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Raumfahrt

Mit Bremssegeln gegen Weltraumschrott

Ausfaltbares Segel soll ausgediente Satelliten abbremsen und ihr Verglühen fördern

SAtellit mit Bremssegel
Ein entfaltbares Bremssegel könnte künftig ausgediente Satelliten abbremsen, absenken und so schneller zum Verglühen bringen. © HPS

Kontrolliertes De-Orbiting: In Zukunft könnten spezielle Bremssegel dafür sorgen, dass defekte oder ausgediente Satelliten aus der Erdumlaufbahn verschwinden. Die sogenannten De-Orbit-Segel werden ausgefaltet und bremsen den Satelliten so stark ab, dass er zügig in die Atmosphäre absinkt und verglüht. Dadurch wird neuer Weltraumschrott vermieden. In einem ersten orbitalen Test hat sich ein solches, von deutschen Forschern mitentwickeltes Segel nun bewährt.

Ob ausgebrannte Raketenstufen, defekte Satelliten oder Kollisionstrümmer: Die Erdumlaufbahn füllt sich mit immer mehr Weltraumschrott, was das Risiko für orbitale Kollisionen erhöht. Zwar gibt es eine Selbstverpflichtung zur möglichst raschen und kontrollierten Entsorgung von ausgedienten Satelliten, aber nicht alle Raumfahrtorganisationen und Unternehmen halten sich daran. Deshalb wird nach neuen technischen Lösungen gesucht, um Weltraumschrott aus dem Orbit zu entfernen.

Bremssegel
Entfaltungstest des Bremssegels im Labor. © DLR, CC-by-nc-nd 3.0

Ausfaltbares Segel als Bremshilfe

Eine Technologie, die die Entsorgung neuer Satelliten erleichtern könnte, haben Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und des Raumfahrtunternehmens HPS entwickelt. Es handelt sich um ein großes, aber leichtes Bremssegel, das Satelliten zusammengefaltet mitführen. Nähert sich dann das Ende seiner Betriebszeit, faltet er dieses Segel aus. Das Segel bremst den Satelliten durch seine große Oberfläche und den Widerstand der dünnen Restatmosphäre relativ schnell ab, so dass er in tiefere, dichtere Atmosphärenschichten absinkt und dort schließlich verglüht.

Der nun getestete Prototyp eines solchen Bremssegels, ADEO, ist rund 800 Gramm schwer und hat ausgefaltet eine Segelfläche von 3,6 Quadratmetern. Zusammengefaltet nimmt das Segel im Satelliten jedoch nur einen Raum von zehn Kubikzentimetern ein. Vor dem Orbit-Test wurde das ADEO-Segel am DLR-Institut für Raumfahrtsysteme in Bremen auf seinen Weltraumeinsatz vorbereitet und optimiert.

Das Segel wurde dabei Vibrations-, Schock und Thermal-Vakuum-Tests ausgesetzt und mehrmals in einer Thermal-Vakuum-Kammer entfaltet, um nachzuweisen, dass dies auch unter Weltraumbedingungen funktioniert und es die hohen Lasten beim Start übersteht.

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Erster Test in der Erdumlaufbahn

Jetzt hat das Bremssegel auch einen ersten Weltraumtest bestanden. Das De-Orbit-Sail wurde an Bord eines Satelliten des italienischen Dienstleisters D-Orbit in die Erdumlaufbahn gebracht. Dort entfaltete sich das Bremssegel autonom und bremste den Satelliten wie erhofft in kurzer Zeit so stark ab, dass er in die dichtere Atmosphäre eintrat. Dort wird er in den nächsten Monaten rückstandslos verglühen, wie das DLR berichtet.

Nach Ansicht der Wissenschaftler könnte durch solche De-Orbit-Segel künftig neuer Weltraumschrott im niedrigen Erdorbit bis etwa in 800 Kilometer Höhe vermieden werden. Das Verfahren sei zudem vergleichsweise einfach und ressourcensparend. Darüber hinaus tragen solche Segel dazu bei, die Betriebszeit eines Satelliten zu verlängern. Denn anders als bisher muss keine Treibstoffreserve mehr für ein De-Orbit-Manöver aufgespart werden: Für die Entfaltung und den folgenden passiven Abstieg wird kein Antrieb benötigt.

Nachfolgemodell schon in Arbeit

Nach diesem ersten Erfolg arbeiten mehrere DLR-Institute gemeinsam mit HPS bereits an weiteren Verbesserungen des Systems. Ein Ziel ist es dabei, das Segelmaterial weniger lichtreflektierend zu machen, um die Lichtverschmutzung durch Blendeffekte und Streulicht zu verringern. Außerdem soll das Nachfolgemodell mit 25 Quadratmetern eine erheblich größere Segelfläche und ausrollbare Masten aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff erhalten. Ein Orbittest dieses neuen Modells ist für Mitte 2023 geplant.

Quelle: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

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