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Astronomie

Halos von Milchstraße und Andromeda berühren sich

Plasmahülle der Andromedagalaxie ist ausgedehnter als bislang gedacht

Andromeda-Halo
Wenn der Halo der Andromedagalaxie sichtbar wäre, würde er am Nachthimmel dreimal mehr Raum einnehmen als das Sternbild Großer Wagen.© NASA, ESA, J. DePasquale, E. Wheatley (STScI) and Z. Levay

Überraschend groß: Unsere Nachbargalaxie Andromeda ist von einer weit ausgedehnteren Plasmahülle umgeben als gedacht. Ihr Halo reicht rund 1,3 Millionen Lichtjahre ins All hinaus – und überlappt sich damit wahrscheinlich mit dem Halo unserer Milchstraße. Könnte man den Andromeda-Halo sehen, erschiene er am Himmel dreimal größer als der Große Wagen. Zudem ist er komplexer strukturiert als angenommen.

Die Andromedagalaxie M31 ist eine kosmische „Schwester“ unserer Milchstraße: Sie hat eine ähnliche Masse, ist ebenfalls eine Spiralgalaxie und hat eine ähnlich bewegte Geschichte von Kollisionen und Verschmelzungen hinter sich. Zudem liegt sie nur rund 2,5 Millionen Lichtjahre von unserer Galaxie entfernt. Am Nachthimmel ist die Andromedagalaxie daher schon mit bloßem Auge als schwacher, verwaschener Lichtfleck zu erkennen.

Andromeda-Halo und Quasare
Halo der Andromedagalaxie und Lage der 43 für die Studie genutzten fernen Quasare © NASA, ESA, and E. Wheatley (STScI)

Schlüssel zu Zukunft und Vergangenheit einer Galaxie

Doch was man nicht sieht, ist der Halo der Andromedagalaxie – die diffuse Hülle aus Gas, Plasma und Dunkler Materie, die die Sternenscheiben aller Galaxien umgibt. Wie groß dieser Halo ist und wie er strukturiert ist, haben nun Astronomen um Nicolas Lehner von der University of Notre Dame in Indiana näher untersucht. Dafür analysierten sie mithilfe des Hubble-Weltraumteleskops das UV-Spektrum von 43 fernen Quasaren, deren Licht durch den Halo unserer Nachbargalaxie scheint.

„Die riesigen Halos um Galaxien zu verstehen, ist enorm wichtig“, erklärt Koautorin Samantha Berek von der Yale University. „Denn diese Reservoire enthalten den Rohstoff für künftige Sternbildung in der Galaxie, aber auch die Ausströme von vergangenen Ereignissen wie Supernovae. Der Halo ist daher voller Informationen über die Vergangenheit und Zukunft einer Galaxie.“ Zudem verrät die Ausdehnung des Halo einiges über die gravitative Einflusssphäre einer Galaxie.

Überlappung mit der Milchstraße

Das überraschende Ergebnis der Beobachtungen: Der Halo der Andromedagalaxie ist größer als bislang angenommen. Die Forscher fanden spektrale Signaturen von ionisiertem Silizium, Sauerstoff und Kohlenstoff, die rund 1,3 Millionen Lichtjahren weit ins All hinaus reichen – fast das Zehnfache des Durchmessers ihrer Sternenscheibe. An einigen Stellen könnte der Andromeda-Halo sogar bis zu zwei Millionen Lichtjahre weit hinausreichen.

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Das bedeutet: Wäre ihr Halo sichtbar, würde die Andromedagalaxie am Nachthimmel dreimal so groß erscheinen wie das Sternbild des Großen Wagens. Sie wäre damit eine der größten Strukturen an unserem Himmel. Zudem legen die Messungen nahe, dass der Halo der Andromedagalaxie und der Halo unserer Milchstraße sich bereits überlappen. Schon lange bevor beide Galaxien in rund vier Milliarden Jahren miteinander kollidieren, stehen ihre Ausläufer demnach schon in direktem Kontakt.

Komplex strukturiert

Die Astronomen schätzen, dass der Halo unserer Nachbargalaxie rund 40 Milliarden Sonnenmassen an ionisiertem Gas enthalten könnte. Dieses Gas ist jedoch nicht gleichmäßig im Halo verteilt, sondern zeigt eine komplexe Struktur aus zwei ineinander liegenden Schalen. In der inneren, rund eine halbe Million Lichtjahre weit hinausreichenden Hülle ist das Gas weniger stark ionisiert und stärker mit schwereren Elementen angereichert.

„Dies geht wahrscheinlich auf die Supernova-Aktivität in der galaktischen Scheibe zurück, die den inneren Halo direkt beeinflussen“, erklärt Lehner. Die bei den Sternexplosionen ausgeschleuderten Elemente werden bis in den inneren Halo geschleudert und prägen daher dessen Strömungen und Zusammensetzung. Der äußere Teil des Halo bewegt sich dagegen einheitlicher, ist ärmer an schweren Elementen, heißer und stärker ionisiert.

Milchstraße mit ähnlichem Halo?

Spannend sind diese neuen Erkenntnisse nicht nur, weil sie eine unserer Nachbargalaxien betreffen. Sie erlauben auch Rückschlüsse auf den Halo unserer eigenen Galaxie. „Basierend auf unseren Ergebnissen ist es wahrscheinlich, dass die Milchstraße nicht nur eine ausgedehnte Hülle aus heißem Gas besitzt, sondern auch ein zirkumgalaktisches Medium aus warmem und kaltem Gas, das ähnlich weit hinausreicht wie bei Andromeda“, so die Forscher.

Weil wir von unserer Position innerhalb der Milchstraße ihre Außenbereiche nur unvollständig beobachten können, sind die Zusammensetzung und Ausdehnung des Halo unserer Heimatgalaxie bislang nur in Teilen erforscht. Erst kürzlich enthüllten Beobachtungsdaten des Röntgenteleskops XMM, dass der Milchstraßen-Halo heißer und eisenärmer ist als gedacht. (Astrophysical Journal, 2020; doi: 10.3847/1538-4357/aba49c)

Quelle: Space Telescope Science Institute

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