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Astronomie

Neuer Blick auf die Nachbarschaft unserer Sonne

Astronomen kartieren 525 Braune Zwerge im Umkreis von 65 Lichtjahren

Brauner Zwerg
Astronomen haben mithilfe von Bürgerwissenschaftlern 525 Braune Zwerge in unserer kosmischen Umgebung kartiert – mit teils überraschenden Ergebnissen. © NASA/ESA/JPL

Ungewöhnliche Nachbarschaft: Astronomen haben die Braunen Zwerge im Umkreis von 65 Lichtjahren um unsere Sonne kartiert – und einiges Überraschendes entdeckt. Denn in Sonnennähe gibt es mehr kühle, seltene Arten von „gescheiterten“ Sternen als in der weiteren Umgebung und der gesamten Milchstraße normal. Unter den insgesamt 525 untersuchten Braunen Zwergen sind zudem 38 Neuentdeckungen.

Die nächsten Nachbarn unserer Sonne sind ein recht gemischter Haufen: Im Umkreis von weniger als acht Lichtjahren finden sich neben dem Doppelstern Alpha Centauri die Roten Zwerge Proxima Centauri und Barnards Stern, dann folgen ein Paar Brauner Zwerge und der extrem kalte Braune Zwerg WISE J085510.83. Der hohe Anteil der auch als „gescheiterte“ Sterne bezeichneten Braunen Zwerge wirft allerdings Fragen auf, denn bislang galten die deutlich heißeren und größeren Roten Zwerge als der mit Abstand häufigste Sternentyp der Milchstraße.

Nachbarn
Die nächsten Nachbarn der Sonne. © NASA/ Penn State University

525 nahe Braune Zwerge kartiert

Sind Braune Zwerge möglicherweise häufiger als bislang gedacht? Immerhin bewegen sich viele dieser Himmelskörper an der Grenze zu großen Planeten und sind daher oft zu klein, dunkel und kühl, um mit optischen Teleskopen gefunden zu werden. Unter anderem deshalb hat die NASA das Citizen-Science-Projekt „Backyards Worlds: Planet 9“ ins Leben gerufen. Dabei helfen rund 150.000 Hobby-Astronomen, Braune Zwerge und andere Objekte im Umkreis von 65 Lichtjahren in Aufnahmen von Infrarotteleskopen aufzuspüren.

Jetzt gibt es neue Ergebnisse: Auf Basis dieses Projekts haben Astronomen um Davy Kirkpatrick vom Infrared Processing & Analysis Center (IPAC) in Kalifornien die bisher vollständigste 3D-Karte Brauner Zwerge im Umkreis der Sonne veröffentlicht. Sie umfasst 525 Braune Zwerge, deren Oberflächentemperaturen von frostigen minus 70 Grad bis zu heißen 2.700 Grad reichen.

Einige dieser Objekte sind mit rund zehn Jupitermassen kaum größer und schwerer als ein Gasplanet, andere kommen kleineren Roten Zwergen nahe. Unter den kartierten Zwergen sind auch 38 Himmelskörper, die zuvor unbekannt waren, außerdem einige Doppelsysteme aus zwei Braunen Zwergen und einige Objekte, die ungewöhnliche Bewegungsmuster zeigen.

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Sonnenumgebung ist ungewöhnlich

Zwei Auffälligkeiten allerdings werfen Fragen auf: Zum einen unterstreicht auch diese Kartierung, dass die unmittelbare Umgebung unserer Sonne ziemlich ungewöhnlich ist: „Wenn man die Sonne an eine beliebige Stelle in unserer 3D-Karte setzen würde und dann ihre Nachbarn anschauen würde, würde ihre Umgebung ganz anders aussehen als in Wirklichkeit“, erklärt Aaron Meisner vom NOIRLab in Tucson.

Das Spektrum der stellaren Himmelskörper in unserer Umgebung ist demnach alles andere als durchschnittlich: Verglichen mit dem Milchstraßen-Durchschnitt gibt es zu wenig sonnenähnliche Sterne und Rote Zwerge, dafür einen Überschuss Brauner Zwerge. Warum das so ist, bleibt bislang ungeklärt.

Reise durch unsere kosmische Nachbarschaft.© NASA, Jacqueline Faherty/ American Museum of Natural History, OpenSpace

Eiskalter Zwerg bleibt ein Einzelfall – noch

Eine weitere Überraschung: Trotz intensiver Suche konnten die Astronomen keinen einzigen Vertreter der eiskalten Braunen Zwerge ähnlich dem gut sieben Lichtjahre entfernten WISE J085510.83 aufspüren. Stattdessen haben die meisten der 525 kartierten Braunen Zwerge Temperaturen von rund 900 bis 1.000 Grad und bewegen sich damit an der Grenze zwischen dem sogenannten L- und T-Typ.

Aber warum war kein weiterer kalter Zwerg dabei? Sind solche Objekte tatsächlich so selten? Oder liegt es daran, dass sie wegen ihrer niedrigen Temperaturen so schwer zu finden sind? Die Forscher halten Letzteres für wahrscheinlicher. „Wir gehen davon aus, dass solche frostigen Objekte in substanzieller Zahl existieren müssen, auch wenn sie bisher so selten gefunden wurden“, schreiben Kirkpatrick und sein Team. Sie hoffen, dass sensitivere Teleskope in Zukunft noch mehr dieser rätselhaften Objekte aufspüren. (237th meeting of the American Astronomical Society, The Astrophysical Journal Supplement, in press)

Quelle: NASA, Association of Universities for Research in Astronomy (AURA)

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