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Sonnensystem

Mars: Haben wir was übersehen?

Instrumente der Mars-Rover würden Mars-Mikroben oder ihre Relikte gar nicht erkennen

Red-Stone-Tal
In diesem Tal in der Atacamawüste sieht es nicht nur aus wie auf dem Mars, es ist auch geologisch und klimatisch ein fast perfektes Mars-Analog. © Armando Azua-Bustos

Nicht detektierbar: Wenn es auf dem Mars alte Lebensspuren oder mikrobielles Leben gibt, warum wurde es noch nicht gefunden? Eine Antwort liefert nun ein Experiment in der Atacamawüste – in einer Gegend, die als gutes Analog zu Marsbedingungen gilt. Es zeigte sich: Analyse-Instrumente, wie sie zurzeit auf Mars-Rovern installiert sind, konnten die dort vorhandenen spärlichen Mikroben oder ihre Relikte nicht detektieren. Selbst organisches Material wurde nur in Teilen identifiziert. Dies unterstreiche die Bedeutung einer Probenrückholung zur Erde, so das Team in „Nature Communications“.

Gab es auf unseren Nachbarplaneten Mars einst Leben? Haben vielleicht sogar einige marsianische Mikroben bis heute überdauert? Weil der Mars in seiner Anfangszeit lebensfreundlich war, läge es nahe, dass vor Milliarden Jahren auch auf ihm erste einfache Lebensformen entstanden sind. Raumsonden und Rover haben zwar schon verschiedene organische Moleküle im Marsuntergrund nachgewiesen, ob diese aber biologischen Ursprungs sein könnten, ist stark umstritten. Klare Spuren früheren oder heutigen mikrobiellen Lebens fehlen dagegen komplett.

Red Stone
Wie im Jezero-Krater auf dem Mars ist auch Red-Stone-Tal in der Atacama ein seit Millionen Jahren ausgetrocknetes Flusstal. © Armando Azua-Bustos

Ein Mars-Analog in der Atacamawüste

Abe warum? War der Mars schon immer ein steriler, unbelebter Planet – oder finden wir die spärlichen Spuren seiner früheren Lebenswelt vielleicht nur nicht? Dieser Frage sind nun Forschende um Armando Azua-Bustos vom Astrobiologischen Zentrum in Madrid in einer der unwirtlichsten Gegenden unserer Erde nachgegangen: der Atacamawüste. Sie gilt schon länger als eine Region, die dem Mars in puncto Geologie und Klima sehr nahe kommt.

Ein besonders gutes Marsanalog ist „Red Stone“, ein ausgetrocknetes Flussdelta südlich der chilenischen Stadt Antofagasta. Dieses auf dem Hochplateau der Atacama gelegene Tal entstand vor 160 bis 100 Millionen Jahren unter ähnlichen Bedingungen wie der marsianische Jezero-Krater, in dem zurzeit der NASA-Rover Perseverance unterwegs ist. Ähnlich wie dort gibt es in Red Stone mächtige Sandsteinformationen, die auch Schichten von einst in Gegenwart von Wasser gebildeten Tonmineralen, Gips und Salzen enthalten. Und ähnlich wie auf dem Mars regnet es in Red Stone nie. Die einzige Feuchtigkeit stammt aus der sich ab und zu nachts niederschlagenden Luftfeuchtigkeit.

Kaum Lebensspuren

Für ihre Studie haben Azua-Bustos und sein Team nun untersucht, ob und welche mikrobiellen Lebensformen es in Red Stone gibt – und mit welchen Instrumenten sie sich nachweisen lassen. Dafür analysierte das Team zunächst Boden- und Gesteinsproben mit den sensitivsten verfügbaren Labormethoden, darunter Spektrometrie, fluoreszenzgestützte Bildgebungsverfahren und DNA-Analysen. Dies sollte klären, welche organischen Substanzen und Mikroben in dieser lebensfeindlichen Umgebung existieren.

