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Astronomie

Milchstraße: 50 Milliarden sternlose Planeten?

Ausgestoßene Planeten ohne Stern könnten häufiger sein als gedacht

Einzelgänger-Planet
Ein Planet ohne Heimatstern – solche ungebundenen Planeten könnten häufiger sein als gedacht. © NASA/JPL-Caltech

Einsame Wanderer: In unserer Galaxie könnte es bis zu 50 Milliarden einsame, sternlose Planeten geben – Himmelskörper, die einst aus ihrem Planetensystem ausgeschleudert wurden und nun ungebunden im Weltraum umhertreiben. Das legt eine Simulation nahe, bei der rund ein Viertel der Sterne in einem offenen Sternhaufen durch Kollisionen und nahe Passagen anderer Sterne mindestens einen Planeten verlor.

Die meisten bisher bekannten Planeten sind Teil eines Systems: Sie umkreisen einen oder mehrere Sterne und sind durch dessen Schwerkraft gebunden. Doch es gibt auch Wanderer – ungebundene Planeten, die ohne einen Mutterstern durch das All treiben. Den nächsten bekannten Vertreter dieser „Einzelgänger“ haben Astronomen rund 100 Lichtjahre von uns entfernt entdeckt. CFBDSIR2149 hat die vier- bis siebenfache Masse des Jupiter und könnte ursprünglich aus dem AB Doradus Sternhaufen stammen.

Gerempel im Sternhaufen

Doch wie entstehen solche Einzelgänger – und wie viele von ihnen gibt es in unserer Galaxie? „Bei der Erzeugung frei flotierender Exoplaneten könnten junge Sternhaufen eine wichtige Rolle spielen“, erklären Arjen van Elteren von der Universität Leiden und seine Kollegen. Die meisten Sterne und Planetensysteme werden in solchen Sternhaufen geboren – und damit in einer Umgebung, in der Kollisionen und nahe Passagen von Nachbarsternen zu disruptiven Schwerkrafteinflüssen führen können.

Um herauszufinden, wie häufig dies geschieht, haben van Elteren und sein Team das Schicksal von Planeten in einem typischen offenen Sternhaufen simuliert, dem rund 1.300 Lichtjahre entfernten Trapezium-Haufen im Orionnebel. Im Modell statteten sie 500 der 1.500 Sterne in diesem Haufen mit einem bis sechs Planeten aus. Dann folgten sie der Entwicklung dieser insgesamt 2.522 Planeten im Laufe von elf Milliarden Jahren der Entwicklung.

Kaum ein Planet entwickelt sich völlig ungestört

Das Ergebnis: Kaum ein Planet kam völlig ungeschoren davon. Kollisionen mit anderen Planeten und Störeinflüsse nahe vorbeiziehender Nachbarsterne sorgten für Schwerkraft-Turbulenzen, die die Bahn der Planeten veränderte. „Die Mehrheit der Planeten – rund 70 Prozent – erfuhr eine Veränderung ihrer Umlaufbahn von bis zu fünf Prozent“, berichten die Astronomen. „Weitere zehn Prozent der Planeten bekamen einen stark exzentrischen Orbit. 75 Planeten – drei Prozent – kollidierten mit ihrem Mutterstern.“

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Das Interessante jedoch: 357 von den 2.522 Planeten – 16,7 Prozent – wurden komplett aus ihrem System geschleudert und zu sternlosen Einzelgängern, wie die Simulation ergab. 80 Prozent dieser ungebundenen Wanderer verloren nicht nur ihren Mutterstern, sie flogen sogar komplett aus ihrem heimatlichen Sternhaufen hinaus. Den Astronomen zufolge ist die Wahrscheinlichkeit für einen Planeten, dieses Schicksal zu erleiden, unabhängig von seiner Masse und der anfänglichen Nähe zum Stern.

50 Milliarden Einzelgänger in der Milchstraße

Was aber bedeutet dies für die Häufigkeit solcher Einzelgänger-Planeten in unserer Galaxie? „Wenn jeder Hauptreihenstern ein Planetensystem hätte, dann könnte es rund 0,72 ungebundene Planeten für jeden dieser Sterne geben“, schätzen van Eltern und sein Team. Geht man davon aus, dass nur jeder dritte Hauptreihenstern Planeten besitzt, könnte es in der Milchstraße ein Viertel so viele ungebundene Planeten wie Sterne geben. Angesichts der rund 200 Milliarden Sterne in unserer Milchstraße wären das immerhin rund 50 Milliarden Einzelgänger-Planeten in unserer Galaxie.

Nach Ansicht der Forscher könnte auch unser eigenes Sonnensystem in seiner Frühzeit einiges Ungemach erlebt haben. So spricht die Bahn einiger Kometen im Kuipergürtel dafür, dass vor rund 70.000 Jahren ein fremder Stern nahe an unserem System vorüberzog und einige Objekte im Außenbereich aus ihrer Bahn warf. Astronomen vermuten sogar, dass unsere Sonne einst zu einem Doppelsternsystem gehörte, dann aber ihren Partner verlor. (Astronomy & Astrophysics, 2019, in press)

Quelle: Astronomy & Astrophysics

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