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Astronomie

Ist die Erde eine Frühgeburt?

Die meisten erdähnlichen Planeten sind noch gar nicht entstanden

Erdähnliche Planeten in der Zukunft des Universums: Die meisten von ihnen sind noch nicht einmal entstanden. © NASA, ESA, G. Bacon (STScI)

Sind wir zu früh dran? Über neunzig Prozent aller jemals existierenden erdähnlichen Planeten sind noch gar nicht entstanden, meinen Astronomen. Diese Berechnung leiten die Forscher aus Daten der Weltraumteleskope Hubble und Kepler ab. Doch unser – nach kosmischen Maßstäben – frühes Auftreten in der Geschichte des Universums hat einen großen Vorteil. Denn in ferner Zukunft wird es unmöglich sein, die Entstehung des Universums zu erforschen.

Dass unsere Erde nicht so einzigartig ist, wie wir lange geglaubt haben, wird immer wahrscheinlicher: Die Entdeckungen von erdähnlichen Planeten außerhalb unseres Sonnensystems häufen sich. Besonders das Kepler-Weltraumteleskop hat sich als extrem erfolgreicher Planetenjäger erwiesen. Teilweise konnten Astronomen sogar den Frühstadien der Planetenentstehung zuschauen.

Die meisten Planeten sind noch ungeboren

Doch einer theoretischen Berechnung zufolge sind die Erde und all ihre bislang gefundenen Cousins und Zwillinge geradezu Frühgeburten im Universum: Peter Behroozi vom Space Telescope Science Institute (STScI) in Baltimore und seine Kollegen meinen, dass in der bisherigen Geschichte des Universums gerademal acht Prozent aller potenziell lebensfreundlichen Planeten entstanden sind. Die übrigen 92 Prozent müssen erst noch geboren werden.

Zu diesem Schluss kommen die Astronomen anhand von zwei der wichtigsten Teleskope unserer Zeit: der Weltraum-Observatorien Hubble und Kepler. Der Blick des Hubble-Teleskops reicht weit zurück in die Frühzeit des Universums. Mit seinen Bildern haben Wissenschaftler geradezu ein Familienalbum der Galaxien-Geschichte erhalten. Auch die Entstehung von Sternen im Verlauf der Entwicklung einer Galaxie ist dadurch nachvollziehbar.

Noch reichlich Zeit für neue Sterne und Planeten

Vor rund 10 Milliarden Jahren brachten die Galaxien demnach neue Sterne mit einer sehr hohen Rate hervor, allerdings war nur ein relativ geringer Anteil des verfügbaren Wasserstoffs und Heliums beteiligt. In unserer Zeit geschehen Sternengeburten mit einer deutlich langsameren Rate. Es ist jedoch noch genug Material vorhanden, dass dieser Prozess noch eine sehr lange Zeit anhalten kann: Der letzte Stern brennt den Berechnungen zufolge erst in 100 Billionen Jahren aus.

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Das ist reichlich Zeit, dass noch viele erdähnliche Planeten um diese neuen Sterne entstehen können. Und die Kepler-Daten zeigen, dass solche Planeten zumindest in unserer Heimatgalaxie nahezu alltäglich sind: Rund eine Milliarde erdgroße Planeten gibt es demnach in der Milchstraße, ein guter Teil davon sind Gesteinsplaneten. Weitet man diese Zahl auf die 100 Milliarden Galaxien im Universum aus, schießt sie in unvorstellbare Höhen.

In Zukunft kein Hinweis mehr auf den Urknall

Zukünftige Erden werden allerdings wahrscheinlich in einer anderen Umgebung geboren werden, meinen die Astronomen: Sie werden eher in riesigen Galaxienhaufen entstehen. Aber auch Zwerggalaxien, die noch nicht all ihren Brennstoff für neue Sterne verbraucht haben, enthalten noch Material für neue Sternensysteme und darin enthaltene Planeten. Unsere Milchstraße hat im Gegensatz dazu bereits viel mehr ihres Gasvorrats verbraucht.

Dass unsere Zivilisation nach diesen Maßstäben so früh entstanden ist, hat den Forschern zufolge einen großen Vorteil: Sie erlaubt uns annähernd, unsere kosmische Herkunft durch die Frühgeschichte der Galaxien mit Teleskopen wie Hubble und dem geplanten James Webb Weltraumteleskop annähernd bis zum Urknall nachzuvollziehen. In etwa einer Billion Jahren werden die Hinweise auf den Urknall, die sich aus Licht und anderer elektromagnetischer Strahlung ableiten lassen, durch die Ausdehnung des Universums verschwunden sein. Später entstehende Zivilisationen werden keinerlei Anhaltspunkte mehr haben, wie das Universum entstand. (Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, 2015; doi: 10.1093/mnras/stv1817)

(Space Telescope Science Institute (STScI), 21.10.2015 – AKR)

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