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Die Analysen ergaben: Boden und Sedimente in Red Stone enthalten nur minimale Anteile organischen Materials. Selbst mit hochsensiblen Nachweismethoden wie Gaschromatografie-Massenspektrometrie konnten Azua-Bustos und seine Kollegen nur wenige für belebte Substrate typische Moleküle wie Lipide oder Fettsäuren nachweisen. Ähnlich spärlich waren die Hinweise auf mikrobielles Leben: „Die Red-Stone-Proben enthielten nicht mehr als ein Mikrogramm DNA pro Gramm Probenmaterial“, berichtet das Team. „Selbst mit modernster und bester Ausrüstung lassen sich diese Biosignaturen nur schwer nachweisen.“

Dieses Erbmaterial  ließ sich zum größten Teil keiner bekannten Mikrobensignatur zuordnen. Die Wissenschaftler können nicht einmal sagen, ob diese Biosignaturen von noch lebenden, bisher unbekannten Arten stammen oder ob es sich um genetische Fossilien handelt – DNA-Relikte längst ausgestorbener Mikroben. Diese könnten zuletzt vor Millionen Jahren im Red-Stone-Tal gelebt haben, als das Klima noch feuchter war und das Tal von einem Fluss durchströmt wurde.

SAM
SAM-Instrumentensuite des Mars-Rovers Curiosity. © NASA/JPL-Caltech

Instrumente der Mars-Rover im Test

Was bedeutet dies für den Mars? Um das herauszufinden, haben Azua-Bustos und sein Team ihre Proben als nächstes mit den Instrumenten untersucht, mit denen aktuelle und künftige Landesonden und Rover auf dem Mars ausgerüstet sind. Dazu gehören Massenspektrometer, Gaschromatografen und Laserspektrometer, wie sie beispielsweise in der SAM-Suite des Mars-Rovers Curiosity enthalten sind, außerdem ein Raman-Laserspektrometer, wie es für die kommende Exomars-Mission der ESA geplant ist.

Hätten die Mars-Rover damit überhaupt eine Chance, so spärliche Lebensspuren zu finden? Die Tests enthüllten, dass dies eher nicht der Fall wäre: Mit den Instrumenten der SAM-Suite ließen sich die organischen Bestandteile der Red-Stone-Proben entweder gar nicht nachweisen oder lagen nahe der Nachweisgrenze. Das für Exomars gedachte Analysenpaket wurde ebenfalls zunächst gar nicht fündig. Erst nach Behandlung der Proben mit einem starken Lösungsmittel – ein Analyseschritt, den die Roverinstrumente im Einzelfall durchführen können – wiesen sie zumindest einige potenziell biogene organische Moleküle nach.

„Schwer, wenn nicht sogar unmöglich“

Nach Ansicht von Azua-Bustos und seinen Kollegen legen diese Ergebnisse nahe, dass die Existenz von mikrobiellem Leben oder fossilen Lebensspuren auf dem Mars mit bisherigen Methoden vermutlich schlicht nicht nachweisbar wäre. „Ähnlich spärliche Spuren organischen Materials wie in Red Stone wären in marsianischem Sediment nur schwer, wenn nicht sogar unmöglich zu detektieren“, konstatieren sie.

Ähnlich sieht es die nicht an der Studie beteiligte NASA-Forscherin Carol Stoker vom Ames Research Center: „Wenn diese Instrumente nicht einmal Biosignaturen in irdischen Proben finden, die früheres und heutiges Leben enthalten, dann sollten wir nicht erwarten, dass sie Leben aus der Frühgeschichte des Mars nachweisen können“, schreibt sie in einem begleitenden Kommentar. Umso wichtiger sei es, Instrumente für kommende Marsmissionen noch gezielter an solchen Mars-Analoga wie Red Stone zu testen.

Azua-Bustos und sein Team betonen zudem, dass die Rückholung von Marsproben zur Erde und ihre gründlichere Analyse im Labor der bessere Weg sein könnte, um marsianisches Leben zu finden. Zu diesem Zweck hat der Mars-Rover Perseverance gerade ein erstes Depot von Probenröhrchen angelegt, die er im Jezero-Krater gesammelt hat. Sie sollen bei einer kommenden Marsmission abgeholt und zur Erde zurückgebracht werden. (Nature Communications, 2023; doi: 10.1038/s41467-023-36172-1)

Quelle: Nature Communications

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