer der IUB durchgeführt, der vor knapp einem Jahr in Betrieb genommen wurde. Das System gehört mit 24 Prozessoren, die Zugriff auf einen gemeinsamen Hauptspeicher haben, zu den leistungsfähigsten seiner Art und erlaubt eine hocheffiziente Parallelisierung von Rechenvorgängen.

"Wir mussten lange suchen, um eine Methode zu finden, die entsprechenden Gleichungen auf einem Computer zu lösen. Dass wir derartige Simulationen durchführen können, ist erst seit kurzem durch die Rechenkapazitäten von Supercomputern möglich. Wir saßen einige Wochen praktisch Tag und Nacht am Computer, bis wir endlich einen Lösungsalgorithmus gefunden hatten. Die tatsächlichen Rechnungen liefen dann noch einmal fast einen Monat", sagte Daniel Price über die komplexen Berechnungen.

Die beiden Astrophysiker werden ihre Ergebnisse, neben der Veröffentlichung in Science, auch am 5. April auf dem diesjährigen National Astronomy Meeting an der University of Leicester und am 7. April auf der Ringberg-Konferenz zu Nuklearer Astrophysik vorstellen.

(idw – International University Bremen, 31.03.2006 – DLO)

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